Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Differenzierung bei den Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung
Orientierungssatz
Die Differenzierung bei den Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung zwischen Eltern von vor dem 1.1.1992 und nach dem 31.12.1991 geborenen Kindern verstößt (weiterhin) nicht gegen das GG.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig sind zwischen den Beteiligten Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten.
Mit Rentenbescheid vom 12.05.2000 war der Klägerin Regelaltersrente bewilligt worden. Mit Rentenbescheid vom 25.08.2014 wurde die bisherige Regelaltersrente ab 01.07.2014 neu berechnet. Dabei wurden für Kindererziehungszeiten Entgeltpunkte von 1,5873 berücksichtigt plus einen Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehungszeiten für 2 Kinder von 2,0000 Punkten. Insgesamt wurden persönliche Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten in Höhe von 3,5873 berücksichtigt. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit Widerspruch vom 25.08.2014 mit dem Begehren, dass pro Kind 3 Entgeltpunkte zu Grunde zu legen seien bei der Berechnung der Rente. Die Klägerin verwies auf die Ungleichbehandlung bei der Berechnung der Entgeltpunkte von Müttern, die Kinder seit dem 1. Januar 1992 geboren hätten, Jungmütter gegenüber denjenigen, die ihre Kinder vor dem 1. Januar 1992 geboren hätten, Altmütter. Diese Ungleichbehandlung verstoße gegen Artikel 3 Grundgesetz. Es bestehe kein biologischer Unterschied zwischen Alt- und Jungmüttern. Wegen der völlig gleichen biologischen Situation von Alt- und Jungmüttern beziehungsweise ihrer Kinder verstoße die auf der Stichtagsregelung beruhende unterschiedliche Regelung daher gegen Artikel 3 Grundgesetz. Für die unterschiedliche Behandlung gäbe es keine Gründe. Die Lebensumstände der Altmütter zur Zeit ihrer Kindererziehung seien insgesamt sehr viel schwieriger gewesen als die der Jungmütter. Es habe keine frühkindliche oder staatlich geförderte Kinderbetreuung gegeben, als die Altmütter ihre Kinder erzogen hätten. Es habe weder öffentliche Kinderhorte oder Tagesmütter noch Hortplätze in Behörden oder privaten Arbeitgebern, keine Ganztagsschulen oder Mahlzeiten in den Schulen oder Betreuung von Kindern nach Schulende gegeben. Den Altmüttern sei daher die Aufnahme einer Berufstätigkeit neben ihrer Kindererziehung fast unmöglich gewesen. Wenn überhaupt eine Differenzierung zwischen Alt- und Jungmüttern getroffen werden solle, dann müssten die Altmütter für die Kindererziehung mehr Entgeltpunkte als Jungmütter erhalten. Das Bundesverfassungsgericht habe gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften in fast allen Bereichen trotz deutlicher unterschiedlicher biologischer Situation mit der Begründung der Ehe gleichgestellt, dass deren Rechtsverpflichtungen denen der Ehe weitgehend entsprechen würden. Dies gelte umso mehr beim Vergleich von Müttern, die ihre Kinder vor dem 1. Januar 1992 geboren hätten mit den Müttern, die ihre Kinder seit dem 1. Januar 1992 geboren hätten. Denn in beiden Fällen bestehe zusätzlich zur gleichen biologischen Situation gleiche Unterhalts- und Fürsorgepflicht zwischen den Müttern und ihren Kindern unabhängig von den Geburtsdaten. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde die Rechtslage erörtert. Abhängig vom Geburtsjahr des Kindes und des Beginns der Rentenleistung habe der Gesetzgeber unterschiedliche Regelungen zur Berücksichtigung und Bewertung von Zeiten der Kindererziehung getroffen. § 56 SGB VI regele die Anerkennung von Kindererziehungszeiten für Geburten ab dem 1. Januar 1992, § 249 SGB VI die Anerkennung von Kindererziehungszeiten vor dem 1. Januar 1992. Für C., geboren 1966 und D., geboren 1967 seien Kindererziehungszeiten nach § 249 SGB VI in der Fassung bis zum 30.06.2014 zu ermitteln, weil die Klägerin bereits seit 01.07.2000 eine Rente beziehe. Ihr seien die Kindererziehungszeiten für die ersten 12 Monate nach der Geburt des jeweiligen Kindes angerechnet worden. Mit der gesetzlichen Neuregelung des § 249 SGB VI zum 01.07.2014 habe der Gesetzgeber hinsichtlich des Umfangs der Kindererziehungszeiten bestimmt, dass Kindererziehungszeiten im Umfang von 24 Kalendermonaten anstelle von bisher 12 Kalendermonaten zu berücksichtigen seien. Die Rechtsanwendung sei jedoch auf den Personenkreis beschränkt, der am 01.07.2014 noch keinen Anspruch auf Rente habe. Um Rentenbezieher ebenfalls an der besseren Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung zu beteiligen, sei § 307 d SGB VI als Neuregelung hinzugefügt worden. Ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung werde gemäß § 307 d Abs. 1 SGB VI berücksichtigt, wenn am 30.06.2014 Anspruch auf eine Rente bestanden habe und in der Rente eine Kindererziehungszeit für den 12. Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt eines vor dem 1. Januar 1992 angerechnet worden sei. Der Zuschlag für Kindererziehung...