Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Vergütung einer geriatrischen frührehabilitativen Komplexbehandlung
Orientierungssatz
1. Zu den von einem Krankenhaus zu erbringenden und abzurechnenden allgemeinen Krankenhausleistungen gehört die Frührehabilitation, also auch eine geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung iS des Operationen- und Prozedurenschlüssel (juris: OPS) Nr 8-550.
2. Die geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung ist keine geriatrische Kernleistung, die ausschließlich vom Versorgungsauftrag Geriatrie umfasst wird (vgl OVG Münster vom 22.11.2012 - 13 A 2379/11 = GesR 2013, 108 = juris RdNr 57ff).
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 5.191,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.04.2014 zu zahlen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Der Streitwert wird festgesetzt auf 5.191,12 EUR.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Krankenhausvergütung unter dem Gesichtspunkt des Versorgungsauftrags des Krankenhauses für die streitige geriatrische frührehabilitative Komplexbehandlung (gfK) im Zeitraum vom 21.08. bis 12.09.2012.
Die Klägerin betreibt in ... ein Krankenhaus, welches laut Feststellungsbescheid der Krankenhausplanungsbehörde vom 24.02.2011 als Krankenhaus der Schwerpunktversorgung mit einer Hauptfachabteilung für Innere Medizin in den Krankenhausplan des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen worden ist.
Seit Mitte des Jahres 2011 werden geriatrisch frührehabilitative Komplexbehandlungen im Sinne der OPS 8-550, 8-550.1 und 8-550.2 strukturiert durchgeführt. Die Klägerin hatte im April 2011 allen betroffenen Kassen, unter anderen auch der Beklagten, schriftlich mitgeteilt, dass sie die strukturellen Kodiervoraussetzungen für die OPS-Codes 8-550.0, 8-550.1 und 8-550.2 erfülle.
Daraufhin antworteten die Verbände der gesetzlichen Krankenversicherungen Sachsen-Anhalt mit Schreiben vom 5.5.2011:
"Wir möchten an Ihre eigene Beteiligung an der Bearbeitung der Rahmenvorgaben zur Krankenhausplanung in Sachsen-Anhalt erinnern, hier speziell an die gemeinsamen Vorstellungen zu den Geriatrischen Zentren. Das Geriatrische Zentrum für ihren Landkreis befindet sich am Klinikum ... in ... Wir empfehlen Ihnen statt der Schaffung eines Angebots an Ihrem Haus die Kooperation mit ... oder einem anderen geriatrischen Zentrum. Da Sachsen-Anhalt planerisch eine abgestufte Versorgung für die Versicherten vorsieht, können wir eine Aufsplittung der geriatrischen Leistungen der Region nach der Etablierung des Geriatrischen Zentrums am Basiskrankenhaus nicht mittragen. Gerade für diese Leistungen war ein geplanter Aufbau eines geriatrischen Zentrums für jeden Landkreis Konsens im Krankenhausplanungsausschuss. Wir erwarten eine Stellungnahme, daher sehen Sie bitte auch von der angekündigten Rechnungslegung ab."
Im Rahmen der Budgetverhandlungen für das Jahr 2012 wurde hinsichtlich der Berücksichtigung der Leistungen der gfK keine Einigung erzielt. Die Klägerin rief aufgrund der ablehnenden Haltung der Krankenkasse die Schiedsstelle nach § 18 Abs. 4 KHG für die Festsetzung der Krankenhauspflegesätze in Sachsen-Anhalt an, die zugunsten der Klägerin den Versorgungsauftrag für die gfK bejahte. Da der Schiedsstellenbeschluss durch das zuständige Ministerium für Arbeit und Soziales nicht genehmigt wurde, entschied die Schiedsstelle am 12.02.2015 erneut und verneinte die Berechtigung der Klägerin zur Abrechnung der Leistungen der gfK mit den OPS-Codes. Gegen die daraufhin erfolgte Genehmigung durch das zuständige Ministerium hat die Klägerin Klage vor dem Verwaltungsgericht Halle eingereicht. Das ursprüngliche verwaltungsgerichtliche Verfahren wurde zwar für erledigt erklärt, da die Schiedsstelle nochmals zusammengetreten war und einen erneuten Beschluss getroffen hatte, gegen diesen Beschluss hat die Klägerin wiederum Klage erhoben, die das Verwaltungsgericht Halle mit Urteil vom 17.8.2016 zu dem Aktenzeichen 7 A 103/15 HAL abgewiesen hat. Gegen diese Entscheidung des VG hat die Klägerin beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt (Aktenzeichen 1L 10/17.)
Im Krankenhausplan für Sachsen-Anhalt werden im Rahmen der Anlage 4 die Planungsschwerpunkte für Innere Medizin genannt. Das Fach Geriatrie ist hier nicht als eigenes Fach ausgewiesen. Ebenso wenig ist das Fach Geriatrie als eigenes Gebiet in den Weiterbildungsordnungen (WBO) angegeben. Nach der WBO der Ärztekammer Sachsen-Anhalt für Sachsen-Anhalt besteht die Möglichkeit, als Facharzt für Inneres nach entsprechender Weiterbildung die Schwerpunktkompetenz zu erwerben und den Titel "Facharzt für Inneres und Geriatrie" zu führen.
Im Beschluss der Landesregierung über den Krankenhausplan ab 2011 vom 30.11.2010 heißt es unter anderem: "Die Gesamtentwicklung weist darauf hin, dass es weiterhin gilt, geriatrische Angebote auszubauen und gezielt weiter zu entwickeln. Hier sind aufgrund altersbedingter Erkrankungen künftig Fallzahls...