Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Kostenerstattung. örtlich zuständiger Leistungsträger. gewöhnlicher Aufenthalt. Unterbrechung der Leistungsverpflichtung. keine Änderung der örtlichen Zuständigkeit. abschließende Regelung. Spezialvorschrift des § 10a Abs 2 AsylbLG. keine Unzuständigkeit gem § 105 SGB 10
Leitsatz (amtlich)
1. § 10a Abs 2 S 3 AsylbLG regelt auch den Fall, dass ein gewöhnlicher Aufenthalt nicht bestand. Die vorläufige Leistungspflicht wird dann zu einer endgültigen Leistungspflicht.
2. Der Verweis auf § 10a Abs 1 AsylbLG in § 10a Abs 2 S 3 AsylbLG führt nicht dazu, dass Unterbrechungen der Leistungsverpflichtung, die nicht auf einer Unterbrechung des Einrichtungsaufenthaltes beruhen, zu einer Änderung der örtlichen Zuständigkeit führen.
Orientierungssatz
1. § 10a Abs 1 und 2 AsylbLG regeln die örtliche Zuständigkeit für alle Leistungsfälle abschließend. § 10a Abs 2 AsylbLG enthält eine Spezialvorschrift für die örtliche Zuständigkeit bei Leistungen in Einrichtungen.
2. Kann nicht ermittelt werden ob und wo der gewöhnliche Aufenthalt vor Aufnahme in eine Einrichtung begründet worden ist, so bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach § 10a Abs 2 S 3 AsylbLG.
3. Ergibt sich die Zuständigkeit aus § 10a Abs 2 S 3 AsylbLG, so ist keine Unzuständigkeit nach § 105 SGB 10 gegeben.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Leistungen im Zeitraum von Februar 2006 bis Januar 2007.
Der Kläger erbrachte im streitgegenständlichen Zeitraum Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für ein geistig und körperlich schwer behindertes Kind. Dieses Kind wurde am 17.10.2003 in XY. ausgesetzt; sein Name, Identität, Alter etc sind unbekannt und konnten aufgrund seiner Behinderung nicht ermittelt werden. Auch sonstige Ermittlungen der Polizei in Form von Zeugenbefragungen etc erbrachten keine Erkenntnisse. Er war vom 17.10.2003 bis 27.10.2003 in SS. in einer Einrichtung untergebracht und von dort wechselte er in eine Einrichtung nach A-Stadt, in der er weiterhin lebt. Er hat zur Zeit eine bis 2010 gültige Aufenthaltserlaubnis. Das Jugendamt der Beklagten wurde am 06.04.2004 zum Vormund bestellt. Es war zunächst eine Duldung bis zum 11.07.2004 ausgestellt worden, während deren Geltung der Kläger Leistungen nach dem AsylbLG erbrachte. Im Zeitraum vom 12.07.2004 bis 31.07.2006 hatte die Beklagte eine Aufenthaltsbefugnis erteilt, so dass der Landeswohlfahrtverband Eingliederungshilfeleistungen erbrachte. Der Landeswohlfahrtsverband stellte die Leistungen ein, nachdem eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wurde zum 31.01.2006. Der Kläger zahlte daraufhin aufgrund eines Eilverfahrens der Beklagten als Vormund für den Hilfeempfänger die Kosten der Unterbringung im streitgegenständlichen Zeitraum. Der Kläger forderte die Beklagte mit Schreiben vom 04.04.2006 und 10.10.2007 auf, die entstandenen Kosten zu übernehmen. Die Beklagte lehnte eine Kostenerstattung ab.
Der Kläger hat am 11.09.2008 Klage vor dem Sozialgericht Gießen erhoben.
Der Kläger ist der Ansicht, dass ein Kostenerstattungsanspruch sich aus § 105 SGB X iVm § 9 Abs. 3 AsylbLG ergebe. Nach § 10a AsylbLG sei die Beklagte örtlich zuständig, da der Hilfeempfänger sich in ihrem Zuständigkeitsbereich aufhalte. Es sei zwar zunächst die örtliche Zuständigkeit des Klägers gegeben gewesen, da der Hilfeempfänger in XY. ausgesetzt worden sei. Danach sei aber durch die Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis die Zuständigkeit des LWV gegeben gewesen. Der Hilfeempfänger sei erst mit Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufenthaltsG erneut leistungsberechtigt nach dem AsylbLG geworden und für diese Leistungen sei die Beklagte zuständig. Es sei wiederum kein gewöhnlicher Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Klägers begründet worden. Im streitgegenständlichen Zeitraum seien Leistungen in Höhe von 56.568,12 Euro erbracht worden.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn für den Zeitraum von Februar 2006 bis Januar 2007 56.568,12 Euro nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass eine Erstattung nur in Betracht kommen würde, wenn vor Aufnahme in die Einrichtung ein gewöhnlicher Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich der Beklagten begründet worden wäre, was nicht der Fall ist. Daher bleibe die Zuständigkeit des Klägers bestehen.
Es wird zum weiteren Sach-und Streitstand auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung der von ihm erbrachten Leistungen für den Zeitraum von Februar 2006 bis Januar 2007.
Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 105 Sozialgesetzbuch -Zehntes Buch (SGB X).
Nach § 105 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist der zust...