Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Krankenversicherung: Anspruch auf Krankengeldzahlung. Erstellung eines Wiedereingliederungsplans als Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit

 

Orientierungssatz

Die Erstellung eines Wiedereingliederungsplans für einen arbeitsunfähig Erkrankten ist regelmäßig zugleich auch als Bescheinigung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit für den Zeitraum der Wiedereingliederungsmaßnahme anzusehen, jedenfalls soweit in diesem Plan die vollständige Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit erst für den Tag nach Ende der Wiedereingliederungsmaßnahme angenommen wurde. Insoweit besteht auch ein Anspruch auf Krankengeld fort, ohne dass es einer gesonderten Feststellung des Fortbestehens der Arbeitsunfähigkeit bedarf. Das gilt auch dann, wenn der Wiedereingliederungsplan einen Zeitraum von mehr als vier Wochen umfasst.

 

Tenor

Unter Abänderung des Bescheides vom 07.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2016 wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger Krankengeld für die Zeit vom 23.12.2015 bis 29.12.2015 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 23.12.2015 bis 29.12.2015 in Höhe von 73,22 EUR brutto kalendertäglich.

Der am 09.03.19xx geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er ist bei der RWE Power AG als Spezialwerker Bergbau (Rohrverleger) tätig.

Ab dem 22.06.2015 erkrankte er wegen einer schweren depressiven Episode arbeitsunfähig.

Der den Kläger behandelnde Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie Dr. med., Dipl.-Psych. Wolfgang W. aus Essen bescheinigte dem Kläger am 29.10.2015 eine weitere Arbeitsunfähigkeit bis zum 19.11.2015.

Am 24.11.2015 ging bei der Beklagten per Fax und am 26.11.2015 im Original ein von Dr. W. erstellter, auf den 12.11.2015 datierender Wiedereingliederungsplan ein. Dieser sah eine stufenweise Wiedereingliederung des Klägers für die Zeit vom 23.11.2015 bis zum 03.01.2016 vor. Als Zeitpunkt der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit war der 04.01.2016 angegeben.

Am 22.12.2015 stellte Dr. W. eine weitere Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis zum 03.01.2016 auf einer Bescheinigung für die Krankengeldzahlung (Muster 17) fest. Der Eingangsstempel der Beklagten auf dieser Bescheinigung datiert auf den 30.12.2015. Mit Bescheid vom 07.01.2016 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass dem Kläger für die Zeit vom 30.12.2015 bis zum 03.01.2016 Krankengeld gewährt werde. Für die Zeit vom 23.12.2015 bis zum 29.12.2015 lehnte die Beklagte die Krankengeldzahlung mit der Begründung ab, dass die erneute Attestierung der Arbeitsunfähigkeit erst am 30.12.2015 und damit nicht innerhalb einer Woche nach ärztlicher Feststellung am 22.12.2015 angezeigt worden sei.

Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 13.01.2016 Widerspruch ein und begründete ihn dahingehend, dass er die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 23.12.2015 per Einschreiben bei der Post aufgegeben habe. Die Frist sei somit eingehalten worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 04.03.2016 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter erneutem Verweis darauf, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 22.12.2015 der Beklagten erst am 30.12.2015 vorgelegt worden sei, zurück.

Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Ergänzend vertritt er die Auffassung, dass dem Kläger ein unter Umständen längerer Postumlauf über die Weihnachtstage nicht zuzurechnen sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte wird verurteilt, unter Aufhebung des Bescheides vom 07.01.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04.03.2016 Krankengeld für den Zeitraum 23.12.2015 bis 29.12.2015 zu zahlen.

Die Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verbleibt ebenfalls bei ihrer Auffassung. Im Parallelverfahren S 50 KN 118/16 KR hat sie ergänzend die Auffassung vertreten, dass das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit vom Vertragsarzt ausschließlich auf der Bescheinigung für die Arbeitsunfähigkeit bzw. für die Krankengeldzahlung (Auszahlungsschein für Krankengeld) zu attestieren sei und nicht durch den Wiedereingliederungsplan ersetzt werden könne. Auf Nachfrage des Gerichts im Parallelverfahren S 50 KN 118/16 KR hat Dr. W. mit Schreiben vom 10.08.2017 mitgeteilt, dass der Kläger am 12.11.2015 bei ihm vorstellig gewesen sei und an diesem Tag der Wiedereingliederungsplan vom 12.11.2015 erstellt und besprochen worden sei.

Im Verhandlungstermin hat die Beklagte des Weiteren die Auffassung vertreten, dass sofern unterstellt werde, dass der Wiedereingliederungsplan vom 12.11.2015 die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, in diesem Wiedereingliederungsplan ein Arbeitsunfähigkeitszeitraum von mehr als vier Wochen bescheinigt werde, was nach den Arbeitsunfähigkeitsrichtlinien nicht vorgesehen sei. Darüber hinaus hat sie im Verhandlungstermin des Parallelverfahrens S 50 KN 118/16 KR die Auffassung vertreten, dass aufgrund der gerichtlichen...

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