Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. keine Eingliederungshilfe. Petö-Therapie. keine Anwendung der §§ 33, 41 SGB 9. Heilmittel nach § 26 Abs 2 Nr 4 SGB 9. Leistungsausschluss wegen fehlender Verordnungsfähigkeit als Heilmittel in der gesetzlichen Krankenversicherung. keine Kostenübernahme nach § 55 Abs 2 SGB 9
Orientierungssatz
1. Eine Petö-Therapie ist weder mit der schulischen Förderung noch mit der anschließenden Berufsausbildung eng genug verknüpft, um eine Hilfe iS des § 54 Abs 1 S 1 SGB 12 darzustellen.
2. §§ 33,41 SGB 9 finden keine Anwendung.
3. Bei der Petö-Therapie handelt es sich ihrer Zielrichtung nach im Schwerpunkt um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation iS des § 54 Abs 1 S 1 SGB 12 als ärztlich verordnete Dienstleistung, die einem Heilzwecke dient oder einen Teilerfolg sichert und nur von entsprechend ausgebildeten Personen erbracht werden darf, namentlich um ein Heilmittel nach § 26 Abs 2 Nr 4 SGB 9 (zum medizinischen Charakter der Petö-Therapie vgl BSG vom 3.9.2003 - B 1 KR 34/01 R = SozR 4-2500 § 18 Nr 1).
4. Die konduktive Förderung nach Petö (Petö-Therapie) ist als Leistung der medizinischen Rehabilitation iS des § 54 Abs 1 S 1 SGB 12 iVm § 26 SGB 9 einzuordnen, die jedoch nicht als neues Heilmittel durch die gesetzliche Krankenversicherung gem § 138 SGB 5 anerkannt ist, so dass aufgrund der Ausschlussklausel des § 54 Abs 1 S 2 SGB 12 keine Leistungen der Eingliederungshilfe gewährt werden können.
5. Eine Kostenübernahme nach § 55 Abs 2 SGB 9 kommt nicht in Betracht, auch wenn die Vorschrift einen offenen Katalog an Leistungen enthält, die ausschließlich der Integration des behinderten Menschen in die Gesellschaft dienen. Es handelt sich um Maßnahmen, die nicht der Beseitigung der Behinderung dienen, sondern um solche, die dem behinderten Menschen unter Berücksichtigung seiner behinderungsspezifischen Bedürfnisse eine bestmögliche Teilhabe an der Gesellschaft ermöglichen sollen. Die Petö-Therapie setzt direkt an der Beseitigung der Behinderung an. Sie zählt zu den medizinischen Leistungen, die von den Krankenkassen nicht übernommen werden, dh sie fällt in den Zuständigkeitsbereich der Krankenkassen, auch wenn sie nicht zu deren Leistungskatalog gehört.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kostenerstattung für eine Petö-Therapie.
Der Kläger ist 1998 geboren und leidet an einer schwerwiegenden Cerebralparese. Er wurde im Herbst 2004 eingeschult. Mit Antrag vom 16.04.2005 beantragte er eine Petö-Block-Therapie für den Monat August 2005 als Eingliederungshilfe im Rahmen seines Schulbesuchs in der behindertengerecht eingerichteten Gemeinschaftsschule H in M a. d. R. Der Antrag wurde mit Bescheid vom Mai 2005 abgelehnt. Der Widerspruch hiergegen blieb erfolglos.
Mit der am 23. August 2005 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Übernahme der im Zeitraum vom 01. bis 26.08.2005 durchgeführten Petö-Therapie.
Hierbei handelt es sich um eine in Ungarn entwickelte Methode, welche insbesondere auf Entwicklungsstörungen im Kindesalter, wie sie bei dem Kläger vorliegen, zugeschnitten ist und die zwischenzeitlich nicht nur in Ungarn, sondern auch in anderen Ländern zur Anwendung gelangt. Dem Konzept liegt ein ganzheitlicher Behandlungsansatz zugrunde, der medizinisch-therapeutische, psychologische und pädagogische Elemente enthält. Ziel ist es, auf den motorischen Grundlagen des zu behandelnden Kindes aufbauend, eine Verbesserung der Mobilität, Motorik und kognitiven Fähigkeiten zu erreichen. Dabei finden in der Regel wöchentliche Behandlungen statt, die normalerweise etwa 2 x jährlich durch intensive Blocktherapiezeiten ergänzt werden.
Er ist der Ansicht, die Therapie sei im Rahmen der medizinischen Rehabilitation (Frühförderung einerseits und als Eingliederungshilfe zur Vorbereitung einer angemessenen Schulbildung andererseits dringend angezeigt. Für ihn als Integrationskind sei die Therapie zwingend erforderlich, um einen regelmäßigen Schulbesuch gewährleisten zu können. Insbesondere dient die Block-Therapie dazu, dass er seinen Stuhlgang selbst regulieren könne, was für den Schulbesuch wichtig sei.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 23.05.05 in Form des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2005 zu verpflichten, dem Kläger Eingliederungshilfe in Form der Kostenübernahme für die konduktive Förderung nach Petö in dem Zentrum für Konduktive Therapie F, ... O, in Form der Durchführung einer Blocktherapie für den Zeitraum vom 01.08.2005 bis 26.08.2005 zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Petö-Therapie stelle keine heilpädagogische Maßnahme dar, sie sei eine Leistung der medizinischen Rehabilitation. Die Petö-Therapie gehöre als Heilmittel im Sinne des § 32 SGB V in den Bereich der medizinischen Versorgung und somit zu den Leistungen, die von den Krankenkassen grundsätzlich ...