Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Steuerrückerstattung als Einkommen im Sinne von § 11 Absatz 1 SGB 2
Orientierungssatz
1. Eine Steuerrückerstattung ist, soweit sie im Bedarfszeitraum zufließt, Einkommen i.S.v. § 11 SGB 2, welches die Hilfebedürftigkeit mindert.
2. Dies gilt auch dann, wenn die Steuerrückerstattung zur Schuldentilgung verwendet wird.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anrechnung einer Steuerrückerstattung als Einkommen auf den Bedarf des Klägers zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Die Kläger beziehen laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II.
Im April 2009 erhielt der Kläger zu 1) eine Einkommensteuererstattung in Höhe von 8875,20 EUR.
Mit Bescheid vom 24.08.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20.01.2010 bewilligte die Beklagte den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum September 2009 bis Februar 2010. Hierbei wurde beim Kläger zu 1) ein Einkommen in Höhe von 739,60 EUR berücksichtigt und auf die Bedarfsgemeinschaft aufgeteilt. Die Beklagte teilte hierbei die Einkommensteuererstattung auf 12 Monate auf. Von dem Betrag in Höhe von 739,60 EUR zog die Beklagte noch einen Betrag in Höhe von 30,00 EUR als Versicherungspauschale gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V ab und errechnete so ein monatlich anrechenbares Einkommen in Höhe von 709,60 EUR.
Gegen diese Entscheidung erhoben die Kläger am 14.09.2009 Widerspruch mit der Begründung, dass der Kl. zu 1) der Beklagten unmittelbar nach Erhalt der Einkommensteuererstattung dies mitgeteilt habe. Außerdem sei das Geld zur Tilgung eines Darlehens verwandt worden und stehe daher nicht mehr zur Verfügung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 05.11.2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Rückerstattung sei auf 12 Monate verteilt worden. Auch sei die Versicherungspauschale monatlich in Abzug gebracht worden. Etwaige Schulden könnten indes nicht berücksichtigt werden.
Daraufhin erhoben die Kläger am 02.12.2009 Klage beim Sozialgericht Duisburg mit der Begründung, die Anrechnung der Einkommenssteuererstattung sei nicht rechtmäßig, da das Geld vollumfänglich zur Tilgung von Schulden verwendet worden sei und es daher der Bedarfsgemeinschaft zu keinem Zeitpunkt zur Verfügung gestanden habe.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 24.08.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20.01.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2009 abzuändern und den Klägern für den Zeitraum September 2009 bis Februar 2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe ohne Anrechnung der Steuerrückerstattung vom 21.04.2009 als Einkommen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, dass bei der Anrechnung von Einkommen Schulden nicht zu berücksichtigen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Leistungsakten der Beklagten Bezug genommen, deren jeweiliger wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist im wesentlichen unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 24.08.2009 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 20.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.11.2009 ist nicht rechtswidrig. Die Kläger sind nicht gemäß § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert.
Für den Zeitraum September 2009 bis Februar 2010 ergibt sich aus der Einkommenssteuererstattung für die Kläger ein monatliches, anrechenbares Einkommen in Höhe von 709,60 EUR.
Nach § 11 Abs. 1 SGB II sind Einkommen grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Ausgenommen sind kraft Gesetzes jedoch die in § 11 Abs. 1 SGB II sowie in § 11 Abs. 3 SGB II und § 1 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) genannten Leistungen und Zuflüsse. Demgegenüber sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Da das Gesetz eine weitergehende Definition der Begriffe Einkommen und Vermögen nicht enthält, erfolgt die Abgrenzung nach der bereits zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) entwickelten sog. Zuflusstheorie (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.03.2006, Az.: L 20 B 72/06 AS; Mecke, Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 11 Rdnr. 21 m.w.N.; zum BSHG: BVerwG, Urteil vom 18.02.1999, Az.: 5 C 35/97; Urteil vom 19.02.2001, Az.: 5 C 4/00). Danach ist Einkommen alles, was dem Leistungsberechtigten während eines Bedarfszeitraums zufließt. Demgegenüber ist als Vermögen im Sinne eines Bestandes von Sachen und Rechten alles anzusehen, was der Hilfebedürftige bei Beginn des Leistungsbezuges bereits hat oder was er nach Beginn des Leistungsbez...