Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen des Wiederauflebens einer abgefundenen Unfallrente - Anforderungen an eine als wesentlich geltende Verschlimmerung
Orientierungssatz
1. Das Wiederaufleben einer auf Lebenszeit abgefundenen 20%-igenUnfallrente ist nach § 76 Abs. 3 SGB 7 ausgeschlossen, wenn nicht eine als wesentlich geltende Verschlimmerung um mindestens 10 %, also von insgesamt 30 %, nachgewiesen ist.
2. Dies ist zu verneinen, wenn die unfallbedingte MdE mit 25 % zu bewerten ist.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um das Wiederaufleben einer abgefundenen Unfallrente.
Der im Jahre 1948 geborene Kläger erlitt am 07.10.1974 einen Arbeitsunfall, als ihm eine Kombizange gegen das rechte Auge schlug. Wegen Linsenlosigkeit nach perforierender Verletzung des rechten Auges gewährte die Beklagte dem Kläger aufgrund eines augenärztlichen Gutachtens von Dr. S. vom 01.02.1977 durch Bescheid vom 23.02.1077 ab 22.10.1974 eine Rente nach einer MdE von 20 v. H., die im Jahre 1985 abgefunden wurde.
Am 07.06.2011 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Überprüfung gemäß § 44 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) mit der Begründung, dass die damalige Festsetzung falsch gewesen sei. Die MdE habe 30 v. H. statt 20 v. H. betragen müssen, da er auf dem rechten Auge blind sei. Vorsorglich stellte er auch einen Verschlimmerungsantrag gemäß § 48 Abs. 1 SGB X, § 73 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung- (SGB VII) mit der Begründung, dass sich die Sehfähigkeit des rechten Auges zusätzlich seit 1985 laufend verschlechtert habe. Die Beklagte zog daraufhin ein augenärztliches Gutachten des Facharztes für Augenheilkunde Q vom 20.07.2012 bei. Darin meinte dieser, die Folgen des Unfalls vom 07.10.1974 bedingten eine MdE von 25 %. Die bestmögliche, im Alltag nutzbare Sehschärfe liege bei 1/50 in 1m. Eine Kontaktlinse oder Brillenkorrektur sei nicht verträglich. Es bestehe funktionelle Einäugigkeit. Die Blendungsempfindlichkeit sei erhöht. Ein sekundäres Schielen sei neu aufgetreten. Da die MdE nicht höher als beim Verlust des Auges sein könne, betrage sie 25 v. H. (Die Sehminderung des linken Auges durch den Grauen Star sei nicht die Folge des Unfalles und fließe somit nicht in die Beurteilung ein). Durch Bescheid vom 16.08.2012 lehnte die Beklagte sowohl die Rücknahme des ursprünglichen Rentenbescheides vom 23.02.1977 nach § 44 SGB X als auch die Annahme einer Verschlimmerung ab. Sie meinte, die Minderung der Erwerbsfähigkeit wegen der Unfallfolgen sei damals zutreffend mit 20 v. H. eingeschätzt worden. Die dem Bescheid vom 23.02.1977 zugrunde liegenden Verhältnisse hätten sich ausweislich des von ihr beigezogenen augenärztlichen Gutachtens auch nicht wesentlich geändert,
Gegen den Bescheid legte der Kläger am 22.08.2012 Widerspruch ein und machte geltend, dass die MdE mindestens 30 v. H. betragen müsse wegen der eingetretenen Komplikationen. Am 05.12.2012 wies der Widerspruchsauschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück. Im Widerspruchsbescheid wurde zur Begründung ausgeführt, weder sei die MdE im Bescheid vom 23.02.1977 unzutreffend bewertet worden noch sei zwischenzeitlich eine Verschlimmerung der Unfallfolgen eingetreten.
Mit seiner am 14.12.2012 erhobenen Klage hat der Kläger das Wiederaufleben der Verletztenrente gemäß § 76 Abs. 3 SBG VII unter Zugrundelegung einer Verschlimmerung der MdE von 20 v. H. auf 30 v.H. begehrt.
Das Gericht hat ein augenärztliches Gutachten von Dr. U. vom 30.04.2013 eingeholt. Daraufhin hat der Kläger am 07.06.2013 "zunächst weiter hilfsweise" begehrt, ihm eine Verletztenrente nach dem nicht abgefundenen Teil von 5 v. H. rückwirkend ab dem 01.01.2007 zu zahlen.
Er beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 16.08.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.12.2012 zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach Wiederaufleben gemäß § 76 Abs. 3 SGB VII unter Zugrundelegung einer Verschlimmerung der MdE in Höhe von 20 v. H. auf 40 v. H. nach näherer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen sowie weiter hilfsweise die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 23.02.1977 und 16.08.2012 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 05.12.2012 zu verurteilen, ihm eine Verletztenrente nach dem nicht abgefundenen Teil von 5 v. H. rückwirkend ab dem 01.01.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen des augenärztlichen Gutachtens von Dr. U. vom 30.04.2013 wird wie auch wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakten sowie die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nur bezüglich des vom Kläger gestellten Antrags auf Wiederaufleben der Rente zulässig, insoweit aber nicht begrün...