Entscheidungsstichwort (Thema)
Drittanfechtung einer Zweigpraxisgenehmigung
Orientierungssatz
1. Nach der Entscheidung des BSG vom 28. 10. 2009 ist ein Dritter grundsätzlich nicht berechtigt, die Erteilung der Genehmigung für eine Zweigpraxis anzufechten. Diese Regelung gilt bei der Versorgung chronisch nierenkranker Patienten nicht uneingeschränkt, vgl. BSG, Urteil vom 28. Oktober 2009 - B 6 KA 42/08 R.
2. Liegt eine zur Durchführung der Hämodialyse projektierte Zweigpraxis in der Versorgungsregion einer anderen Praxis, so darf sie aus Sicherstellungsgründen nur nach einvernehmlicher Feststellung mit den Krankenkassenverbänden genehmigt werden.
3. Das Einvernehmen erfordert eine vollständige und inhaltlich zutreffende Informierung über das Sachproblem. Bei einer unvollständigen Sachverhaltsermittlung kann der zuständige Krankenkassenverband keine sachgerechten Erwägungen über die Dialyseversorgung im betroffenen Umkreis anstellen. Liegt aus diesem Grund eine verfahrensfehlerfrei zustande gekommene einvernehmliche Feststellung nicht vor, so ist der ergangene Genehmigungsbescheid rechtswidrig und deshalb aufzuheben, vgl. BSG, Urteil vom 24. August 1994 - 6 RKa 15/93.
Nachgehend
Tenor
Unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 25.08.2009 wird die Beklagte verurteilt, über den Widerspruch des Klägers gegen den der Beigeladenen erteilten Bescheid vom 10.11.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beteiligten tragen die Gerichtskosten jeweils zu einem Drittel. Die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten werden gegeneinander aufgehoben.
Tatbestand
Streitig ist die Drittanfechtung einer Zweigpraxisgenehmigung.
Die Beigeladene ist eine zur vertragsärztlichen Versorgung in T1 zugelassene Berufsausübungsgemeinschaft von Fachärzten für Innere Medizin, zum Teil mit Schwerpunktbezeichnung Nephrologie (www.dialysezentrum-t.de). Unter dem 02.08.2008 stellten ihre Mitglieder einen Antrag auf Errichtung einer fachärztlich nephrologischen Zweigpraxis mit Dialyse im T2-G-Krankenhaus F zur Verbesserung der wohnortnahen Versorgung in den ländlichen Gebieten des rechtsrheinischen Rhein-Sieg-Kreises (Eitorf/Windeck/Ruppichteroth). In den vorhandenen Betriebsstätten in T betreue die Praxis jetzt schon 24 Dialyse-Patienten aus diesen Gemeinden.
Die Beklagte holte daraufhin eine Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Rheinland-Pfalz ein, welche die Dialyseeinrichtungen ihres nördlichen Bereiches und deren Versorgungsregionen sowie die Auslastung der Praxen mitteilte. Darunter befindet sich eine Hauptpraxis C mit Zweigpraxis B (2 Nephrologen), APS 119. In dieser Praxis würden vereinzelt auch Patienten aus Windeck, Neunkirchen, Waldbröl, Morsbach und Siegen behandelt.
Sodann wandte sich die Beklagte an die Landesverbände der Krankenkassen. Die KV Rheinland-Pfalz habe mitgeteilt, dass sich insbesondere in C eine Dialyse-Praxis mit einer Zweigpraxis in B befinde. Diese Dialyse-Praxis sei jedoch schon zu 100 % ausgelastet, so dass von dort aus keine weiteren Dialyse-Patienten aus den Gemeinden Eitorf, Windeck und Ruppichteroth versorgt werden könnten. Vor diesem Hintergrund würde die Beklagte den Antrag zur Sicherstellung der wohnortnahen Dialyse-Versorgung befürworten. Um Stellungnahme bis zum 07.11.2008 werde gebeten. Sollte bis dahin keine Stellungnahme vorliegen, setze die Beklagte das Einverständnis zu dem vorliegenden Antrag voraus.
Die Landwirtschaftliche Krankenkasse Nordrhein-Westfalen und der Landesverband der Betriebskrankenkassen Nordrhein-Westfalen befürworteten daraufhin ausdrücklich den Antrag.
Mit Bescheid vom 10.11.2008 erteilte die Beklagte der Beigeladenen ohne nähere Begründung die Genehmigung einer Zweigpraxis in Eitorf, I1str. 0.
Gegen diesen Genehmigungsbescheid legte der Kläger Widerspruch ein. Dieser ist Facharzt für Innere Medizin und in I2 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen (www.praxis-I3.de). Er beschäftige seit November 2007 zwei Kolleginnen in seiner Praxis, welche auch die Genehmigung zur Durchführung von Blutreinigungsverfahren besäßen. Eine wohnortnahe Versorgung sei auch durch seine freien Kapazitäten gewährleistet. Er dialysiere zurzeit mehr als 30 Kassenpatienten; seine freien Kapazitäten lägen nach den gültigen Richtlinien bei über 60 Patienten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.08.2009, bei dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers eingegangen am 15.09.2009, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Es fehle bereits an seiner Anfechtungsbefugnis.
Hiergegen richtet sich die am 08.10.2009 erhobene Klage.
Der Kläger hält sich für anfechtungsberechtigt. Die Bestimmungen der Qualitätssicherungsvereinbarung für Blutreinigungsverfahren sowie der Anlage 9.1 BMV-Ä/EKV gewährten den Dialyseärzten, denen eine Versorgungsregion zugewiesen sei, grundsätzlich Konkurrenzschutz. Dieser Schutz ergebe sich aus der vom Normgeber für Dialysepraxen geforderten Sic...