Orientierungssatz

Parallelentscheidung zum Urteil des SG Düsseldorf vom 4.4.2011 - S 52 R 1916/10, das vollständig dokumentiert ist.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 10.12.2013; Aktenzeichen B 13 R 63/11 R)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob dem Kläger die von der Beklagten bereits gewährte Regelaltersrente unter Anerkennung von sog. Ghetto-Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) bereits rückwirkend ab 1. Juli 1997 zu zahlen ist oder erst ab 1. Januar 2005.

Der am 00. Juni 1918 geborene Kläger ist jüdischen Glaubens und gemäß § 1 Abs. 1 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) als Opfer nationalsozialistischer Verfolgung anerkannt. Er lebt in Israel und besitzt die israelische Staatsangehörigkeit.

Am 27. Februar 2003 beantragte der Kläger unter Hinweis auf das ZRBG die Zahlung einer Regelaltersrente rückwirkend ab dem 1. Juli 1997 für seine Tätigkeiten im Ghetto Krasnik in der Zeit von Juli 1940 bis November 1942.

Mit Bescheid vom 16. Juni 2003 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass der Kläger nach ihrer Auffassung im Ghetto Krasnik Zwangsarbeit geleistet habe, die nicht vom ZRBG erfasst werde, und zudem auch keine Entlohnung im Sinne des ZRBG für diese Tätigkeit erhalten habe. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 18. Juni 2003 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 18. Dezember 2003 zurückgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Klage S 53 (15) RJ 8/04 wurde mit Urteil vom 9. Dezember 2005 abgewiesen. Das Urteil wurde rechtskräftig.

Nachdem das Bundessozialgericht (BSG) am 2. und 3. Juni 2009 neuere Entscheidungen zum ZRBG getroffen hatte, stellte der Kläger mit anwaltlichem Schriftsatz vom 18. Juni 2009 einen Antrag bei der Beklagten auf Zahlung einer Regelaltersrente ab Juli 1997.

Mit Rentenbescheid vom 8. April 2010 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine monatliche Regelaltersrente in Höhe von 543,08 EUR. Den Rentenbeginn setzte die Beklagte auf den 1. Januar 2005 fest. Für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2010 bezifferte die Beklagte die Nachzahlung mit 36.426,55 EUR.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 15. April 2010 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er im Wesentlichen angab, dass sich der Widerspruch gegen den Rentenbeginn am 1. Januar 2005 richte. § 3 ZRBG sei lex specialis zu § 44 SGB X, so dass er bereits einen Rentenanspruch ab 1. Juli 1997 habe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass § 44 Abs. 4 SGB X nur eine rückwirkende Zahlung von vier Jahren vorsehe. Die Vorschrift sei auch verfassungsgemäß. Dies sei auch mehrfach durch das BSG so bestätigt worden. Auch der sozialrechtliche Herstellungsanspruch verjähre innerhalb von vier Jahren. Dem ZRBG-Gesetzgeber sei die Vorschrift des § 44 SGB X bekanntgewesen; er habe dennoch den Abs. 4 im Rahmen des Erlasses des ZRBG nicht abbedungen, was ihm möglich gewesen sei. Im Übrigen sei der Rentenbeginn verschoben worden, so dass ein erhöhter Zugangsfaktor berücksichtigt worden sei.

Der Kläger hat am 28. Juni 2010 Klage erhoben. Zur Begründung der Klage wiederholt und vertieft er sein Vorbringen im Verwaltungsverfahren. Ergänzend trägt er vor: Bereits nach Vorlage des Beschlusses des 4. Senats des Bundessozialgerichts vom 21. Dezember 2007 sei klar gewesen, dass die bisherige Rechtsauffassung der Beklagten als falsch anzusehen gewesen sei, so dass schon ab diesem Zeitpunkt es erforderlich und möglich gewesen wäre, die gesamten bekannten Fälle wieder zu eröffnen und neu zu bescheiden. Unter Beachtung dieser Tatsache wäre auf jeden Fall schon vor dem 1. Januar 2005 eine Rente zu gewähren gewesen. Auch Sinn und Zweck des ZRBG würden für eine Rentenzahlung ab 1. Juli 1997 sprechen. Der Rückgriff auf § 44 Abs. 4 SGB X sei eine unangemessene Benachteiligung der alten Menschen. Es solle eine umfassende Wiedergutmachung für erlittenes Unrecht erfolgen. Im Übrigen werde auf die Entscheidung des BSG zu § 306 Abs. 1 SGB VI - B 13 RJ 34/04 - verwiesen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Rentenbescheides vom 8. April 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juni 2010 zu verurteilen, ihm rückwirkend ab dem 1. Juli 1997 bis 31. Dezember 2004 eine Regelaltersrente unter Berücksichtigung der bereits anerkannten Beitragszeiten für die Tätigkeit im Ghetto Krasnik nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren sowie die Nachzahlung zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres klageabweisenden Antrages nimmt die Beklagte unter Vertiefung ihres Vorbringens auf die angefochtenen Bescheide Bezug. Die Beklagte hat weitere ergänzende Ausführungen mit Schriftsätzen vom 16. August 2010 und 18. Oktober 2010...

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