Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderungsanspruch der Krankenkasse gegenüber dem Krankenhausträger wegen zu Unrecht berechneter Krankenhausbehandlungskosten

 

Orientierungssatz

1. Rechtsgrundlage des Rückzahlungsanspruchs der Krankenkasse gegenüber dem Krankenhausträger ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch. Die Abrechnungsbeziehungen zwischen Krankenhaus und Krankenkasse sind öffentlich-rechtlich geprägt. Danach können Leistungen zum Zweck der Erfüllung einer Verbindlichkeit, die in Wirklichkeit nicht besteht, zurückgefordert werden. Jeder stationäre Behandlungsfall wird nach dem Fallpauschalenkatalog einer diagnosebezogenen Fallgruppe (DRG) zugeordnet. Unzulässig ist es, einen Behandlungsfall i. S. des § 17b Abs. 1 S. 3 KHG willkürlich in zwei Behandlungsfälle aufzuspalten, ohne dass dafür eine tragfähige medizinische Begründung ersichtlich ist.

2. Bei der Behandlung eines akuten Herzinfarktes und bei einer späteren Herzkatheterdiagnostik handelt es sich um ein unmittelbar verbundenes Geschehen und nicht um zwei unterschiedliche Aufnahmeanlässe bzw. zwei in sich abgeschlossene Behandlungsfälle. Die Behandlung eines akuten Myokardinfarktes sowie die nachfolgende invasive Diagnostik mittels Herzkatheteruntersuchung wird zutreffend mit der DRG F 41 B abgebildet.

3. Die Trennung von therapeutischer Akutbehandlung und nachfolgender weiterführender Diagnostik führt zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Trennung eines einheitlichen medizinischen Behandlungsfalles.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 01.07.2014; Aktenzeichen B 1 KR 62/12 R)

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1734,74 EUR nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 11.08.2005 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist die Rückforderung nach Diagnosis Related Groups -DRG- berechneter Krankenhausbehandlungskosten.

Auf die Beteiligten findet der zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen und ua dem Landesverband, dem auch die Klägerin angehört, geschlossene so genannte Sicherstellungsvertrag nach § 112 Abs 2 Nr 1 des Sozialgesetzbuches Fünftes Buch -SGB V- vom 06.12.1996, gültig ab dem 01.01.1997, Anwendung. Dieser Vertrag wurde zunächst im April 2004 gekündigt; seit dem 13.04.2005 wird er auf Grund einer Vereinbarung zwischen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen mit den Verbänden der Krankenkassen wieder angewandt, nachdem im Rahmen der jeweils laufenden Budgetvereinbarungen die Weitergeltung der darin getroffenen Abreden vereinbart worden ist.

Dem hiesigen Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die bei der Klägerin versicherte im Jahre 1926 geborene Frau Ch. S. (im folgenden: Versicherte) wurde im November 2004 kurz hintereinander 2x in dem von der Beklagten betriebenen Krankenhaus, Abteilung für Kardiologie, vollstationär behandelt. Die Beklagte berechnete die erste Behandlung vom 05.11.2004 bis zum 15.11.2004 nach der DRG F 30 B (Kreislauferkrankung mit akutem Myocardinfarkt, ohne invasive kardiologische Diagnostik, ohne äußerst schwere oder schwere CC) mit 2674,16 EUR und die zweite Behandlung in der Zeit vom 22.11.2004 bis zum 24.11.2004 nach der DRG F 61 B (Kreislauferkrankungen mit akutem Myocardinfarkt, mit invasiver kardiologischer Diagnostik, ohne äußerst schwere oder schwere CC) mit 2465,62 EUR. Auf die jeweils unter dem 02.12.2004 erteilten Rechnungen wird Bezug genommen.

Die Klägerin bezahlte am 14.12.2004 - unter Vorbehalt - den Gesamtrechnungsbetrag in Höhe von 5139,38 EUR, beauftragte aber zugleich den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung -MDK- mit der Überprüfung der Abrechnungen und unterrichtete die Beklagte hierüber im Schreiben gleichen Datums. Als konkreter Prüfanlass/Auffälligkeit wird darin Fallsplitting angegeben. In seinem nach Aktenlage erstatteten Gutachten vom 06.07.2005 gelangte der Arzt Herr Sch. vom MDK Nordrhein nach Auswertung des Entlassungsberichts vom 04.01.2005 zu dem Ergebnis: Die beiden Krankenhausaufenthalte seien zusammenzuführen. Die Anerkennung von zwei separaten Behandlungsfällen mit jeweils eigener DRG würde an wesentlichen übergeordneten Punkten der gesetzlichen Vorschriften vorübergehen. Nach § 17b Abs 1 S 3 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes -KHG- bildeten die DRG-Entgelte sämtliche Krankenhausleistungen für einen Behandlungsfall ab. Weiterhin sei nach § 17c Abs 1 Nr 2 KHG vom Krankenhausträger durch geeignete Maßnahmen darauf hinzuwirken, dass eine vorzeitige Verlegung oder Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen unterbleibe. Exakt letzteres sei jedoch im vorliegenden Fall geschehen. Aus medizinischer Sicht handele es sich eindeutig um einen einzigen Behandlungsfall, da die Abklärung im 1. Aufenthalt willkürlich unterbrochen und die Komplettierung der im 1. Aufenthalt eigentlich schon indizierten Diagnostik lediglich in einem 2. Aufenthalt durchgeführt worden sei. Durch die zwischenzeitliche Entlassung seien zwei virtuelle Fälle geschaffen worden. Aus der Fallpauschalenverordnung für das J...

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