Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Anwaltsgebühr im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
Orientierungssatz
1. Die Vergütungsvorschrift der Nr. 3103 VV RVG ist zugeschnitten auf ein vorangegangenes Tätigwerden des Anwalts in einem Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren, welches auf genau denselben Gegenstand gerichtet ist, wie das anschließende Hauptsacheverfahren, für das die Vergütung erfolgen soll.
2. Weil der Gegenstand des Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahrens nur teilweise identisch ist mit dem Vortrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, ist es nicht gerechtfertigt, grundsätzlich den pauschalen Abschlag, wie er durch ie Verringerung des Gebührenrahmens bei Ansatz der Nr. 3103 VV RVG herbeigeführt wird, anzunehmen.
3. Die anwaltliche Tätigkeit im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist nicht als unterdurchschnittlich zu werten. Der Kontakt zum Mandanten und die Korrespondenz mit dem Gericht erfolgt unter hohem zeitlichen Druck. Die Sach- und Rechtslage muss kurzfristig beurteilt werden. Die Bemessung der Anwaltsgebühr hat deshalb nach den allgemeinen Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG zu erfolgen.
Tenor
Auf die Erinnerung vom 04.12.2006 wird die Entscheidung der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle vom 17.11.2006 abgeändert. Der Betrag der aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen wird auf 452,40 EUR festgesetzt. Die Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
I.
In der Hauptsache ging es um einen Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen einen Bescheid der Beklagten vom 27.10.2006.
Der Antragsteller befand sich seit dem Jahre 2005 im laufenden Leistungsbezug bei der Antragsgegnerin. Zuletzt hatte er für den Zeitraum von Juni bis November 2006 eine Leistungsbewilligung der Antragsgegnerin erhalten. Daneben nahm er eine gemeinnützige Arbeitsgelegenheit war. Nachdem der Antragsteller dieser Tätigkeit seit dem 30.06.2006 unentschuldigt ferngeblieben war, stellte die Antragsgegnerin die Gewährung von Leistungen ab dem 01.09.2006 zunächst ohne Erteilung eines Bescheides komplett ein. Daraufhin meldete sich am 25.10.2006 die Bevollmächtigte des Antragstellers für ihn bei der Antragsgegnerin und mahnte unter Fristsetzung bis zum 27.10.2006 die Auszahlung der bewilligten Beträge an, da eine Aufhebungs- oder auch eine Sanktionsentscheidung bisher nicht getroffen worden sei. Für den Fall des fruchtlosen Verstreichens dieser Frist kündigte sie die gerichtliche Geltendmachung des Anspruches im Eilverfahren an. Nach telefonischer Rücksprache mit der Antragsgegnerin teilte die Bevollmächtigte des Antragstellers noch am selben Tage noch einmal mit, dass aus ihrer Sicht die Voraussetzung für eine vollständige Leistungsverweigerung gegenüber dem Antragsteller nicht vorlägen.
Am 26.10.2006 erließ die Antragsgegnerin sodann einen formalen Aufhebungsbescheid, mit dem sie die Leistungsbewilligung für den Zeitraum ab dem 01.09.2006 vollständig aufhob. Zur Begründung berief sie sich, wie bereits angekündigt, auf eine mangelnde Entschuldigung des Fernbleibens des Antragstellers von der Arbeit. Die Voraussetzung des § 48 Abs 1 S 1 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) seien insoweit erfüllt. Dagegen legte der Antragsteller durch seine Bevollmächtigte am 27.10.2006 Widerspruch ein. Darin vertrat er die Auffassung, dass die Aufhebungsentscheidung in dem Bescheid vom 26.10.2006 rechtswidrig sei. Es sei nicht nur eine Anhörung unterblieben. Es lägen auch die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S 1 SGB X nicht vor, da diese nur eine Aufhebung des Verwaltungsakts für die Zukunft bei Änderung der Verhältnisse ermögliche. Die Annahme, dass seit dem 01.09.2006 keine Hilfebedürftigkeit vorliege treffe ebenfalls nicht zu. Der Antragsteller habe am 10.10.2006 bei der Antragsgegnerin vorgesprochen und seine Hilfebedürftigkeit geltend gemacht. Ob eine Sanktionsentscheidung nach § 31 SGB II hätte getroffen werden können, könne dahin stehen, da die Antragsgegnerin ihre Entscheidung ausdrücklich auf § 48 Abs1 S 1 SGB X gestützt habe. Schließlich hätten auch die Voraussetzungen für eine vorläufige Zahlungseinstellung nach § 331 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III iVm § 40 Abs 1 Nr 2 SGB II) nicht vorgelegen.
Noch am gleichen Tag wandte sich die Bevollmächtigte des Antragstellers mit einem Antrag auf "Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 26.10.2006 gemäß § 86 b Abs 1 S 1 Nr 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)" an das Gericht. Hierzu berief sie sich auf ihre restlichen Ausführungen in dem Widerspruch vom gleichen Tage. Ferner vertrat sie die Auffassung, dass die im Rahmen des § 86 b Abs 1 S 1 Nr 1 SGG durchzuführende Interessenabwägung zu Gunsten des Antragstellers ausfallen müsse. Der Antragsteller befinde sich außerdem gegenwärtig in einer akuten Notlage, da ihm keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes mehr zur Verfügung stünden. Ein Zuwarten bis zu einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren sei ihm nicht zuzumuten...