Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Versicherter. kein Anspruch auf Befreiung von der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte
Orientierungssatz
Ein Versicherter der gesetzlichen Krankenversicherung kann nicht beanspruchen, von der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte befreit zu werden. Eine derartige Befreiung ergibt sich weder aus einfachem Gesetz noch aus Verfassungsrecht.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Kläger von der Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) befreit werden kann.
Im März 2009 übersandte die Beklagte dem Kläger ein Schreiben mit der Überschrift Lichtbildanforderung. Der 1980 geborene Kläger wurde aufgefordert, seine persönlichen Daten Vor- und Nachname, Adresse, Geburtsdatum, Versichertennummer und Kassennummer zu überprüfen und die Richtigkeit dieser Angaben mit seiner Unterschrift zu bestätigen und ein Lichtbild aufzukleben für die eGK.
Unter dem Punkt Datenschutz teilte die Beklagte zudem mit:
"Wir benötigen Ihre persönlichen Daten sowie ihr Lichtbild, um Ihnen Ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK) ausstellen zu können. Zur Ausstellung Ihrer elektronischen Gesundheitskarte (eGK) ist es erforderlich, dass wir ein digitales Bild von Ihnen speichern, das auf die Karte gedruckt wird. Bitte beachten Sie, dass wir Ihnen bei fehlenden Angaben (Unterschrift und/oder Lichtbild) unter Umständen keine elektronische Gesundheitskarte ausstellen können. Wir weisen Sie vorsorglich darauf hin, dass dies für Sie zu Nachteilen bezüglich der Leistungsinanspruchnahme führen kann."
Daraufhin teilte der Kläger mit, dass er keinen Wert auf die "neue" Gesundheitskarte lege, da diese nicht wirklich technisch neu, sondern bereits überholt sei. Im Übrigen stehe er dem hinter der eGK stehenden zentralen Datenverwaltungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung kritisch gegenüber. Er befürchte, dass die Gefahr bestehe mit der Einführung der eGK zum gläsernen Patienten zu werden.
Der Kläger forderte die Beklagte auf, das unzumutbare Projekt eGK zu beenden und ihm rechtsverbindlich zuzusichern, dass er weiterhin seine bisherige Krankenversichertenkarte nutzen könne und bat darum, wegen der eGK nicht mehr belästigt zu werden. In diesem Zusammenhang wies der Kläger darauf hin, dass er sich als Zwangsversicherten ansehe, der nicht bereit sei, seine intimen Daten, die im Zusammenhang mit Sachleistungen bekannt würden, für die eGK preiszugeben.
Sodann antwortete die Beklagte dem Kläger sinngemäß wie folgt:
Der Gesetzgeber habe den Krankenkassen aufgegeben, die eGK einzuführen. Hierzu sei die gematik (eine Betriebsorganisation, die von den Spitzenorganisationen des deutschen Gesundheitswesens im Januar 2005 gegründet wurde) geschaffen worden. Die gematik entwickle die übergreifenden IT-Standards für den Aufbau und den Betrieb der gemeinsamen Kommunikations-Infrastruktur aller Beteiligten im Gesundheitswesen. Diese Infrastruktur gewährleiste einen einfachen, sicheren und zielgerichteten Austausch von Daten zwischen Versicherten, Ärzten, Apothekern und Krankenkassen: Der Schlüssel für den Austausch sei die eGK.
Die gesetzliche Vorschrift § 291 a des Fünften Buches des Sozialgesetzbuch - SGB V - unterscheide auf der einen Seite zwischen den administrativen Versichertendaten wie Name, Adresse und Versichertenstatus, dem elektronischen Rezept und der European health Insurance card (EHIC, europäischen Krankenversicherungskarte) und auf der anderen Seite den freiwilligen Daten.
Freiwillige Daten seien Notfalldaten, Arzneimitteldokumentation, elektronische Patientenakte, elektronischer Arztbrief, Patientenquittung sowie eine eigene Dokumentation des Versicherten.
Aus datenschutzrechtlicher Sicht entscheidend sei, dass der Versicherte selbst über die Informationen bestimme, die ihn betreffen.
Die eGK werde in Deutschland schrittweise eingeführt.
Sollte der Kläger ein Lichtbild nicht zur Verfügung stellen, werde die Beklagte ihm gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt eine eGK ohne Foto ausstellen. Dann müsse der Kläger damit rechnen, dass er sich bei Vorlage der Karte mit seinem Personalausweis ausweisen müsse, damit der Arzt seine Identität überprüfen könne.
Daraufhin wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte und teilte mit, dass die eGK lediglich 64 Gigabyte Speicherplatz habe. Dieser Speicherplatz sei für die Pflichtangaben und die freiwilligen Daten nicht ausreichend, so dass eine unsichere Datenspeicherung außerhalb der eGK notwendig sei.
Seiner Ansicht nach spreche auch nichts dagegen, ein Bild für die eGK abzugeben. Es sei allerdings nur schwer nachvollziehbar, warum dies angesichts der massiven Missbrauchsgefahr bei bildlosen Karten nicht schon 1994 mit der Einführung der derzeitigen Krankenversicherungskarte erfolgt sei.
Der Kläger stellte sodann den Antrag auf Befreiung von der Einführung der eGK.
Mit Bescheid vom 19.6.2009 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung von der E...