Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Auszahlungsanspruch des Rentenversicherungsträgers gegenüber einer Geschäftsbank bei Überzahlung einer Rentenleistung nach Tod des Rentenberechtigten
Orientierungssatz
Hat ein Rentenversicherungsträger in Unkenntnis des Todes des Rentenberechtigten nach dem Todesfall die Monatsrente noch einmal auf das Bankkonto des Rentenbeziehers überwiesen, so ist die kontoführende Bank bei entsprechender Deckung des Kontos zur Rückführung des überzahlten Betrages an den Rentenversicherungsträger verpflichtet. Entfiel die zunächst ausreichende Deckung bis zum Eingang des Rückzahlungsbegehrens bei der Bank, so bleibt die Bank ausnahmsweise auch dann zur Rückzahlung an den Rentenversicherungsträger verpflichtet, wenn sie vom Tod des Kontoinhabers Kenntnis hatte und im Zeitpunkt der Kenntnis ausreichend Deckung zur Rückzahlung des Rentenbetrags vorhanden war (Anschluss LSG Darmstadt, Urteil vom 19. Februar 2013, L 2 R 262/12).
Nachgehend
Tenor
I. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 1.702,61 zu zahlen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf EUR 1.702,61 festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rückforderung von über den Todesmonat hinaus geleisteten Rentenzahlungen.
Die Beklagte führte das Konto Nr. xxx1 der C. C., welche am xx.xx.2012 verstorben ist. Am 30.11.2012 gingen Rentenzahlungen in Höhe von EUR 805,55 und 969,56 auf dem Konto ein, welches zu diesem Zeitpunkt ein Haben von EUR 1.690,77 aufwies. Am 04.12.2012 erlangte die Beklagte nach eigenen Angaben Kenntnis vom Tod der Kontoinhaberin. Am 17.01.2013, eingegangen am 29.01.2013, forderte die Klägerin die überzahlten Renten in Höhe von insgesamt EUR 1.702,61 (EUR 772,18 und 930,43 ohne KV-/PV-Beitragsanteile) von der Beklagten zurück, welche eine Zahlung unter Nennung des Verfügungsberechtigten Dr. D. C. ablehnte. Der Kontostand betrug hier nach Lastschriften, Überweisungen und Bargeldabhebungen nur noch EUR 71,14. Das Konto wurde am 07.02.2013 aufgelöst. Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 15.02.2013 und 05.03.2013 erneut zur Zahlung auf, was die Beklagte unter Berufung auf den Auszahlungseinwand und Verweisung auf den Verfügungsberechtigten weiterhin ablehnte.
Am 26.03.2013 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, die Beklagte habe ab Kenntnis vom Tod der Kontoinhaberin keine Verfügungen mehr ausführen dürfen und verweist insbesondere auf das Urteil des BSG vom 03.06.2009 (B 5 R 120/07 R).
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 1.702,61 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist unter Verweis auf Urteile insbesondere der Sozialgerichte Köln und München der Ansicht, sie könne sich auf den Auszahlungseinwand berufen, da es nur auf den Zeitpunkt des Eingangs des Rückforderungsverlangens ankomme. Zu diesem Zeitpunkt sei vorliegend kein den vollen Rückforderungsbetrag deckendes Guthaben mehr vorhanden gewesen. Vorher sei die genaue Rücküberweisungspflicht bzw. der konkrete Rücküberweisungsbetrag zudem nicht bekannt. Auf eine vorherige Kenntnis der Bank komme es aufgrund des Gesetzeswortlautes, der Gesetzeshistorie angefangen bei der Vereinbarung der Spitzenverbände des Kreditgewerbes und den Renten- und Unfallversicherungsträgern, des gesetzgeberischen Willens, der Gesetzessystematik und dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht an. Die Beklagte habe als Geldmittler verschiedene Geldausgänge zu buchen gehabt. Eine Prüfungspflicht vor jeder Buchung sei mit einem reibungslosen Giroverkehr nicht vereinbar und widerspräche der EU-Zahlungsdienstrichtlinie, wonach die Bank aus dem Kontoführungsvertrag verpflichtet sei, Zahlungsaufträge auszuführen (§ 675o Abs. 2 BGB). Bei den obiter dicta des BSG handle es sich um Fehlinterpretationen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakte, die beide Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung waren, sowie das übrige Vorbringen der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Leistungsklage ist begründet.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von EUR 1.702,61 aus § 118 Abs. 3 Satz 2 SGB VI. Die Beklagte kann sich nicht auf den Auszahlungseinwand nach § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI berufen, da sie Kenntnis vom Tod der Kontoinhaberin hatte.
Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, gelten nach § 118 Abs. 3 Satz 1 SGB VI als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern (§ 118 Abs. 3 Satz 2). Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verf...