Entscheidungsstichwort (Thema)

Asylbewerberleistung. Analogleistung gem § 2 Abs 1 AsylbLG nF. neue 48-Monats-Frist. Berücksichtigung anderer Sozialleistungen. Übergangsfall. einstweiliger Rechtsschutz. Folgenabwägung. Aufenthaltsdauer bei minderjährigem Kind

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Behandlung der Übergangsfälle mit Einführung der 48-Monatsfrist iS des § 2 Abs 1 AsylbLG in der ab 28.8.2007 geltenden Fassung; hier: vorläufiger Leistungsbezug gem § 2 Abs 1 AsylbLG aufgrund Folgenabwägung gerechtfertigt.

 

Orientierungssatz

1. Zur Berücksichtigung anderer Sozialleistungen bei der Erfüllung der Frist iS des § 2 Abs 1 AsylbLG.

2. Auch Minderjährige sind auf den Ablauf der Frist iS des § 2 Abs 1 AsylbLG zu verweisen (vgl LSG Mainz vom 27.3.2006 - L 3 ER 37/06 AY = FEVS 58, 45).

 

Tenor

1.Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragstellern zu 1 bis 3 vorläufig unter dem Vorbehalt der Rückforderung ab dem 1. Oktober 2007 bis zur Entscheidung über den Widerspruch vom 3. Oktober 2007 gegen den Bescheid vom 1. Oktober 2007 Leistungen gem. § 2 Abs. 1 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) i.V.m. dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) zu bewilligen und unter Anrechnung bereits nach §§ 1, 3 AsylbLG gewährter Leistungen auszuzahlen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

2.Der Antragsgegner hat den Antragstellern 75 Prozent der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Den Antragstellern zu 1 bis 3 wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt G., Göttingen, gewährt. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe des Antragstellers zu 4 wird abgelehnt.

 

Gründe

Die Antragsteller wehren sich gegen die Rückstufung auf das Niveau der Grundleistungen nach § 3 AsylbLG aufgrund einer im August 2007 erfolgten Gesetzesänderung.

Die 1963 geborene Antragstellerin zu 1 ist die Mutter der 1989 bis 2004 geborenen Antragsteller zu 2 bis 4. Die Antragsteller sind irakische Staatsangehörige, die mit Ausnahme des Antragstellers zu 4 im Februar 2002 in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) eingereist sind. Seit erfolglosem Ausgang ihrer Asylverfahren werden die Antragsteller derzeit geduldet. Der im Haushalt der Antragsteller lebende Lebensgefährte der Antragstellerin zu 1 verfügt über einen Aufenthaltstitel gem. § 25 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz (AufenthG); ihm ist die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit seit Juli 2007 gestattet.

Soweit aus der Leistungsakte des Antragsgegners ersichtlich, bezogen die Antragsteller zu 1 bis 3 seit Einreise in das Bundesgebiet Leistungen nach § 3 AsylbLG, der Antragsteller zu 4 seit seiner Geburt am 13. Februar 2004. Nach Ablauf des 36 Monate währenden Bezugs von Leistungen nach § 3 AsylbLG durch die Antragsteller zu 1 bis 3 stellte der Antragsgegner die Leistungsgewährung am 18. Februar 2005 auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) um. Leistungen nach dem SGB II bezogen die Antragsteller sodann bis einschließlich Juni 2005. Ab Juli 2005 richteten sich die den Antragstellern gewährten Leistungen nach § 2 AsylbLG, zuletzt bewilligt mit Bescheid vom 22. Juni 2007.

Mit Bescheid vom 18. September 2007 hob der Antragsgegner die Leistungsgewährung nach § 2 AsylbLG für den Zeitraum ab 1. Oktober 2007 auf. Zur Begründung führte er aus, dass mit Erlass des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union nach § 2 AsylbLG in der ab 28. August 2007 geltenden Fassung (folgend: § 2 AsylbLG n. F.) nunmehr ein 48 Monate währender Bezug von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG erforderlich und der Bewilligungsbescheid damit nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufzuheben sei.

Unter dem 19. September 2007 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern und dem Lebensgefährten der Antragstellerin zu 1 Leistungen nach § 3 AsylbLG ab Oktober 2007. Mit einem als Änderungsbescheid bezeichneten Bescheid vom 1. Oktober 2007 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern wiederum Leistungen nach § 3 AsylbLG ab Oktober 2007, diesmal ohne den Lebensgefährten der Antragstellerin zu 1 zu berücksichtigen; nach dem Inhalt der Leistungsakte des Antragsgegners erfolgte ab Oktober 2007 für den Lebensgefährten der Antragstellerin zu 1 eine gesonderte Leistungsbewilligung nach dem SGB II.

Gegen den Bescheid vom 1. Oktober 2007 erhoben die Antragsteller unter dem 3. Oktober 2007 Widerspruch, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden worden ist.

Am 5. Oktober 2007 haben sich die Antragsteller an das Sozialgericht Hildesheim gewandt und die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt.

Im Laufe des Verfahrens hat der Antragsgegner die sofortige Vollziehung des angegriffenen Leistungsbescheids mit Bescheid vom 17. Oktober 2007 angeordnet. Gegen diesen Bescheid haben die Antragsteller am 18. Oktober 2007 Widerspruch erhoben.

Die Antragsteller sind der Auffassung, dass die Rückstufung der Leistungen von § 2 AsylbLG auf das Niveau von Grundleistungen nach § 3 AsylbLG rechtswidrig sei. Zum Einen sei bei der Erfüllu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im SGB Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?