Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Vergütungszuschläge für zusätzliche Betreuung und Aktivierung in stationären Pflegeeinrichtungen. Pflegeleistungen. Zusammentreffen mit Entschädigungsleistungen (hier: Pflegegeld) nach dem SGB 7. Auslegung der Ruhensregelung des § 34 Abs 1 Nr 2 SGB 11. keine Differenzierung, dass die Ruhenswirkung nur begrenzt ist, soweit die Pflegebedürftigkeit auf die Unfallfolgen zurückzuführen ist
Leitsatz (amtlich)
1. Die Trägerin einer Pflegeeinrichtung hat gegen die gesetzliche Pflegeversicherung keinen Anspruch auf Vergütungszuschläge nach § 87b SGB XI bzw § 43b SGB XI iVm § 84 Abs 8 SGB XI für eine Versicherte, bei der aufgrund eines Sturzes Pflegebedürftigkeit bestand und deren Alltagskompetenz eingeschränkt war bzw die der zusätzlichen Betreuung und Aktivierung bedurfte, wenn das der Versicherten von der gesetzlichen Unfallversicherung gewährte Pflegegeld nach § 44 SGB VII die von der Pflegeversicherung zu gewährenden Leistungen der Höhe nach überschritt.
2. Nach § 34 Abs 1 Nr 2 SGB XI ruhen in diesem Fall die von der gesetzlichen Pflegeversicherung zu erbringenden Leistungen in voller Höhe. Eine Differenzierung, dass die Ruhenswirkung nur begrenzt ist, soweit die Pflegebedürftigkeit auf die Unfallfolgen zurückzuführen ist, sehen weder der Wortlaut, noch Sinn und Zweck der Vorschrift vor. § 34 Abs 1 Nr 2 SGB XI trifft nur eine Ruhensregelung, die sicherstellen soll, dass der Pflegebedürftige die höchste, ihm zustehende Leistung erhält.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wesentlichen darüber, ob die beklagte Pflegekasse an die Klägerin Vergütungszuschläge nach §§ 87b, 43b und 84 Abs. 8 des Elften Buchs des Sozialgesetzbuchs - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) für die Zeit von August 2013 bis Oktober 2017 zu entrichten hat.
Die Klägerin ist Trägerin der stationären Pflegeeinrichtung „Das E.“ in B.-P.. Die Beklagte ist die gesetzliche Pflegeversicherung der 1926 geborenen und im Oktober 2017 verstorbenen Versicherten M. K. (infolge: Versicherte). Die Beigeladene ist die Unfallversicherung.
Die Versicherte erlitt im Patientenzimmer des M. Klinikums in B. am 6. Dezember 2009 während eines stationären Aufenthalts eine mediale Schenkelhalsfraktur links, die operativ behandelt worden ist. An den stationären Aufenthalt schloss sich eine Kurzzeitpflege vom 20. Januar bis 16. Februar 2010 im SBE gGmbH, Haus E. Blick, Bie., an.
Vor dem Unfall lebte die Versicherte alleine und versorgte sich selbst.
Mit Wirkung zum 22. März 2020 schloss die Versicherte mit der Klägerin einen Heimvertrag mit der Einrichtung „Das E.“ in B. ab.
Nach dem Unfall stellte die Beklagte Pflegebedürftigkeit nach Pflegestufe I sowie weiter fest, dass die Alltagskompetenz eingeschränkt sei. Nach dem Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2016 lag Pflegebedürftigkeit nach Pflegegrad 3 ab 1. Januar 2017 vor.
Nach dem Bescheid der Beigeladenen vom 26. Mai 2010 übernahm diese für die Versicherte für die Zeit der Hilflosigkeit aufgrund des Versicherungsfalles vom 6. Dezember 2009 die Kosten der Heimunterbringung (Regelunterbringung) gemäß Antrag vom 19. März 2010 im Pflegeheim E. Blick in Bie. und für die Zeit vom 20. Januar 2010 bis 22. März 2010 und ab dem 22. März 2010 im Pflegeheim „Das E.“ in B. entsprechend Pflegestufe I ab dem Tag der Aufnahme. Der Anspruch gründe auf § 44 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII). Hilflosigkeit liege seit dem Entlassungstag aus der stationären Behandlung vom 18. Januar 2010 vor.Vor dem Unfall habe die Versicherte alleine gelebt und sich selbst versorgt. Durch den Unfall und dessen Folgen sei die häusliche Versorgung auch mit Unterstützung eines ambulanten Pflegedienstes nicht mehr sichergestellt.
Die Beigeladene zahlte im Jahr 2014 in Monaten mit 30 Pflegetagen 2.488,50 € und in Monaten mit 31 Pflegetagen 2.571,45 €, in der Folgezeit jedoch mindestens 2.000,00 € pro Monat.
Am 10. November 2014 teilte die Klägerin der Beklagten mit, die Pflegeleistungen für die Versicherte würden ab August 2013 von der Beigeladenen übernommen, nicht aber die Leistung nach § 87b SGB XI. Diese seien von den Pflegekassen als alleiniger Kostenträger zu übernehmen. Man bitte um Prüfung.
Am 12. Februar 2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 SGB XI ruhe der Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung, soweit Versicherte Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhielten. Die Versicherte habe grundsätzlich einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XI in Höhe von derzeit insgesamt 1.179,60 € (Pflegestufe I: 1.064,00 € sowie monatliche Vergütungszuschläge in Höhe von 115,60 €). Da die Entschädigungsleistungen des Unfallversicherungsträgers regelmäßig diesen Betrag überstiegen, ruhten die Leistungen nach dem SGB XI in voller Höhe. Eine zusätzliche Zahlung des Vergütungszuschlages sei nicht möglich.
Die B...