Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Pflichtmitglieds einer berufsständischen Versorgungseinrichtung auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht. Tierarzt. Qualitätssicherung in einem pharmazeutischen Unternehmen
Orientierungssatz
1. Das Recht zur Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 6 hängt u. a. davon ab, ob der Versicherte eine Beschäftigung ausübt, wegen der er Pflichtmitglied einer Versorgungseinrichtung und einer berufsständischen Kammer ist. Entscheidend ist nicht die abstrakte berufliche Qualifikation des Beschäftigten, sondern die Qualifikation der Tätigkeit, für welche die Befreiung begehrt wird (BSG Urteil vom 31. 10. 2012, B 12 R 3/11 R).
2. Die Befreiungsmöglichkeit besteht danach nicht für Personen, die zwar Pflichtmitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, jedoch einer berufsfremden Tätigkeit nachgehen.
3. Mitglieder der jeweiligen Landestierärztekammern sind diejenigen Ärzte, die eine tierärztliche Tätigkeit ausüben. Dazu zählt jede Tätigkeit, bei der die während des veterinärmedizinischen Studiums erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten verwertet werden.
4. Hierzu zählt u. a. ein ausgebildeter Tierarzt, der in einem pharmazeutischen Unternehmen für die Qualitätssicherung der hergestellten Produkte verantwortlich ist. Dieser ist auf Antrag von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 6 zu befreien.
Tenor
1. Der Bescheid vom 25.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.01.2014 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die Klägerin ab dem 01.05.2013 von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die Tätigkeit als Senior Manager, Biotech Quality Team Lead (Leitende Position im Qualitätsmanagement für Biotech Produkte) bzw. Biotech Quality Team Lead/ Gruppenleiterin Biotech Quality bei der Fa. C. GmbH zu befreien.
2. Die Beklagte hat der Klägerin ihre notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ab dem 01.05.2013.
Die 1968 geborene Klägerin ist ausgebildete Tierärztin und seit dem 19.08.1993 approbiert.
Am 15.01.2013 schloss sie mit der Beigeladenen zu 2) einen Arbeitsvertrag. Danach war sie ab 01.05.2013 als "Senior Manager, Biotech Quality Team Lead (Leitende Position im Qualitätsmanagement für Biotech Produkte)" bei der Beigeladenen zu 2) beschäftigt. Zwischenzeitlich ist die Klägerin unter der Funktionsbezeichnung "Biotech Quality Team Lead/Gruppenleiterin Biotech Quality" bei der Beigeladenen bei inhaltsgleicher Tätigkeit beschäftigt.
Die Beigeladene zu 2) ist ein pharmazeutisches Unternehmen, welches sich nach eigenen Angaben auf die Herstellung und Entwicklung von Plasmaprotein-Biotherapeutika spezialisiert hat. Die Beigeladene zu 2) produziert und vertreibt weltweit eine breite Palette von plasmabasierten und rekombinanten Therapeutika. Konkret bietet die Beigeladene zu 2) Produkte insbesondere in den Indikationsgebieten Gerinnungsstörungen, Immundefekte, Wundheilung und Intensivmedizin an.
Die Klägerin ist nach den Ausführungen des Beigeladenen zu 2) mit der Gruppenleitung für die biotechnologischen Produkte betraut. Daneben ist die Klägerin verantwortlich für die generelle Sicherung der GMP(Good Manufacturing Practice)-Compliance, für die qualitätssichernde Betreuung der zuständigen Bereiche durch adäquate und zeitgerechte Bearbeitung von Abweichungen und Prüfung, Bewertung und Genehmigung von Änderungskontroll-, Qualifizierungs- und Validierungsdokumenten sowie die Leitung und Koordinierung von internen und standortübergreifenden Projekten. Der Klägerin obliegen nach den Ausführungen der Beigeladenen zu 2) insbesondere folgende Aufgaben:
- Sicherstellung von Qualität und Sicherheit der biotechnologischen Produkte zum Wohle der Patienten durch die Sicherstellung der "current Good Manufacturing Practices (cGMP)" und weiteren regulatorischen Anforderungen,
- Verbesserung und Nachverfolgung der "Corrective And Preventive Actions (CAPA)" im Rahmen des Qualitätsmanagementsystems für die biotechnologischen Produkte,
- Einführung und Überwachung qualitätsverbessernder Maßnahmen für die biotechnologischen Produkte innerhalb des Unternehmens und gemeinsam mit dritten Parteien,
- Unterstützung hinsichtlich Qualitäts- und Compliance-Aspekten für Projekte und Standorte, die biotechnologische Herstellungsverfahren zum Gegenstand haben,
- Überprüfung und Freigabe der chargenbezogenen Dokumentation im Einklang mit den nationalen und internationalen Anforderungen,
- Sicherstellung der Umsetzung von behördlichen Anforderungen und Industriestandards und konzerneigener Vorgaben im GMP-Bereich,
- Unterstützung von beauftragten Lohnherstellern (Contract Manufacturing Organisations, CMO) bei der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung...