Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB 2 bei Anspruchsberechtigung nach BAföG
Orientierungssatz
1. Macht der Antragsteller hinreichend glaubhaft, dass er für einen bestimmten Zeitraum Anspruch auf Grundsicherungsleistungen hat, so ist der entsprechend ergangene Aufhebungsbescheid offenbar rechtswidrig, mit der Folge, dass durch einstweiligen Rechtsschutz die aufschiebende Wirkung des gegen den Aufhebungsbescheid erhobenen Widerspruchs anzuordnen ist, wenn kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Vollziehung des Bescheides besteht.
2. Der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB 2 gilt nicht, wenn sich der Bedarf des Auszubildenden nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG bemisst. Entscheidend ist allein, ob bei Anwendung der Vorschriften des BAfög ein Leistungsausschluss nach § 2 Abs. 1a BAföG vorliegt oder sich der niedrige Bedarfssatz des § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG ergibt.
3. Dem Sinn der Vorschrift des § 7 Abs. 6 SGB 2 entspricht es, dass ausnahmsweise Leistungen zur Grundsicherung gewährt werden sollen, wenn die Bedarfssätze den Lebensunterhalt nicht oder nur teilweise einschließen. Wohnt ein Auszubildender nicht bei seinen Eltern und scheidet der erhöhte Bedarfssatz nach § 12 Abs. 2 BAföG aus, so bemisst sich dessen Bedarf nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 BAföG, mit der Folge, dass der Leistungsausschluss des § 7 Abs. 5 SGB 2 nicht greift.
Tenor
1. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers gegen den Aufhebungsbescheid vom 07.09.2006 wird insoweit angeordnet, als dem Antragsteller für die Zeit vom 01.09.2006 bis zum 31.12.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der Kosten für Unterkunft und Heizung in einer Gesamthöhe von 591,84 EUR zu zahlen sind.
2. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.07.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 37,40 EUR monatlich zu zahlen.
3. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
4. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Jürgen W., bewilligt.
Gründe
I.
Im Streit ist die Gewährung von Grundsicherungsleistungen für die Zeit einer Schulausbildung.
Der am 03.08.1985 geborene Antragsteller besucht seit dem 09.08.2006 eine 2-jährige Berufsfachschule für Sozial- und Gesundheitswesen mit der Fachrichtung Sozialhelfer. Es handelt sich insoweit um eine Berufsfachschulklasse, die in einem zunächst 2-jährigen Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss vermittelt und deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt.
Der Antragsteller wohnte bis zum 06.11.2006 in einer 30 qm großen Wohnung in der H.-Straße 2 in E., wobei die monatliche Grundmiete 200,- EUR und die Nebenkosten 45,- EUR betrugen. Seit dem 06.11.2006 hat er die Wohnung nach eigenen Angaben aufgegeben und übernachtet seitdem bei verschiedenen Bekannten und Freunden. Die Mutter des Antragstellers, Frau Sonja B., wohnt in der K.-Straße 13 in E., während sein Vater in einem Altenpflegeheim lebt. Der Antragsteller erzielte aus einer Nebentätigkeit im November 2006 einen Verdienst in Höhe von 106,53 EUR und im Dezember 2006 einen Verdienst in Höhe von 153,18 EUR. Nach seinen Angaben übt er die Tätigkeit seitdem nicht mehr aus. Darüber hinaus erhält er seit September 2006 Kindergeld in Höhe von 154,- EUR monatlich.
Mit Bescheid vom 28.12.2006 wurde dem Antragsteller vom Amt für Ausbildungsförderung der Stadt E. rückwirkend ab dem 01.09.2006 bis zum 31.07.2007 Ausbildungsförderung in Höhe von 192,- EUR monatlich bewilligt. Bei der Ermittlung der Höhe der bewilligten Leistung wurde § 12 Abs. 1 Nr. 1 Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAFöG) zugrunde gelegt.
Mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.06.2006 wurde dem Antragsteller für die Zeit vom 01.09. bis zum 31.12.2006 die Regelleistung in Höhe von 345,- EUR und die Aufwendungen für die Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 245,- EUR monatlich unter Anrechnung des Kindergeldes in Höhe von 154,- EUR bewilligt, so dass sich ein Zahlungsanspruch in Höhe von 436,- EUR monatlich ergab. Am 07.09.2006 erging ein Aufhebungsbescheid, mit dem die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II ab dem 01.09.2006 ganz aufgehoben wurde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass aufgrund des Besuches der 2-jährigen Berufsfachschule eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 48 SGB X eingetreten sei. Da diese Ausbildung nach dem BAFöG förderungsfähig sei, seien die Anspruchsvoraussetzungen zum Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach § 7 Abs. 5 SGB II nicht mehr erfüllt.
Mit einem am 06.09.2006 eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, in deren Rahmen er die Gewährung von Grundsicherungsleistungen ab dem 01.09.2006 begehrt. Nach Erlass des Aufhebungsbescheides vom 07.09.2006 hat der Antragsteller mit einem am 12.09.2006 eingegangenen Schriftsatz unter Bezu...