Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Hilfebedürftigkeit. Unterhaltsvermutung bei Haushaltsgemeinschaft Verwandter. Berechnung des Anrechnungsbetrages nach § 1 Abs 2 AlgIIV. Verfassungsmäßigkeit. Ermächtigungskonformität
Orientierungssatz
1. Zur Berechnung des den Freibetrag übersteigenden, zugunsten des Hilfebedürftigen zu berücksichtigenden Einkommens des in Haushaltsgemeinschaft lebenden Verwandten nach § 9 Abs 5 SGB 2 iVm § 1 Abs 2 AlgIIV.
2. § 13 SGB 2 entspricht den Anforderungen des Art 80 Abs 1 S 2 GG und die AlgIIV als solche erfüllt die formalen Voraussetzungen des Art 80 Abs 1 S 3 GG. Auch die konkrete Regelung des § 1 Abs 2 AlgIIV zur Berechnung des Anrechnungsbetrages iS des § 9 Abs 5 SGB 2 ist rechtmäßig und von der Ermächtigungsnorm des § 13 SGB 2 gedeckt.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt höhere Leistungen in Form von Arbeitslosengeld II (Alg II).
Die am 20.11.1948 geborene Klägerin ist seit 1985 geschieden und seit 2001 verwitwet. Aus den beiden Ehen gingen insgesamt 5 Kinder hervor. Mit den beiden jüngsten Kindern, der am 05.02.1983 geborenen Tochter Na. und dem am 07.01.1985 geborenen Sohn Pa. lebt sie gemeinsam in einer Mietwohnung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Für diese 111,7 qm große 4-Zimmer-Wohnung, die im Eigentum einer ihrer älteren Töchter steht, entrichtete sie im Jahr 2005 und Anfang 2006 einen Mietzins in Höhe von 724,81 Euro (622,55 Euro Grundmiete, 102,26 Euro Nebenkosten incl. Heizung) monatlich.
Der Sohn Pa. absolvierte seit 2004 bis August 2006 eine Lehre zum Maler- und Lackierergesellen, die er im August 2006 beendete. Als Ausbildungsvergütung erhielt er einen Betrag in Höhe von 466,50 Euro brutto. Die Tochter Na. übt eine Beschäftigung als Kinderkrankenschwester im St. Johannes Hospital in Duisburg aus. Die Bruttoeinkünfte aus dieser Beschäftigung beliefen sich in der Zeit zwischen September 2005 und Januar 2006 auf Beträge zwischen 2.125,87 Euro bis 4.095,86 Euro. Hinsichtlich der genauen Einzelheiten der Verdienste für die Arbeit in den genannten Monaten, die jeweils im Folgemonat ausgezahlt wurden, wird auf die von der Klägerin vorgelegen Verdienstabrechnungen (Bl. 13-16 und 19-22 der Gerichtsakte) Bezug genommen. Die Klägerin selbst war im Jahre 2005 und Anfang 2006 abgesehen von den Zahlungen der Kindergeldkasse für ihren Sohn Pa. ohne eigenes Einkommen. Nennenswerte Vermögenswerte waren ebenfalls nicht vorhanden. Bis zum 31.12.2004 erhielt sie Klägerin von dem Oberbürgermeister der Stadt Oberhausen Leistungen nach Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Am 24.01.2005 stellte sie bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II), woraufhin dort Ermittlungen zur Höhe des Leistungsanspruches angestellt wurden. Bis zum 31.09.2005 erhielt sie vor diesem Hintergrund weiterhin Sozialhilfeleistungen des Oberbürgermeisters der Stadt Oberhausen. Nachdem eine Bescheidung des Antrages aus Januar 2005 durch die Beklagte im Laufe des Jahres 2005 zunächst ausgeblieben war, machte die Klägerin im Rahmen eines Eilverfahrens (vgl. SG Duisburg Az: S 7 AS 51/05 ER) die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II geltend, woraufhin die Beklagte unter dem 08.12.2005 einen Bescheid erteilte, mit dem sie der Klägerin für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis zum 28.02.2006 Alg II in Höhe von 388,21 Euro monatlich bewilligte. Bei der Berechnung der Höhe des Leistungsanspruches berücksichtigte die Beklagte Kosten der Unterkunft und Heizung der Klägerin in Höhe von 241,59 Euro (= 1/3 x 724,81 Euro). Bedarfsmindernd stellte sie Einkünfte in Form von monatlichem Kindergeld für den Sohn Pa. in Höhe von 154,00 Euro und in Form von überschießendem Erwerbseinkommen ihrer Tochter in Höhe von 74,38 Euro in die Berechnung ein. Mit ihrem gegen den Leistungsbescheid eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, die Höhe des Anteils der zugrunde gelegten Unterkunftskosten sei nicht nachvollziehbar. Im Übrigen sei ihr zu Unrecht sonstiges Einkommen in Höhe von 74,38 Euro angerechnet worden. Zudem habe die Beklagte den Freibetrag in Höhe von 30,00 Euro nicht berücksichtigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.05.2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin im Wesentlichen zurück. Zugunsten der Klägerin korrigierte sie lediglich den Anrechnungsbetrag der sonstigen Einkünfte aus dem überschießenden Erwerbseinkommen ihrer Tochter auf einen Betrag in Höhe von 71,06 Euro. Zur Begründung führte sie aus, das Erwerbseinkommen der Tochter sei bei der Klägerin auf Grundlage der Vorschrift des § 9 Abs 5 SGB II anzurechnen, da die volljährige Tochter mit der Klägerin in Haushaltsgemeinschaft lebe und Einkommen aus abhängiger Beschäftigung erziele. Die Voraussetzungen der Vermutungsregelung des § 9 Abs 5 SGB II lägen damit vor. Die Höhe des a...