Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Verwertbarkeit vorhandenen Vermögens bei notwendiger Versteigerung eines Hausgrundstücks
Orientierungssatz
1. Im Recht der Grundsicherung sind als Vermögen nach § 12 Abs. 1 SGB 2 nur verwertbare Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Verwertbar i. d. S. ist Vermögen dann, wenn dessen Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Kann prognostisch das vorhandene Vermögen im anstehenden Bewilligungszeitraum nicht verwertet werden, so liegt kein berücksichtigungsfähiges Vermögen i. S. d. § 12 Abs. 2 SGB 2 vor. Leistungen sind dann bei Vorliegen der übrigen Anspruchsvoraussetzungen als verlorener Zuschuss, nicht darlehensweise zu gewähren.
2. Steht ein Hausgrundstück im Miteigentum des Hilfebedürftigen, so kann dieser seine Hilfebedürftigkeit erst dann abwenden, wenn bei Verweigerung des freihändigen Verkaufs durch den weiteren Miteigentümer das Grundstück versteigert und der anteilige Versteigerungserlös dem Hilfebedürftigen zugeflossen ist. Bereite Mittel stehen diesem erst dann zur Verfügung.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen für Dezember 2013 bis März 2014. Im Vordergrund steht die Frage, in welchem Umfang die Klägerin den Erlös aus der Teilungsversteigerung eines Hausgrundstücks für ihren Lebensunterhalt einsetzen musste.
Die am xxx 1972 geborene Klägerin bezieht seit 2005 mit Unterbrechung in den streitbefangenen vier Monaten laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) - Grundsicherung für Arbeitssuchende - vom Beklagten. Sie ist alleinerziehend und bildet eine Bedarfsgemeinschaft mit ihren am xxx 1997 und am xxx 1999 geborenen Töchtern K. und S ... Mit diesen bewohnt sie eine Mietwohnung in einem Mehrfamilienhaus im R., in dem die Wärme- und Heißwasserversorgung zentral über die Vermieterin erfolgt.
Für Unterkunft und Heizung waren für Dezember 2013 623,69 EUR und für Januar bis April 2014 monatlich 643,56 EUR aufzuwenden (375,95 EUR bzw. ab 1. Januar 2014: 395,82 EUR Netto-Kaltmiete abzüglich 1,58 EUR Herdabschlag zuzüglich 139,54 EUR Betriebskostenvorauszahlung zuzüglich 109,78 EUR Wärmeversorgungsvorauszahlung). Der Klägerin flossen im Dezember 2013 und Januar 2014 jeweils 384,16 EUR netto aus einer geringfügigen Beschäftigung bei der K1 GmbH & Co. KG zu. Im Februar 2014 flossen ihr 439,57 EUR netto, im März 2014 395,20 EUR netto und im April 2014 379,07 EUR netto aus einer geringfügigen Beschäftigung bei der N.-Diskount AG & CO KG AH zu. Für die beiden Töchter deckten die Unterhaltszahlungen des Vaters und das von der Klägerin bezogene Kindergeld genau den grundsicherungsrechtlichen Bedarf ab bzw. blieben diese geringfügig dahinter zurück. Es ergab sich jedenfalls im streitbefangenen Zeitraum bei keiner der Töchter ein Einkommensüberhang, der bei der Klägerin berücksichtigt werden könnte.
Der Beklagte bewilligte der Klägerin und ihren Töchtern für Dezember 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von insgesamt 371,16 EUR, wovon 368,06 EUR auf die Klägerin entfielen (Bewilligungsbescheid vom 5. Juni 2013 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 9. Juli 2013, 23. Juli 2013 und 24. September 2013).
Die Klägerin war bei erstmaliger Beantragung von SGB II-Leistungen gemeinsam mit ihrem früheren Ehemann Miteigentümerin eines Hausgrundstücks in H1 gewesen, worüber der Beklagte informiert worden war. Die Ehe war am 30. November 2004 geschieden worden. Es folgte eine langwierige rechtliche Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und ihrem ehemaligen Ehemann unter anderem über das Hausgrundstück. Letztlich ersteigerte der geschiedene Ehemann das Hausgrundstück im Rahmen einer Teilungsversteigerung. Der Erlös betrug nach Abzug der Gerichtskosten 45.046,74 EUR. Dieser Erlös, der der Klägerin und ihrem geschiedenen Ehemann gemeinschaftlich zustand, wurde zunächst bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Hamburg hinterlegt. Es schloss sich eine weitere Auseinandersetzung über die Erlösverteilung an. Durch familiengerichtlichen Beschluss wurde der ehemalige Ehemann der Klägerin dann verpflichtet, der Auszahlung des hälftigen hinterlegten Betrags an die Klägerin zuzustimmen und Verzugszinsen zu leisten (Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Harburg vom 23. Juni 2013 632 F 44/13).
Der Beklagte fragte unter anderem mit Schreiben vom 23. August 2013 bei der Klägerin nach dem Stand der Angelegenheit und insbesondere danach, ob bereits Erlös zugeflossen sei. In einem persönlichen Gespräch am 12. September 2013 wurde der Klägerin mitgeteilt, sie müsse das erwartete Geld für ihren Lebensunterhalt und den ihrer Töchter einsetzen.
Am 28. Oktober 2013 ging die erste Tranche in Höhe von 19.629,42 EUR von der Hinterlegungsstelle auf dem Konto des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein. Der Prozessbevollmächtigte leitete 3.863,17 EUR an die Klägerin weiter und verwe...