Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Arbeitsunfall. sachlicher Zusammenhang. versicherte Tätigkeit laut Arbeitsvertrag: Bewirtschaftung vermieteter Zimmer. Tätigkeiten im Innenbereich. gemischte Tätigkeit. Laubfegen im Außenbereich
Orientierungssatz
Beschränkt sich die versicherte Tätigkeit bzw arbeitsvertragliche Pflicht der Ehefrau auf die ordnungsgemäße Bewirtschaftung vermieteter Zimmer im mitbewohnten Zweifamilienhaus des Ehemannes, hat sich der Unfall aber beim Laubfegen im Außenbereich ereignet, so steht dieser grundsätzlich nicht unter Unfallversicherungsschutz. Das Laubfegen ist zumindest auch gemischte Tätigkeit, wenn dieser Außenbereich nicht nur dem Zugang der gewerblichen Räume dient, sondern gleichzeitig auch Außenbereich für die Wohnräume der Klägerin ist.
Tenor
1) Die Klage wird abgewiesen.
2) Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten wegen der Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Die 1960 geborene Klägerin wohnt mit ihrem Ehemann in einem Ein- bis Zweifamilienhaus in A-Stadt, das im Alleineigentum des Ehemannes steht. Neben der Wohnung der Klägerin und ihres Ehemannes befinden sich in dem Haus weitere Räume, die gewerblich vermietet werden (sogenannte: "Monteurszimmer"). In einem Internetauftritt firmieren die Eheleute als gemeinsame Vermieter, tatsächlich wurde zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann ein Arbeitsvertrag geschlossen, den die Beklagte im Verwaltungsverfahren beigezogen hat. Dieser Arbeitsvertrag beinhaltet folgende Tätigkeitsvereinbarung:
"§ 3
Die Arbeitnehmerin ist verpflichtet, die vermieteten Räumlichkeiten zu reinigen und Betten herzurichten."
Am 09.11.2015 sammelte die Klägerin auf dem Grundstück des Hauses, insbesondere im Bereich des Eingangs, Laub auf, dabei rutschte sie aus. Der Durchgangsarzt Dr. C. diagnostizierte am selben Tag eine Sprunggelenksfraktur. Nach Eingang des Durchgangsarztberichtes ermittelte die Beklagte zum Versicherungsschutz. Mit Bescheid vom 07.12.2015 lehnte sie die Gewährung von Entschädigungsleistungen mit der Begründung ab, es liege kein Arbeitsunfall vor. Der Sturz habe sich nicht bei der versicherten Tätigkeit zugetragen. Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein, fügte eine Bescheinigung des Steuerberaters zum Nachweis der versicherten Tätigkeit, eine Steuererklärung für das Jahr 2011/2012 und Grundrisszeichnungen des Hauses bei. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.03.2016 zurück.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 29.03.2016 beim Sozialgericht Gießen eingegangenen Klage. Zur Begründung führt sie aus, sie habe aufgrund des Arbeitsvertrages mehr Tätigkeiten auszuführen gehabt, als in § 3 des Arbeitsvertrages beschrieben. Das Arbeitsverhältnis selbst sei nachgewiesen und ihr Ehemann als Arbeitgeber sei auch regelmäßig seinen Abgabepflichten nachgekommen. Insoweit bezieht sie sich auf die Einkommensteuerbescheide der Eheleute für die Jahre 2013 und 2014, die sie vorgelegt hat.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 07.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.03.2016 zu verurteilen, das Ereignis vom 09.11.2015 als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie insbesondere darauf, dass eine abhängige Beschäftigung nicht im Vollbeweis gesichert sei. Schließlich habe die Klägerin zusammen mit ihrem Ehemann im Internet als Vermieterin firmiert. Im Übrigen sei das Ereignis aber auch nicht durch die im Arbeitsvertrag beschriebene Tätigkeit gedeckt.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Klage- und Verwaltungsakte der Beklagten über die Klägerin Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2018 gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die form- und insbesondere fristgerecht erhobene Klage ist zulässig.
Sachlich ist die Klage unbegründet. Zu Recht hat die Beklagte mit Bescheid vom 07.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.03.2016 die Anerkennung eines Arbeitsunfalls abgelehnt, denn das Ereignis vom 09.11.2015 hat sich nicht bei einer versicherten Tätigkeit ereignet.
Nach § 8 Abs. 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; Satz 1). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Satz 2). Für einen Arbeitsunfall eines Versicherten ist danach im Regelfall erforderlich, dass seine Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursach...