Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. sozialwidriges Verhalten durch Kündigung einer Krankenversicherung durch den Hilfebedürftigen
Orientierungssatz
1. Die Kündigung einer Krankenversicherung bei nachfolgendem Bezug von Krankenhilfe stellt grundsätzlich ein sozialwidriges Verhalten dar, das eine Verpflichtung zum Kostenersatz nach § 103 Abs 1 S 1 SGB 12 auslöst (vgl BVerwG vom 23.9.1999 - 5 C 22/99 = BVerwGE 109, 331).
2. Es kommt nicht auf die Verursachung der Heilungskosten an, sondern auf die Verursachung der Sozialhilfeleistung.
3. Sozialwidrig handelt nicht nur derjenige, der bereits erkrankt ist oder der die Notwendigkeit einer Heilbehandlung bereits absehen kann und gleichwohl ohne sonstige Vorsorge die Krankenversicherung kündigt, sondern grundsätzlich auch der, der den Versicherungsschutz in der Hoffnung aufgibt, dass keine Krankheit auftritt, deren Kosten er nicht bestreiten kann.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger verpflichtet ist, die Kosten zu ersetzen, die dadurch entstanden sind, dass der Beklagte für den Kläger Leistungen bei Krankheit im Zeitraum vom 15.09.2004 bis 07.10.2004 übernommen hat.
Der Beklagte bewilligte keine Hilfe zum Lebensunterhalt. Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung wurden ebenfalls nicht bewilligt, weil der Kläger angegeben hat, selbständig als Unternehmensberater tätig gewesen zu sein.
Zur Absicherung von Krankheitsfällen hatte er eine private Krankenversicherung abgeschlossen. Der Kläger war vom 01.05.19996 bis 31.05.1999 bei der D. versichert. Der Versicherungsschutz endete mit Kündigung der D. vom 18.05.1999 nach § 39 VVG, weil der Kläger seine Beiträge nicht mehr gezahlt hatte. Seit dem ist der Kläger ohne Krankenversicherungsschutz.
Am 17.09.2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Gewährung von Sozialhilfe (Krankenhilfe) für eine Notarztrechnung und Krankenhausbehandlung in Höhe von 4855,30 €.
Daraufhin übernahm der Beklagte die Kosten und gewährte dem Kläger mit Bescheid vom 24.05.2005 Leistungen zur Hilfe bei Krankheit für den Zeitraum vom 15.09.2004 bis 07.10.2004 in Höhe von 4855,30 €.
Mit Bescheid vom 24.08.2005 forderte der Beklagte vom Kläger Ersatz der Kosten der Übernahme der Krankenhauskosten für die Zeit vom 15.09.2004 bis 07.10.2004 in Höhe von 4855,30 € in Raten von monatlich 250,- €. Zur Begründung führte der Beklagte im Wesentlichen aus, dass der Kläger grob fahrlässig seinen Krankenversicherungsschutz aufgeben habe, indem er die Beiträge nicht gezahlt habe. Hiergegen legte der Kläger am 06.09.2005 Widerspruch ein und trug vor, dass er finanziell nicht in der Lage gewesen sei, für die Krankenversicherung aufzukommen. Er sei schon 1997, damals in Rostock beim Sozialamt vorstellig geworden, um nach einer Möglichkeit zu suchen, den drohenden Krankenversicherungsverlust abzuwenden, allerdings vergeblich. Auch sei die Vermögenssituation 1998 und die seiner Ehefrau nie abgefragt worden.
Der Kläger legte die Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2000 bis 2004 vor. Des Weiteren legte der Kläger einen Kaufvertrag aus dem Jahr 2001 zwischen ihm und seiner Mutter über ein gebrauchtes KFZ für 12.800,- € vor. Das Fahrzeug wurde am 15.11.2004 abgemeldet. Dieses sei ein Geschenk seiner Mutter gewesen. Eine entsprechende Erklärung legte der Kläger im gerichtlichen Verfahren vor.
In einem Gespräch beim Beklagten am 21.11.2005 wurde zwischen den Beteiligten folgendes festgehalten:
- das Gewerbe bestehe noch, aber ohne Krankenversicherungsschutz
- Krankenversicherungsschutz sei aufgrund der ungesicherten Vermögens- und Einkommenssituation nicht zu erhalten
- ALG II soll nicht beantragt werden, weil das Gewerbe weiter aufrecht erhalten bleiben solle
- Die Ehefrau sei selbständig gewesen, keine Familienversicherung, jetzt geschieden
- Der PKW sei ihm geschenkt worden, Versuche den PKW zu veräußern seien gescheitert
- Derzeit habe er keine bzw. verminderte Einkünfte, aufgrund Krankheit und verminderte Einsatzfähigkeit sowie Umstrukturierung des Unternehmens
- Bereitschaft bestehe, die Kosten zurück zu zahlen, wenn Lage sich bessere
Als Ergebnis wurde festgehalten, dass die Einkommensentwicklung abgewartet werden solle und man sich dann noch einmal Treffen wolle.
Mit Schreiben vom 29.06.2006 wurde der Kläger gebeten, die entsprechenden Angaben zum Gespräch zu machen. Dieses beantwortete der Kläger mit Schreiben vom 17.07.2006.
Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers durch Widerspruchsbescheid vom 30.08.2006 mit der Maßgabe zurück, dass Ziff. 1 des Bescheides um die Sätze 2 und 3 ergänzt werde:
“Die beigefügte Auflistung wann und in welcher Höhe die jeweiligen Sozialleistungen erbracht wurden, wird Bestandteil dieses Bescheides. Herr S. J. hat den Gesamtbetrag in Höhe von 4.855,30 € in monatlichen Raten von 250,- € … zu überweisen„.
Zur Begründung wurde ausgeführt. Der Kläger habe nicht ausreichend versucht, seinen Krank...