Entscheidungsstichwort (Thema)

Entrichtung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen bei nicht angemeldeter Sozialversicherungspflicht

 

Orientierungssatz

1. Hat ein Arbeitgeber Arbeitnehmer beschäftigt, ohne diese zur Sozialversicherungspflicht anzumelden und entsprechende Beiträge abzuführen, so kann der prüfende Rentenversicherungsträger den Gesamtsozialversicherungsbeitrag nach § 28f Abs. 2 SGB 4 von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen.

2. Ist nicht nachweisbar, in welchem Umfang der Arbeitgeber tatsächlich Arbeitnehmer beschäftigt hat bzw. ob Subunternehmer für ihn tätig waren und ob die in den vorhandenen Stundenzetteln aufgeführten Personen bei Subunternehmern und nicht bei ihm selbst beschäftigt gewesen sind, so geht die Nichterweislichkeit zu dessen Lasten, weil er keine ordnungsgemäßen Lohnunterlagen geführt hat.

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Im Streit steht die Entrichtung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vom 01.07.1999 bis 31.10.2002 in Höhe von 234.805,56 EUR einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 105.260,55 EUR.

Der Kläger betrieb ein Gewerbe für Bautrockner, Fuger, Bauhilfsarbeiten sowie Forstbetrieb und Holzfällerarbeiten. Der Kläger arbeitete als Subunternehmer u. a. für die Firma C. Landschaftsbau GmbH sowie für die Firma Peter Fuchs, Holz- und Trockenbau. Die Firma C. Landschaftsbau GmbH (C. GmbH) war für die Deutsche Bahn tätig. Die Baumschnittarbeiten wurden teils bundesweit ausgeführt. Die Firma C. GmbH und der Kläger schlossen am 28.06.1999 einen Subunternehmervertrag. Aus dem Subunternehmervertrag ergab sich, dass der Kläger Gehölzrückschnittarbeiten, Bäume fällen, Häckseln und Einkürzen durchführen sollte und der Vertrag am 05.07.1999 beginnen sollte. In dem Vertrag ist vermerkt “Stundenzettel und Aufmaß sind wöchentlich von der Bauleitung bzw. dem Verantwortlichen abzuzeichnen bzw. zu unterschreiben.„ Der Kläger unterschrieb weiterhin eine Nachunternehmererklärung. In dieser Erklärung versicherte er, dass alle von ihm eingesetzten Arbeitennehmer ordnungsgemäß sozialversichert seien und verpflichtete sich, eine Liste der auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmer mit Namen, Krankenkasse etc. vorzulegen. Der Kläger stellte Rechnungen an die Firma C. GmbH aus und rechnete zum Teil auf Stundenbasis, zum Teil nach Aufmaß ab.

Im Jahre 1999 hatte der Kläger drei Arbeitnehmer als sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer jeweils bis zu vier Monaten, 2000 einen Arbeitnehmer zwei Monate, 2001 acht Arbeitnehmer zwischen einem und neun Monaten und 2002 sieben Arbeitnehmer jeweils zwischen zwei und zehn Monaten angemeldet.

Im Jahre 2005 führten die Beamten des Hauptzollamtes Gießen eine Betriebsprüfung durch. Bereits im Jahre 2002 fand durch die Steuerfahndung Frankfurt am Main eine Durchsuchung beim Kläger wegen des Verdachtes der Erstellung von sogenannten “Abdeckrechnungen„ verschiedener Firmen statt. In der Buchhaltung des Klägers waren für die Jahre 1999 bis 2002 Rechnungen der Firma D., der Firma E. Bau GmbH, der Firma F. GmbH und der Firma G. GmbH in Höhe von insgesamt 422.000,00 EUR eingestellt. Die Firmen erstellten Rechnungen, die der Kläger mit Barschecks bzw. Überweisungen beglich. Von der Steuerfahndung wurden Stundenzettel sichergestellt, auf denen nur Vornamen verzeichnet waren. Die Steuerfahndungsstelle Frankfurt am Main vernahm den Kläger, H., I., J., K., L., M., N., D., F., O., G., P. In der Strafsache wegen Steuerhinterziehung, die beim Amtsgericht Gießen unter dem Aktenzeichen 5404 Cs-704 Js 12994/10 anhängig war, wurde das Verfahren bezüglich der Verkürzung von Umsatzsteuer für das Jahr 1999 eingestellt und für das Jahr 2000 wurde der Kläger freigesprochen, da ihm die Tat nicht nachzuweisen sei.

Im beim Amtsgericht Alsfeld anhängigen Strafverfahren wegen der Hinterziehung von Beiträgen zur Sozialversicherung, Aktenzeichen 40 Ds-704 Js 10415/08, wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße von 1800,00 EUR gemäß § 153a Abs. 2 StPO eingestellt. In der mündlichen Verhandlung räumte der Kläger ein, dass insgesamt 15 Personen, die auf den Stundenzetteln vermerkt gewesen seien, bei ihm beschäftigt waren, ohne dass er sie zur Sozialversicherung angemeldet habe.

Aufgrund der sichergestellten Stundenzettel berechnete die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 129.545,01 EUR zuzüglich Säumniszuschlägen in Höhe von 105.260,55 EUR nach. Als Berechnungsgrundlage nahm die Beklagte einen Stundenlohn von 9,71 EUR brutto an.

Gegen den Beitragsbescheid vom 25.07.2008 erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, er habe keine Arbeitnehmer gegen Arbeitsentgelt beschäftigt, ohne diese zur Sozialversicherung angemeldet zu haben. Es sei auch nicht nachvollziehbar, um wen es sich bei den im Bescheid aufgeführten Personen handeln solle, da weder eine Anschrift noch eine vollständige Namensbenennung erfolgt sei. Damit lasse sich keine ausreichende Identi...

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