Entscheidungsstichwort (Thema)
Kfz-Steuer. Kfz-Versicherung. abweichender Bedarf. Merkzeichen G. Sozialhilfe. Grundsicherung bei Erwerbsminderung. Übernahme von Kfz-Steuer und Kfz-Versicherung als abweichender Bedarf nur in besonderen Fällen
Leitsatz (amtlich)
Das Vorliegen eines Merkzeichen G führt nur in besonderen Fällen zur Übernahme von Kfz-Versicherung und Kfz-Steuern als abweichendem Bedarf nach § 30 Abs. 1 SGB XII.
Orientierungssatz
Eine Übernahme der Kfz-Kosten kommt in Betracht, wenn ein Leistungsempfänger aus zwingenden Gründen auf einen PKW angewiesen ist und dies nicht lediglich eine Erleichterung des täglichen Lebens bedeutet.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Übernahme der Kfz-Versicherungsbeiträge und der Kfz-Steuer durch den Beklagten.
Der 1936 geborene Kläger erhält neben seiner Rente vom beklagten Landkreis ergänzend Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Mit Bescheid vom 16.06.2005 wurden dem Kläger ab dem 01.02.2005 Leistungen nach dem SGB XII in Höhe von monatlich 77,51 € bewilligt. Bei der Bedarfsberechnung wurde ein Mehrbedarf aufgrund Merkzeichen G in Höhe von 58,65 € monatlich nach § 30 SGB XII berücksichtigt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger durch seinen Bevollmächtigten mit Schreiben vom 07.07.2005 Widerspruch ein. Er sei aufgrund seiner Gehbehinderung auf sein Fahrzeug angewiesen. Die Jahresprämie der Versicherung betrage 1.396,40 €, die Steuer 151,00 €, so dass monatlich ca. 150,00 € an PKW-Kosten entstünden. In dieser Höhe müsse der Bedarf nach § 30 SGB XII abweichend festgesetzt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Da die Leistungsempfänger nach dem 4. Kapitel des SGB XII überdurchschnittlich häufig in ihrer Gehfähigkeit eingeschränkt seien, sei in § 30 Abs. 1 SGB XII ein pauschalierter Mehrbedarf für Leistungsempfänger über 65 Jahren mit dem Merkzeichen G vorgesehen. Abweichungen kämen nur in atypischen Einzelfällen in Betracht, die beim Kläger nicht gegeben seien. In unmittelbarer Nähe der Wohnung befände sich eine Bushaltestelle, zudem könne der Kläger öffentliche Verkehrsmittel aufgrund des Merkzeichen G kostenlos nutzen.
Daraufhin erhob der Kläger am 10.02.2006 Klage zum Sozialgericht Freiburg. Durch seinen Prozessbevollmächtigten führte er aus, dass sämtliche näheren Bushaltestellen mehr als 500m Fußweg von der Wohnung entfernt seien. Diese Strecke könne er nicht mehr zurücklegen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid vom 16.06.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2006 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für die Zeit vom 01.02.2005 bis 30.06.2005 Leistungen nach dem SGB XII unter Übernahme der Kfz-Versicherungsbeiträge sowie der Kfz-Steuer zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsbescheid.
Mit Änderungsbescheid vom 09.11.2005 wurden aufgrund einer Rentenänderung und Mieterhöhung Leistungen in Höhe von 80,62 € monatlich für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.08.2005 und in Höhe von 90,62 € für die Zeit vom 01.09.2005 bis 30.06.2006 bewilligt. Mit Änderungsbescheid vom 20.02.2006 wurden für die Zeit vom 01.01.2006 bis 31.01.2006 Leistungen in Höhe von 0,00 € und vom 01.02.2006 bis 30.06.2006 in Höhe von 90,62 € monatlich bewilligt, da der Kläger im Januar 2006 aufgrund einer Erbschaft keinen Anspruch auf Leistungen habe.
Gegen den Bescheid vom 20.02.2006 legte der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 28.03.2006 Widerspruch ein und verwies auf das vorliegende Klageverfahren. Mit Widerspruchsbescheid vom 30.11.2006 wies der Beklagte den Widerspruch wegen Verfristung als unzulässig zurück.
Mit Bescheid vom 06.04.2006 stellte der Beklagte die Leistungsgewährung zum 28.02.2006 ein, da der Kläger aufgrund einer Erbschaft und Zahlung aus einer Unfallversicherung über Vermögen verfüge, welches die Freigrenze übersteige.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Verfahrens sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 4 SGG statthaft. Die Klage ist aber nicht begründet.
Streitgegenstand ist nur noch der Zeitraum vom 01.02.2005 bis 30.06.2005, nachdem die Leistungsgewährung zum 28.02.2006 eingestellt und die Leistungsbescheide vom 09.11.2005 und 20.02.2006 mit denen Leistungen ab dem 01.07.2005 gewährt wurden, bestandskräftig sind.
Nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII in der im streitigen Zeitraum gültigen Fassung wird Personen, die das 65. Lebensjahr vollendet haben und einen Ausweis nach § 69 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) mit dem Merkzeichen G besitzen, ein Mehrbedarf von 17 vom Hundert...