Entscheidungsstichwort (Thema)

Absenkung des Arbeitslosengeld II. Nichtabschluss einer Eingliederungsvereinbarung. gleichzeitiger Erlass eines die Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Bescheids. Unbestimmtheit des Absenkungsbescheids

 

Leitsatz (amtlich)

1. Es ist nicht zulässig, gleichzeitig anlässlich einer Weigerung eines Leistungsbeziehers, eine Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB 2 abzuschließen, eine Absenkungsentscheidung nach § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst a SGB 2 zu treffen und den Inhalt der gescheiterten Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs 1 S 6 SGB 2 durch Verwaltungsakt einseitig festzusetzen.

2. Darauf, ob der Sanktionsbescheid am gleichen Tag ergeht wie der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Bescheid nach § 15 Abs 1 S 6 SGB 2, zeitlich davor oder zeitlich danach, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, so lange beide Entscheidungen auf der gleichen Ablehnungshandlung des Leistungsbeziehers beruhen.

 

Orientierungssatz

Unabhängig hiervon leidet ein Absenkungsbescheid nach § 31 SGB 2 an mangelnder inhaltlicher Bestimmtheit (§ 33 SGB 10) und enthält keinen Verfügungssatz zur Regelung des Einzelfalls iS von § 31 S 1 SGB 10, wenn er lediglich den abstrakten Gesetzestext des § 31 SGB 2 wiederholt und einen theoretisch möglichen Maximalbetrag als Absenkungsbetrag nennt.

 

Tenor

1. Der Bescheid der Beklagten vom 15.11.2005 über die Absenkung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1.12.2005 - 28.2.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.1.2006 wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers dem Grunde nach.

3. Die Berufung wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klage richtet sich gegen eine Absenkung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1.12.2005 - 28.2.2006 nach § 31 Abs. 1 SGB II wegen des Nichtabschlusses einer Eingliederungsvereinbarung.

Der Kläger, geboren ..., bezog im Jahre 2005 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II) von der Beklagten. Zuvor hatte er Arbeitslosengeld und danach Arbeitslosenhilfe von der Bundesagentur für Arbeit bezogen. Projektweise war er als Veranstaltungstechniker selbständig tätig.

Im Rahmen des Leistungsverhältnisses mit der Beklagten nahm der Kläger am 7.10.2005 einen Termin bei seiner persönlichen Ansprechpartnerin wahr, in dem seine beruflichen Perspektiven besprochen werden sollten. Am 21.10.2005 folgte ein weiterer Besprechungstermin mit dem gleichen Zweck. Im Rahmen dieses Gesprächs wurde dem Kläger eine von der Beklagten vorbereitete und von der persönlichen Ansprechpartnerin bereits unterschriebene Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 SGB II vorgelegt mit der Aufforderung, diese durchzulesen und sie dann unterschrieben zurückzugeben. Der Kläger nahm, da aus seiner Sicht noch Klärungsbedarf bestand, das Dokument zunächst mit nach Hause. Von dort aus kontaktierte er die persönliche Ansprechpartnerin, um einen erneuten Besprechungstermin zu vereinbaren. Daraufhin wurde er zu einem weiteren Termin am 15.11.2005 eingeladen. Während dieses Termins wurde er erneut zur Unterzeichnung der Eingliederungsvereinbarung aufgefordert. Der Kläger wollte die Eingliederungsvereinbarung jedoch nicht unterzeichnen. Dies und die Gründe hierfür wurden vor Ort schriftlich festgehalten.

Mit Bescheid vom 15.11.2005 senkte die Beklagte daraufhin die Regelleistung des Arbeitslosengeldes II für die Zeit vom 1.12.2005 bis 28. 2.2006 unter Verweis auf § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a, Abs. 6 SGB II um 30 % ab und hob die Bewilligung über die laufenden Leistungen für diese Zeit nach § 48 Abs. 1 SGB X auf.

Mit weiterem Bescheid vom 15.11.2005 setzte die Beklagte den Inhalt der beabsichtigten Eingliederungsvereinbarung nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II durch Verwaltungsakt fest.

Am 15.12.2005 legte der Kläger gegen die Absenkung des Arbeitslosengeldes II Widerspruch ein. Er sei von der Beklagten nur unzureichend über seine Chancen zur beruflichen Wiedereingliederung beraten worden. Dies spiegele sich in der formelhaften, nicht auf seinen Einzelfall bezogenen Eingliederungsvereinbarung wider. Er sei auch nicht über die Rechtsfolgen des Nichtabschlusses der Eingliederungsvereinbarung belehrt worden.

Der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Bescheid vom 15.11.2005 wurde nicht mit dem Widerspruch angegriffen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16.1.2006 wies die Beklagte den Widerspruch gegen die Absenkungsentscheidung als unbegründet zurück.

Mit seiner am 15.2.2006 beim Sozialgericht Freiburg erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Ziel weiter. Er trägt erneut vor, von der Beklagten nur ungenügend über seine beruflichen Perspektiven und Möglichkeiten beraten worden zu sein. Es habe kein Eingehen auf seinen Einzelfall gegeben, obwohl dies im ersten Beratungsgespräch am 7.10.2005 noch Thema gewesen sei. Er habe auf dieses erste Gespräch hin sogar ein individuelles Konzept ausgearbeitet, wie er sich seine Wiedereingliederung in Arbeit vorstelle. Dieses Konzept sei von der Beklagten jedoch in der Fol...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge