Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfall von Rechtsanwaltsgebühren im Beschwerdeverfahren gegen einen im einstweiligen Rechtsschutz ergangenen Beschluss

 

Orientierungssatz

1. Im Beschwerdeverfahren gegen einen Beschluss, der in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ergangen ist, entstehen Betragsrahmengebühren nach dem RVG.

2. Nr. 1007 VV RVG gilt nur für den Fall, dass über den Gegenstand ein Berufungs- oder Revisionsverfahren anhängig ist. Dagegen ist Nr. 1006 VV RVG anwendbar, wenn über den Gegenstand ein sonstiges gerichtliches Verfahren anhängig ist. Damit ist Nr. 1007 VV RVG eine Spezialregelung in Einigungen oder Erledigungen in Berufungs- oder Revisionsverfahren. Weil bei der im gleichen Abschnitt des RVG geregelten Nr. 1007 VV RVG eine vergleichbare Ausnahmeregelung fehlt, kann für die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden.

 

Tenor

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die zulässige Erinnerung ist nicht begründet.

Die Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten bemisst sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG, §1 Abs. 1 Satz 1 RVG). In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in denen - wie im vorliegenden Fall - das Gerichtskostengesetz nicht anzuwenden ist, entstehen Betragsrahmengebühren (§ 3 Abs. 1 Satz 1 RVG). Die Höhe der Vergütung bestimmt sich nach dem Vergütungsverzeichnis der Anlage 1 zum RVG (§ 2 Abs. 2 Satz 1 RVG, hier in der bis 31. Juli 2013 geltenden Fassung, siehe § 60 Abs. 1 RVG in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung).

Streitig ist vorliegend nur, ob in einem Beschwerdeverfahren gegen einen Beschluss, der in einem Verfahren des einstweiligen Rechtschutz ergangen ist, eine Gebühr nach Nr. 1006 VV-RVG entstehen kann.

Dies bejaht das Gericht (unter Bezugnahme auf SG Berlin, Beschluss vom 6. Dezember 2010, S 180 SF 1755/09 E, Rn. 16, juris). Darin führt das SG Berlin u. a. aus: "Nr. 1007 VV RVG gilt nur für den Fall, dass über den Gegenstand ein Berufungs- oder Revisionsverfahren anhängig ist. Dagegen ist Nr. 1006 VV RVG anwendbar, wenn über den Gegenstand ein sonstiges gerichtliches Verfahren anhängig ist. Damit ist Nr. 1007 VV RVG ausweislich Wortlaut und Systematik eine Spezialregelung für Einigungen oder Erledigungen in Berufungs- oder Revisionsverfahren. Eine Beschwerde in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren ist aber weder eine Berufung noch eine Revision. Nr. 1007 VV RVG kann hier auch nicht analog angewandt werden. Es fehlt insoweit an einer planwidrigen Regelungslücke. Aus der Parallelvorschrift zu den gerichtskostenpflichtigen Verfahren in Nr. 1004 Absatz 1 VV RVG ist zu folgern, dass dem Gesetzgeber der Ausschluss von Beschwerdeverfahren bewusst gewesen ist. Denn in dieser Vorschrift hat er ausdrücklich geregelt, dass der höhere Gebührensatz im Falle einer Einigung oder Erledigung für bestimmte Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahren (Vorb. 3.2.1 und 3.2.2) gelten soll (vgl. Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt, RVG, 19. Aufl., Nr. 1003, 1004 Rn. 55). Da bei dem im gleichen Abschnitt des RVG geregelten Nr. 1007 VV RVG eine vergleichbare Ausnahmeregelung fehlt, kann jedenfalls für die Beschwerde im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht von einer planwidrigen Regelungslücke ausgegangen werden (vgl. aber Müller-Rabe in: a. a. O., Nr. 1005-1007 Rn. 5, der für die Nichtzulassungsbeschwerden nach §§ 145, 160a SGG Nr. 1007 VV RVG für anwendbar hält)."

Die Einigungsgebühr ist unstreitig angefallen, da in dem Erörterungstermin am 8. Mai 2012 ein Vergleich zwischen den Beteiligten geschlossen worden ist. Der Erinnerungsgegner hat eine Gebühr in Höhe von 250 EUR anerkannt.

Die zu erstattenden Kosten berechnen sich daher wie folgt:

Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV-RVG

125,00 EUR

Erhöhung, Nr. 1008 VV-RVG

0,3

37,50 EUR

Postpauschale, Nr. 7002 VV-RVG

20,00 EUR

Verfahrensgebühr, Nr. 3501 VV-RVG

87,50 EUR

Erhöhung, Nr. 1008 VV-RVG

0,3

26,25 EUR

Terminsgebühr, Nr. 3515 VV-RVG

87,50 EUR

Einigungsgebühr, Nr.1000, 1006 VV-RVG

250,00 EUR

Postpauschale, Nr. 7002 VV-RVG

20,00 EUR

Auslagen, Nr. 7003, 7005 VV-RVG

29,60 EUR

19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV-RVG

129,84 EUR

Gesamt

813,19 EUR

davon Anteil

2/3

542,13 EUR

Für das Erinnerungsverfahren entstehen keine Gerichtskosten. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (siehe Beschluss des SG Halle vom 16. April 2012, S 11 SF 309/08 AS unter Verweis auf SG Kiel, Beschluss vom 4. April 2011, S 21 SF 102/10 E, dokumentiert in juris, Rdnr. 55 ff.). Eine Kostenentscheidung muss daher nicht getroffen werden.

Dies gilt jedoch nur für Verfahren, für die das RVG in der bis zum einschließlich 31. Juli 2013 geltenden Fassung, wie hier, anwendbar ist. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 RVG (in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung) ist nämlich ein Verfahren über eine Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss eine besondere Angelegenheit, für die ein Rechtsanwalt Gebühren nach Nr. 3501 VV-RVG fordern kann.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 197 Abs. 2 SGG). § 1 Abs. 3 RVG (in der ab 1. August 20...

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