Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Rücknahme eines Leistungsbescheides wegen verschwiegenen Einkommens. Berücksichtigung von Einnahmen aus einer Straftat als anrechenbares Einkommen. Darlegungs- und Beweislast bei Einkommen in unbekannter Höhe aus einer fortgesetztes Straftat
Orientierungssatz
1. Hat ein Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende schon bei Beginn des Leistungszeitraums infolge fortgesetzter Straftaten über weitere unbekannte und grundsätzlich berücksichtigungsfähige Einkünfte verfügt, ist die Bewilligung von Beginn an rechtswidrig, sodass sich auch die Aufhebung der Bewilligung nach den Vorschriften über die Rücknahme rechtswidriger Sozialverwaltungsakte richtet.
2. Hat ein Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende nachweislich eine fortgesetzte Straftat begangen, aus der ihm auch Einnahmen in unbekannter Höhe zugeflossen sind, so trifft ihn ausnahmsweise die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe der erzielten Einkünfte. Unterbleibt der Nachweis der Einkommenshöhe, kann der Grundsicherungsträger von einem nicht gegebenen Hilfebedarf und damit von einem Ausschluss seiner Leistungspflicht ausgehen und das Sozialgericht im sozialrechtlichen Klageverfahren über den Leistungsausschluss im Rahmen der richterlichen Beweiswürdigung das Fehlen des Hilfebedarfs wegen bedarfssichernden Einkommens feststellen. Dabei kann das Gericht in die Beweiswürdigung auch ein strafrechtliches Urteil, das zu dem Sachverhalt ergangen ist, mit einbeziehen, ohne an das Urteil gebunden zu sein.
3. Auch illegal im Rahmen einer fortgesetzten Straftat erzielte Einnahmen stellen Einkommen im Sinne des Sozialhilferechts dar.
4. Einzelfall zur richterlichen Beweiswürdigung über die Rechtmäßigkeit der Rücknahme einer Leistungsbewilligung unter Einbeziehung eines Strafurteils.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Der Beklagte trägt keine außergerichtlichen Kosten der Kläger.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Aufhebungs- und Erstattungsbescheides, mit welchem von den Klägern für den Zeitraum von September 2011 bis Oktober 2013 Leistungen in Höhe von insgesamt 40.414,44 EUR zurückgefordert werden.
Die am 24.03.19xx geborene Klägerin zu 1) ist die Ehefrau des Klägers zu 3), der am 15.04.19xx geboren worden ist. Die am 01.12.19xx geborene Klägerin zu 2) ist das gemeinsame Kind der Kläger zu 1) und 3), die beide iranische Staatsbürger sind. Der Kläger zu 3), der infolge eines Schlaganfalles schwerbehindert mit einem GdB von 40 % ist, ist 2000 aus dem Iran geflohen und hat 2001 in Deutschland Asyl beantragt. Der gemeinsame Sohn der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 3) ist am 25.08.20xx infolge eines Hirntumors verstorben. In der Vergangenheit lebten die Kläger in häuslicher Gemeinschaft in einer Wohnung in Oberhausen und bezogen von dem Beklagten seit dem 16.09.2011 laufend Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch [SGB II].
Der Kläger zu 3) war in der Vergangenheit der erste Vorsitzende für den "Verein der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" gewesen, den er nach seiner Konvertierung zum Christentum 2006/2007 in W. gegründet hatte. Der stellvertretende Vorsitzende des Vereins ist Herr Pouraskar P. gewesen. Ausweislich der Vereinssatzung sei der Verein nach "§ 2 - Zweck des Vereins" uneigennützig tätig und verfolge nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke. Nach "§ 18 - Finanzierung" habe der Verein das Recht Spenden entgegenzunehmen. Jedes Mitglied zahle jährlich einen Betrag von 120,00 EUR. Der Verein werde nach "§ 20 - Vertreter des Vereins" von dem Vorsitzenden vertreten. Nach "§ 3 - Mittel des Vereins" dürften die Mittel des Vereins nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwandt werden. Die Mitglieder würden keine Zuwendungen aus Mitteln des Vereins erhalten. Das eigentliche Tätigkeitsfeld des Vereins oder die "satzungsgemäßen Zwecke", für welche die Vereinsmittel zu verwenden sein sollen, werden in der Satzung nicht konkret beschrieben. Der Verein beauftragte in der Vergangenheit teilweise Herrn Rechtsanwalt M. mit der Wahrnehmung seiner Angelegenheiten. Auf den noch 2013 verwandten Anmeldungsformularen ist ein Herr Juan Emanuel V. in der Fußzeile als Kassierer des "Vereins der zum Christentum konvertierten Moslems (CKM)" aufgeführt.
Nach einem umfangreichen Ermittlungsverfahren zum Aktenzeichen 125 Js xx/13 unter Beteiligung der Bundespolizeiinspektion Kriminalitätsbekämpfung Flughaften Frankfurt/Main ging die Staatsanwaltschaft D. davon aus, dass die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 3) während des Ermittlungszeitraumes von Januar 2011 bis Oktober 2013 fortlaufend Straftaten begangen hätten. Hierbei habe der Kläger zu 3) teilweise mit Kenntnis und in bewusster Zusammenarbeit mit der Klägerin zu 1) Ausländern gegen Entgelt zur Einreise und unberechtigten Anerkennung als Asylberechtigter verholfen. Um eine erfolgsversprechende Lebensgeschichte der Ausländer vorzutäuschen, seien in Deutschland hierfür gegen entsprech...