Nachgehend

BSG (Beschluss vom 19.03.2018; Aktenzeichen B 2 U 2/18 B)

 

Tenor

Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 07.12.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2011 verurteilt, dem Kläger Entschädigungsleistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen für eine Berufserkrankung nach Ziffer 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung zu gewähren.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen erstattungsfähigen Kosten des Klägers zu tragen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Anerkennung um Entschädigung einer Berufserkrankung (BK) nach den Ziffern 2108 und 2109 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).

Der 1948 geborene Kläger war als selbständiger Unternehmer bei der Beklagten versichert. Er betreibt eine Schlosserei. Aufgrund seiner Rückenerkrankung beantragte er bei der Beklagten die Anerkennung der BK nach den Ziffern 2108 und 2109. Die Beklagte leitete ein entsprechendes bg-liches Ermittlungsverfahren ein. In der Arbeitsplatzexposition führte der Diplom-Wirtschaftsingenieur Q. M. von der Fachstelle Ergonomie vom 26.05.2010 aus, dass der Kläger während seines Berufslebens in der Werkstatt Stahlbaukonstruktionen gefertigt und bei den Kunden eingesetzt habe. Es handele sich um Treppen, Podeste, Geländer, Balkonanbauten, Bodenabweiser, Regale, Garagentore, Gitter, Tore usw. Sein Aufgabenbereich habe darin bestanden, Material zum Fertigungsplatz heranzuschaffen, zu Trennen, Bohren und zu Schleifen, Auszurichten, Zusammenzufügen und zu Heften, Schweißen und Nachbararbeitung durchzuführen, gefertigte Werkstücke auf eine Kfz/Lkw-Ladefläche zu verladen und Teile auf der Baustelle zu montieren. Dabei habe er Hebetätigkeiten verschiedener Teile ausgeführt wie z. B. Kopfplatten, Profile, Bleche, Gitterrosten, Rohren etc. Die Anzahl der manuellen Lastenhandhabung sei unterschiedlich gewesen. An manchen Tagen habe der Kläger 20 Teile je Schicht gehoben, an anderen Tagen überwiegend Heft- und Schweißarbeiten vorgenommen und keine nennenswerten Hebetätigkeiten ausgeführt. Der Kläger habe beschrieben, dass er gemeinsam mit vier Mann einen Profilträger HEB 200 (6,4 m lang, 380 kg schwer) vom LKW abgeladen und in eine Garage geschafft habe. Weiter Beispiele seien U 200, Balkongeländer 150 kg mit Seiten auf einen Balkon hochzuziehen, Anheben einer Gasflasche auf das Grundblech der Schweißmaschine. Nennenswerte Lasten auf den Schultern im Sinne der BK 2109 habe der Kläger nicht getragen. Die Berechnung sei nach den Vorgaben des BSG-Urteils vom 31.10.2007 zur Gesamtdosis von 12,5 x 106 Nh und zur Druckkraft 2,7 x 103 B ohne Berücksichtigung der Tagesdosis erfolgt. Die Berechnung nach dem MDD-Verfahren habe eine Gesamtdosis von 13,2 x 106 Nh ergeben. Belastungen nach der BK 2109 sei der Kläger danach nicht ausgesetzt gewesen. Hinsichtlich der BK nach der Ziffer 2108 gab die Beklagte ein Zusammenhangsgutachten durch die Leitende Ärztin Dr. S. N., C. in Bochum, in Auftrag. In ihrem Gutachten vom 25.10.2010 führte diese aus, dass aufgrund des Verteilungsmusters der degenerativen Veränderung im Bereich der Wirbelsäule eine Anerkennung der BK 2108 abzulehnen sei, da bei einer beruflich bedingten lumbalen Bandscheibenerkrankung auch hier der bevorzugte Ort der Degeneration sein müsste. Klinisch ergäben sich keine Anhaltspunkte für eine lumbale bandscheibenbedingte Erkrankung. Die Sensibilitätsstörung im Bereich der rechten Oberschenkelaußenvorderseite sei auf eine Schädigung des Nervus cutanaeus femoris lateralis zu beziehen in Folge der Adipositas.

Mit Bescheid vom 07.12.2010 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung einer BK und die Gewährung von Entschädigungsleistungen ab. Es liege weder eine BK nach Nr. 2108 noch nach der Nr. 2109 vor. Den dagegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies sie mit Bescheid vom 12.05.2011 als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 06.06.2011 Klage vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben.

Der Kläger ist der Auffassung, dass bei ihm sowohl von einer BK nach Nr. 2108 als auch 2109 ausgegangen werden müsse.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 07.12.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.05.2011 zu verurteilen, ihm Entschädigungsleistungen für eine Berufserkrankung nach der Ziffer 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bezieht sich im Wesentlichen auf die Gründe ihrer angefochtenen Bescheide.

Das Gericht hat ein Gutachten von Amts wegen gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Prof. Dr. X., Arzt für Orthopädie des St. F. in Herten, eingeholt. In seinem Gutachten vom 26.08.2011 ist dieser zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger aufgrund seiner bandscheibenbedingten Erkrankung seine bisherige Tätigkeit habe aufgeben müssen. Dieser Zwang habe schon im Frühjahr 2010 bestanden. Die Wirbelkörper L 4 bis S 1 und dazwischenliegende Bandscheiben L4/5 und L5/S1 zeigten in der bildgebenden Diagnostik eine über das altersübliche Ausmaß hinausgehende Ve...

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