Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Kostenübernahmeanspruch. gerichtlich angeordnete Betreuung. keine Abgeltung durch Verletztenrente nach einer MdE von 100 vH
Leitsatz (amtlich)
1. Der Unfallversicherungsträger hat dem Verletzten Kosten einer notwendigen, angeordneten Betreuung nach § 39 Abs 1 Nr 2 SGB 7 zu erstatten, wenn die Betreuung kausal auf die Unfallfolgen zurückzuführen ist.
2. Betreuungskosten sind nicht pauschal mit der Gewährung einer Verletztenrente nach den §§ 56ff SGB 7 abgegolten, selbst wenn es sich dabei um eine Rente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 vH handelt.
Tenor
1. Unter Aufhebung des Bescheides vom 13.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.11.2004 wird die Beklagte verurteilt, die dem Kläger aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Wetzlar vom 18.12.2002 entstehenden Betreuungskosten dem Grunde nach zu übernehmen.
2. Die Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten wegen der Übernahme von Kosten für eine gesetzlich angeordnete Betreuung in Angelegenheiten der Vermögenssorge und in Behördenangelegenheiten als Leistungen zur Teilhabe in Anwendung des § 39 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch -Gesetzliche Unfallversicherung -(SGB VII).
Der 1954 geborene Kläger erlitt am 19.08.1986 einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall, bei dem er sich insbesondere ein schweres Schädel-Hirn-Trauma zuzog. Er erhält aufgrund Bescheid vom 24.07.1989 Dauerrente (jetzt: Rente auf unbestimmte Zeit) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 100 v. H. Wegen der medizinischen Rehabilitation der Unfallfolgen befand er sich praktisch regelmäßig im jährlichen Abstand in stationären Rehabilitationsmaßnahmen in A-Stadt.
Durch Beschluss des Amtsgerichts Wetzlar vom 18.12.2002 wurde für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge und Behördenangelegenheiten Herr C. als gesetzlicher Betreuer des Versicherten bestellt. Die Entscheidung wurde sofort wirksam und ist später über den in der Entscheidung genannten Zeitraum hinaus verlängert worden. Mit Schreiben vom 31.03.2004 beantragte der bestellte Betreuer, C., bei der Beklagten die Übernahme seiner Betreuervergütung. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit formlosem Bescheid vom 05.04.2004 ab und führt zur Begründung aus, es bestehe keine gesetzliche Grundlage. Der Kläger selbst stellte über seine Prozessbevollmächtigten am 20.04.2004 einen förmlichen Antrag auf Übernahme der Betreuungskosten und führte zur Begründung aus, die gesetzliche Grundlage ergebe sich aus den §§ 26, 39 SGB VII. Diesen Antrag wies die Beklagte mit Bescheid vom 13.05.2004 (ohne Rechtsbehelfsbelehrung) zurück. Hiergegen legte der Kläger am 13.09.2004 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 24.11.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, es sei zwar zutreffend, dass entsprechend dem Auftrag der Unfallversicherung mit allen geeigneten Mitteln zu helfen, es keinen abschließenden Leistungskatalog der sonstigen Leistungen nach § 39 SGB VII geben könne. Grundsätzlich seien jedoch die Kosten der Betreuung aus dem Vermögen des Betreuten zu übernehmen. Könne dieser die Kosten nicht aufbringen, übernehme die Staatskasse die Kosten der Betreuung. Beleuchte man die Zahlung der Unfallrente unter dem Aspekt des Vermögens, so sei dem Regelungsgehalt der §§ 56 ff. SGB VII insgesamt zu entnehmen, dass die Unfallrente der Sicherung des allgemeinen Lebensunterhaltes diene. In abstrakter und pauschalierender Ausgestaltung soll der Ausfall an Arbeitsentgelt und Einkommen ausgeglichen werden, der durch die versicherungsfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit eintrete. Aus dem Sinn und Zweck einer Unfallrente lasse sich somit herleiten, dass die hier entstehenden Betreuungskosten aus der Unfallrente zu bestreiten seien.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit seiner am 12.01.2005 beim Sozialgericht Gießen eingegangenen Klage. Er ist der Ansicht, die Betreuungskosten seien nicht in pauschalierender Betrachtungsweise aus der Unfallrente von ihm selbst zu tragen. Aus § 39 SGB VII folge, dass diese Kosten extra von der Beklagten zu begleichen seien.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids vom 13.05.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.11.2004 die Beklagte zu verurteilen, die ihm entstehenden Betreuungskosten, die aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Wetzlar vom 18.12.2002 entstehen, dem Grunde nach zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die im Widerspruchsbescheid dargestellten Gründe. Im Übrigen führt sie zu einer Rechtsauffassung des LSG Rheinland-Pfalz in seinem Urteil vom 31.08.2004 -L 3 U 172/03 -, das vom Gericht in das Verfahren eingeführt worden ist, aus, es handele sich um keinen vergleichbaren Fall. Der Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz sei ein Fall umgehender Betreuungssorge für die Gesundheit des Betroffenen, die Aufenthaltsbestimm...