Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Rechtswidrigkeit des Bescheides über einen Ersatzanspruch wegen sozialwidrigen Verhaltens bei Verletzung des Bestimmtheitsgebots. Ausgabe geerbten Vermögens ua für Nachtclubtänzerinnen und Partnervermittlungen
Orientierungssatz
1. Ein Bescheid über die Geltendmachung eines Ersatzanspruchs wegen sozialwidrigen Verhaltens nach § 34 SGB 2 ist rechtswidrig, wenn sein Inhalt widersprüchlich und nicht hinreichend bestimmt ist.
2. Auch wenn der Hilfebedürftige in der Zeit vor dem Leistungsbezug einen Teil des geerbten Vermögens in Höhe von insgesamt rd 16.000 Euro ua für Nachtclubtänzerinnen oder Partnervermittlungen ausgegeben hat, kann von einem sozialwidrigen Verhalten iS des § 34 SGB 2 nicht ausgegangen werden, wenn er die Hälfte der Erbschaft für die Bestreitung seines Lebensunterhaltes für 9 Monate benötigte und daneben ein Betrag in Höhe von 8.850 Euro gem § 12 Abs 2 SGB 2 als Vermögensfreibetrag einzustufen wäre, über den er auch während eines Leistungsbezuges hätte frei verfügen können.
Tenor
Der Bescheid vom 25.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.12.2011 wird aufgehoben.
Der Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Tatbestand
Streitig zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines Grundlagenbescheides, ob der Kläger verpflichtet ist, dem Beklagten das ab 28.12.2009 gewährte Arbeitslosengeld II - ALG II - zu erstatten.
Der 1955 geborene Kläger und damals im Landkreis H. wohnhafte Kläger bezog bis einschließlich Juli 2008 ALG II vom für den Landkreis zuständigen Jobcenter. Die Leistungen wurden wegen einer Arbeitsaufnahme des Klägers eingestellt.
Bereits im Jahr 2008 erbte der Kläger gemeinsam mit einer Miterbin in den USA von seiner Ziehmutter überraschend. Der Kläger wurde zudem als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus dem Grundstück der Ziehmutter, das der Kläger mitbewohnte.
Nachdem der Kläger seine Arbeit wieder verloren hatte, beantragte er im Februar 2009 erneut ALG II bei der für den Landkreis zuständigen Behörde, die die Gewährung von Leistungen unter Hinweis auf die Erbschaft ablehnte. Nach Verkauf des Grundstücks und Auseinandersetzung der Erbschaft zog der Kläger im März 2009 in das Stadtgebiet H., wo er eine Wohnung für 396,- € warm anmietete.
Auf das Geldmarktkonto der Erbengemeinschaft wurden nach dem Hausverkauf 71.485,32 € überwiesen. Der Kläger erhielt hiervon Ende Juli Anfang August 44.780 € auf sein Girokonto ausbezahlt. Am 21.07.2009 bezahlte er hiervon die Erbschaftssteuer für sich und die Miterbin in Höhe von insgesamt 42.780,- € an das Finanzamt (Bl. 87/88 Gerichtsakte). Am 10.08.2009 wurde auf sein Girokonto das Restguthaben des Geldmarktkontos in Höhe von 26.765,78 € überwiesen. Im September 2009 bezahlte er für das Grabmal an die Bildhauerei 1.802,85 € sowie 11.130,96 € an Anwaltsgebühren an den Anwalt der Miterbin. Auf seinem Konto verblieben im September 2009 16.131,78 €, die er für seine Lebenshaltung, Besuche im Nachtclub im Shoppinghaus (HPG) und die dort tätige ... ausgab. Hinsichtlich der genauen Details wird auf Blatt 36 bis 141 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Am 03.11.2009 wurde er nun bei dem für das Stadtgebiet H. zuständigen Beklagten vorstellig und beantragte erneut ALG II. Der Kläger legte einige Kontoauszüge sowie Rechtsanwaltsschreiben hinsichtlich der Erbsache vor und gab an, dass er 2008 zusammen mit einer anderen Erbin in den USA ein Grundstück geerbt habe. Dieses sei auseinandergesetzt worden und ihm sei März 2009 oben genannter Betrag ausgezahlt worden. Er habe den Betrag nicht vorsätzlich ausgegeben, sondern investiert, um sich einen Arbeitsplatz zu schaffen. Auch habe er Geld darin investiert, Beziehungen zu knüpfen, um einen Arbeitsplatz zu erhalten.
Am 29.11.2009 nahm der Kläger bei einer Zeitarbeitsfirma eine geringfügigen Tätigkeit mit einem Verdienst bis 400,- € auf. Der Beklagte lehnt zunächst mit Bescheid vom 14.12.2009 und Widerspruchsbescheid vom 09.02.2010 die Gewährung von ALG II ab, da er den Verbrauch des geerbten Vermögens nicht ausreichend nachgewiesen habe.
Bereits am 28.12.2009 beantragte er erneut ALG II.
In einem persönlichen Gespräch mit dem Teamleiter des Beklagten Herrn … schilderte er ausführlich, wie er die Erbschaft durch Bezahlung einer Art Partnerschaftsvermittlung des Unternehmers …, dem damaligen Inhaber des Nachtclubs, und Gewährung von Darlehen an den - wie sich später herausstellte - bankrotten Unternehmer in der kurzen Zeit ausgegeben habe. Eine schriftliche Niederlegung dieses Gesprächs findet sich auf Blatt 153 und 154 der Verwaltungsakte.
Aufgrund der Feststellung des Teamleiters, dass bekannt sei, dass bei Partnervermittlungsfirmen erhebliche Summen kassiert würden, bewilligte der Beklagte dem Kläger nunmehr unter Anrechnung seiner geringfügigen Tätigkeit mit Bescheid vom 10.03.2010 ALG II in Gestalt der Regelleistung, da in H. zu diesem Zeitpunkt getrennte Trägerschaft für Regelleist...