Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwertbarkeit eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur Beurteilung des Hilfebedarfs in der Pflegeversicherung
Orientierungssatz
1. Für die Bewilligung von Leistungen der Pflegestufe 3 ist ein Hilfebedarf von 240 Minuten in der Grundpflege erforderlich.
2. Hat der vom Gericht beauftragte Sachverständige nach ausführlicher Anamnese den Versicherten eingehend untersucht und die vorliegenden Befunde unter Auswertung der Pflegedokumentation in die Bewertung des Hilfebedarfs bei den Verrichtungen der Grundpflege miteinbezogen, so dient dessen Bewertung uneingeschränkt als Grundlage einer richterlichen Beurteilung des Grundpflegebedarfs.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung von Leistungen nach der Pflegeklasse III ab dem 01.01.2005 für die Versicherte D. Sch..
Die am 24.03.1922 geborene Versicherte ist bei der Beklagten gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versichert. Sie leidet im wesentlichen an einer fortgeschrittenen Demenz vom Alzheimertyp mit erheblichen kognitiven Einschränkungen bei Desorientierung, Zeitgitterstörungen, einer Einengung des Denkens, dem Verkennen von Situationen und episodischer Unruhe sowie einem degenerativen Wirbelsäulenleiden mit chronischen Schmerzen in der Lenden-Kreuzbeinregion, einer Cox- und Gonarthrose beidseits sowie einer chronischen Herzleistungsschwäche bei koronarer Herzkrankheit. Seit dem 19.05.2004 lebt die Versicherte im Marienhaus in Essen und erhielt Leistungen nach der Pflegestufe I bei vollstationärer Pflege.
Am 04.01.2005 stellte die Versicherte einen Höherstufungsantrag. Die Beklagte veranlaßte daraufhin eine Untersuchung und Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK). In seinem Gutachten vom 09.02.2005 stellte der MDK einen Hilfebedarf bei der Grundpflege von 68 Minuten täglich fest, so daß die Beklagte mit Bescheid vom 17.02.2005 den Höherstufungsantrag ablehnte. Hiergegen erhob die Versicherte am 07.03.2005 Widerspruch mit der Begründung, daß der Hilfebedarf der Pflegestufe III entspreche. Die Beklagte veranlaßte daraufhin eine weitere MDK-Begutachtung. In seinem Gutachten vom 28.07.2005 ermittelte der MDK einen Hilfebedarf der Versicherten bei der Grundpflege von 132 Minuten täglich ab Antragstellung, so daß die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2005 Leistungen nach der Pflegestufe II ab dem 01.01.2005 zuerkannte. Die Versicherte begehrte weiterhin Leistungen nach der Pflegstufe III und hielt den Widerspruch aufrecht, so daß die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 den Widerspruch als unbegründet zurückwies. Ein Hilfebedarf entsprechend der Pflegestufe III sei nach den Ermittlungen des MDK nicht gegeben. Der Widerspruchsbescheid vom 17.11.2005 ist bestandskräftig geworden.
Mit Schriftsatz vom 04.09.2006 forderte die Klägerin die Beklagte auf, für die Versorgung der Versicherten ab dem 01.01.2005 Leistungen entsprechend der Pflegeklasse III zu erbringen. Mit Schriftsatz vom 05.09.2006 lehnte die Beklagte dies ab.
Am 08.09.2006 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie ist der Ansicht, daß bei der Versicherten seit dem 01.01.2005 die Voraussetzungen der Pflegestufe III gegeben seien und daher Leistungen entsprechend der Pflegeklasse III von der Beklagten zu erbringen sind.
Mit Beschluss vom 10.10.2006 hat das Gericht die Versicherte D. Sch. zum Klageverfahren beigeladen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin für die Versorgung der bei ihr gesetzlich versicherten D. Sch. für den Zeitraum seit dem 01.01.2005 7755,- Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 08.09.2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Die Beklagte ist der Ansicht, daß ein Anspruch auf Leistungen entsprechend der Pflegeklasse III nicht gegeben sei, da nach dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme bei der Versicherten lediglich die Voraussetzungen der Pflegestufe II vorlägen.
Im Rahmen der Beweisaufnahme hat das Gericht zunächst einen Befundbericht der Dres. Sch./K. und sodann ein Sachverständigengutachten sowie eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen U. H. vom 04.12.2007 bzw. 23.06.2008 eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Befundbericht sowie auf das Sachverständigengutachten und die ergänzende Stellungnahme Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Pflegedokumentation der Versicherten Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Leistungsklage ist nicht begründet.
Der nach § 54 Absatz 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobene Leistungsantrag ist zulässig, da nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 01.09.2005 im Verfahren B 3 P 9/04 R den Heimträge...