Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Krankenversicherung: Auskunftspflicht einer Apotheke über Einkaufspreise für Fertigarzneimittel zur parenteralen Zubereitung. Auskunftsanspruch bei Herstellung der parenteralen Zubereitung durch einen Lohnunternehmer
Orientierungssatz
1. Ein Verband der gesetzlichen Krankenkassen kann einen Auskunftsanspruch gegen eine Apotheke zur Übermittlung von Einkaufspreisen für Fertigarzneimittel im Rahmen eines Verwaltungsaktes festsetzen und durchsetzen.
2. Ein Verband der gesetzlichen Krankenkassen kann im Rahmen seines Auskunftsanspruchs gegen einen Apotheker zur Übermittlung von Einkaufspreisen für Fertigarzneimittel nur Auskunft über die tatsächlich vereinbarten Einkaufspreise verlangen. Ein solcher Auskunftsanspruch scheidet aus, wenn der Apotheker selbst keine Fertigung vornimmt, da er diese durch Lohnunternehmer erledigen lässt, sodass er selbst keine Fertigarzneimittel bezieht, selbst wenn ein Auskunftsanspruch des Verbandes gegen den Lohnunternehmer nicht besteht.
Tenor
1. Der Bescheid des Beklagten vom 10.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 26.09.2012 wird aufgehoben.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Verpflichtung des Klägers als Apotheker zur Auskunftserteilung gegenüber dem Beklagten in Form der Übermittlung von Einkaufspreisen für Fertigarzneimittel zur parenteralen Zubereitung.
Der Kläger teilte dem Beklagten aufgrund eines Auskunftsbegehrens 2011 schriftlich mit, dass die Adler-Apotheke seit 2005 keine Zytostatika-Zubereitungen mehr herstelle, sondern die Herstellung im Lohnauftrag an den pharmazeutischen Hersteller medicari Arzneimittel GmbH vergebe. Diese Gesellschaft würde die nach der Lauer-Taxe gültigen Abgabepreise abzüglich nach der Hilfstaxe zu gewährenden Rabatte in Rechnung stellen. Für die Herstellung werde ein einheitlicher Preis erhoben.
Der Beklagte erließ nach vorheriger Anhörung am 10.05.2012 einen Bescheid in dem dem Kläger als Inhaber der Adler-Apotheke in Moers aufgegeben wird, dem Beklagten innerhalb von vier Wochen nach Vollziehbarkeit des Bescheides über sämtliche Fertigarzneimittel mit den in den Anlagen 1 - 5 aufgeführten Wirkstoffen, die der Kläger im Zeitraum vom 01.10.2011 bis zum 31.12.2011 zur Herstellung von parenteraler Zubereitungen bezogen hat, Auskunft zu erteilen. In dem Bescheid wird geregelt, dass die Auskunft folgende Informationen zu umfassen hat:
- Pharmazentralnummer (PZN) der genannten Arzneimittel
- Produktbezeichnung sowie Packungsgröße (Menge einer bestimmten Einheit)
- Bezugsquellen
- Bezugsdaten
- Bezugsmengen (Anzahl erworbener Packungen)
- Einkaufspreis je Packung exklusive Umsatzsteuer
- sämtliche Einkaufsvorteile, die sich unmittelbar oder mittelbar mindernd auf den Preis des Fertigarzneimittels auswirken (beispielsweise Rückvergütungen, Preisnachlässe, Rabatte, Umsatzbeteiligungen, Bonifikationen, rückvergütungsgleiche Gewinnbeteiligung oder sonstige geldwerte Vorteile insbesondere von pharmazeutischen Unternehmen oder Großhändler)
- tatsächlicher Einkaufspreis je Packung exklusive Umsatzsteuer (Einkaufspreis abzüglich aller Preisvorteile)
Dem Kläger wird in dem Bescheid aufgegeben, die geforderten Informationen in den Bearbeitungsbögen der Anlage 1 - 5 zu erfassen. Die Anlagen seien Bestandteil des Bescheides. Des Weiteren wurde in dem Bescheid mitgeteilt, die Auskunftspflicht gelte un-abhängig davon, ob der Kläger abgegebene Zubereitungen selbst herstelle oder ob die Zubereitungen von einem Lohnhersteller hergestellt werde. In letzteren Fall habe der Kläger Auskunft über die Einkaufspreise der von dem Lohnhersteller verwendeten Fertigarzneimittel zu erteilen.
Die Auskünfte seien durch Vorlage korrespondierender Belege insbesondere Rechnungen und Lieferscheine in Kopie nachzuweisen.
Zur Begründung des Bescheides führte der Beklagte aus, dass Fertigarzneimittel in parenteraler Zubereitungen nicht mehr der gesetzlichen Preisbindung unterlägen und daher nunmehr Apotheken ihre Einkaufspreise mit pharmazeutischen Unternehmern und Großhändlern frei vereinbaren könnten. Nach dem erklärten Willen des Gesetzgebers sollten die im Wege solcher Verhandlungen erzielbaren Preisvorteile nicht allein den Apotheken zukommen, sondern auch genutzt werden um die Beitragszahler/innen der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) zu entlasten. Daher hätten sich die in dem Vertrag über die Preisbildung für Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen nach § 4 und § 5 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), der sogenannte Hilfstaxe, vereinbarten Abrechnungspreise an den Einkaufsvorteilen zu orientieren. Für die Verhandlungen zur Hilfstaxe müsse der Beklagte sich ein Bild von den am Markt herrschenden Einkaufskonditionen für die relevanten Fertigarzneimittel verschaffen. Eine solche Vereinbarung sei zwar vor kurzem abgeschlossen worden, die Parteien würden die Verhandlungen jedoch zeitnah weiterführen.
Rechtsgrundlage für die ge...