Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld. pauschale Abzüge für Sozialabgaben. Bemessungsgrundlage. Berücksichtigung von geringfügigen Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit
Orientierungssatz
Die Ausnahmevorschrift des § 2f Abs 2 S 2 BEEG, wonach Einnahmen aus Beschäftigungen im Sinne des § 8 SGB 4 bei der Feststellung der Bemessungsgrundlage nach § 2f Abs 2 S 1 BEEG nicht zu berücksichtigen sind, bezieht sich nicht auf (geringfügige) Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 8 Abs 3 SGB 4.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
3. Die Berufung wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Elterngeldes.
Der verheiratete Kläger ist Vater u. a. der am 31.5.2013 geborenen Tochter. Er erzielte im Bemessungszeitraum vor der Geburt Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit und aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Bei der Beklagten eingehend am 20.6.2013 beantragte der Kläger Elterngeld für den 1. und 13. Lebensmonat des Kindes. Mit Bescheid vom 16.8.2013 bewilligte die Beklagte dem Kläger vorläufig Elterngeld für den 1. und 13. Lebensmonat in Höhe von jeweils 1424,08 €. Dagegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 28.8.2013 Widerspruch, mit dem er sich gegen den Abzug fiktiver Sozialabgaben von den Einkünften aus selbstständiger Arbeit im Bemessungszeitraum vor der Geburt wandte. Mit Änderungsbescheid vom 18.9.2013 erhöhte die Beklagte nach Neuberechnung (aus nicht verfahrensgegenständlichen Gründen) das monatliche Elterngeld für den Kläger auf 1438,67 €. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.10.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers im Übrigen als unbegründet zurück. Sie führte insbesondere aus, die fiktiven Abzüge für Sozialabgaben seien nach §§ 2c, 2d und 2f des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) einheitlich von der Summe der Einnahmen aus nichtselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit abzuziehen, auch wenn Sozialversicherungspflicht nur für die nichtselbstständige Erwerbstätigkeit bestanden habe. Dagegen erhob der Kläger am 8.11.2013 Klage zum Sozialgericht Freiburg.
Der Kläger trägt insbesondere vor, er habe im Bemessungszeitraum ein Einkommen aus abhängiger Beschäftigung von 36.753,84 € (nach Abzug des Arbeitnehmerpauschbetrages) erzielt, aus der selbstständigen Tätigkeit einen Gewinn von 4136 €. Aus dem hieraus errechneten monatlichen Durchschnitt von 3407,57 € habe die Beklagte entsprechend § 2e BEEG Abzüge für Steuern von 662,35 € und pauschale Sozialabgaben von 733,09 € nach § 2f BEEG abgezogen. Der pauschalierte Abzug dürfe allerdings nur aus dem Einkommen aus abhängiger Beschäftigung und damit in Höhe von lediglich 660,71 € erfolgen. Denn gemäß § 2f Abs. 2 BEEG seien für den fiktiven Abzug von Sozialabgaben Einkünfte aus Beschäftigungen im Sinne von § 8 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB IV) nicht zu berücksichtigen. Bei dem Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit in Höhe von monatlich lediglich 344,66 € handele es sich aber um Einkünfte im Sinne des § 8 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 SGB IV. Zwar beschränke sich der unmittelbare Anwendungsbereich der Vorschrift im Rahmen des SGB IV naturgemäß auf Selbstständige, die ansonsten der Versicherungspflicht unterliegen würden, denn dort werde die Geringfügigkeit nur für die Befreiung von der Versicherungspflicht relevant. Hieraus könne aber nicht auf den Anwendungsbereich von § 2f Abs. 3 S. 2 BEEG geschlossen werden, der ohne Einschränkung auf die Legaldefinition des § 8 SGB IV verweise. Eine unterschiedliche Behandlung versicherungspflichtiger und nicht versicherungspflichtiger Selbstständiger mit geringfügigen Einkünften im Rahmen der Elterngeldberechnung sei auch vor dem Hintergrund des Gesetzeszwecks nicht zu rechtfertigen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16.8.2013 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 18.9.2013 und des Widerspruchsbescheids vom 23.10.2013 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Elterngeld für den 1. und 13. Lebensmonat seines am 31.5.2013 geborenen Kindes ohne den Abzug fiktiver Sozialabgaben von den Einkünften des Klägers aus selbstständiger Tätigkeit im Bemessungszeitraum vor der Geburt zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, § 8 Abs. 3 SGB IV gelte nicht für jede selbstständige Tätigkeit, sondern lediglich für solche, die der Versicherungspflicht unterliegen, etwa nach § 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) oder § 28a Abs. 1 Nr. 2 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III). Da § 8 SGB IV daher von vornherein für ihn nicht zur Anwendung komme, könne der Kläger auch im Rahmen des BEEG nicht hiervon profitieren.
Die den Kläger betreffenden Teile der Verwaltungsakte der Beklagten (Antrag Nr. X., Bl. 1 bis 293) lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfa...