Entscheidungsstichwort (Thema)
Ambulante Notfallbehandlung. unterschiedliche Vergütung zwischen Krankenhäusern und niedergelassenen Ärzten. Ungleichbehandlung
Orientierungssatz
Die Regelungen zur Vergütung der Leistungen im ambulanten Notfalldienst der Krankenhäuser im EBM 2000 plus stellen wegen der Ungleichbehandlung gegenüber dem organisierten Notfalldienst der niedergelassenen Ärzte einen Verstoß gegen Art 3 Abs 1 GG dar.
Nachgehend
Tenor
1.
Die Beklagte wird verpflichtet, unter Abänderung der Honorarbescheide der Beklagten vom 25.10.2006, 25.01.2007 und 25.04.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 28.06.2007, über die Honoraransprüche der Klägerin für die Notfallbehandlung für die Quartale 2-4/2006 von GKV-Patienten unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Gerichtes neu zu entscheiden.
2.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die von der Beklagten vorgenommene Vergütung von Notfallbehandlungen für die Quartale 2/2006 bis 4/2006.
Die Klägerin betreibt in S eine Klinik.
Sie nimmt dabei als sog. "Anderer Arzt" i.S.v. § 76 Abs. 1 Satz 3 SGB V durch die Betreibung von klinikinternen Notfallambulanzen an der vertragsärztlichen Versorgung teil.
Im Rahmen der Behandlung von Notfallpatienten hatte sie die GOP 01210 EBM 2000plus zur Abrechnung gebracht.
Mit den streitgegenständlichen Honorarbescheiden der Beklagten wurde der Klägerin mitgeteilt, dass die GOP 01210 EBM 2000plus von der Honorierung ausgeschlossen wurde. Als Begründung wurde angeführt, dass die betr. Ziffer nur im organisierten Notfalldienst abgerechnet werden könne. Die Klägerin wurde weiterhin darauf hingewiesen, dass lediglich die GOP 01218 EBM 2000plus berechnungsfähig sei. Die von der Klägerin zur Abrechnung gebrachten GOP 01210 EBM 2000plus wurden durch die Beklagte jeweils in die GOP 01218 EBM 2000plus umgewandelt.
Hiergegen hat die Klägerin jeweils fristgerecht Widerspruch erhoben. Sie trägt sinngemäß vor, die abgesetzte Ziffer sei für sie sehr wohl berechnungsfähig. Verwiesen wird insoweit auf das Urteil des 6. Senats des Bundessozialgerichts vom 06.09.2006, Az.: B 6 KA 31/05 R, welches besage, dass eine Klinikambulanz bei der Behandlung von Notfällen nicht schlechter gestellt werden dürfe als ein Vertragsarzt.
Die Beklagte wies die Widersprüche durch Bescheid vom 28.6.2007 zurück.
Zur Begründung führte sie aus, bereits aus der Leistungslegende der GOP 01210 ergebe sich, dass die vorgenannte Gebührenordnungsposition aus Sicht einer Klinik nicht berechnungsfähig sei. Der organisierte Notfalldienst sei definiert in § 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 der am 01.03.2005 in Kraft getretenen Notfalldienstordnung der Ärztekammer des Saarlandes und der Kassenärztlichen Vereinigung Saarland. Verpflichtet zur Teilnahme seien jedoch nur niedergelassene Ärzte; Klinikambulanzen oder ermächtigte Ärzte würden am organisierten Notfalldienst nicht teilnehmen.
Dieses Ergebnis ergebe sich aber auch im Zusammenhang mit der Leistungslegende der GOP 01218 EBM 2000plus. Würde man eine Berechnungsfähigkeit der GOP 01210 EBM 2000plus zu Gunsten der Kliniken, Klinikambulanzen und Institute bejahen, wäre die GOP 01218 EBM 2000plus, in deren Leistungslegende Institute und Krankenhäuser explizit genannt seien, gänzlich überflüssig.
Für die Auslegung vertragsärztlicher Vergütungsbestimmungen sei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich. Dies gründe sich zum einen darauf, dass das vertragliche Regelwerk dem Ausgleich der unterschiedlichen Interessen von Ärzten und Krankenkassen diene und es vorrangig Aufgabe des Bewertungsausschusses selbst sei, Unklarheiten zu beseitigen (vgl. BSG SozR 4-2500 § 87 Nr. 5 Rdnr. 11 mwN; SozR 4-5533 Nr 273 Nr 1 RdNr 7; SozR 4-2500 § 87 Nr 10 RdNr 10) . Zum anderen folge die primäre Bindung an den Wortlaut aus dem Gesamtkonzept des EBM-Ä als einer abschließenden Regelung, die keine Ergänzung oder Lückenfüllung durch Rückgriff auf andere Leistungsverzeichnisse bzw. Gebührenordnungen oder durch analoge Anwendung zulasse. Nur soweit der Wortlaut eines Leistungstatbestandes zweifelhaft sei und es seiner Klarstellung diene, sei Raum für eine systematische Interpretation im Sinne einer Gesamtschau der in innerem Zusammenhang stehenden vergleichbaren oder ähnlichen Gebührenregelungen. Eine entstehungsgeschichtliche Auslegung komme ebenfalls nur bei unklaren oder mehrdeutigen Regelungen in Betracht und könne nur anhand von Dokumenten erfolgen, in denen die Urheber der Bestimmungen diese in der Zeit ihrer Entstehung selbst erläutert hätten (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 mwN und Nr 10 RdNr 10, jeweils mwN) . Leistungsbeschreibungen dürften weder ausdehnend ausgelegt noch analog angewendet werden (BSG SozR 4-2500 § 87 Nr 5 RdNr 11 mwN; SozR 4-5533 Nr 273 Nr 1 RdNr 7; SozR 4-55...