Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Krankengeldanspruch. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung "auf Dauer". keine weitere Vorlagepflicht des Versicherten. Feststellung in MDK-Gutachten. Aufhebung durch spätere Befristung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Krankschreibung "auf Dauer" obliegt es dem Versicherten nicht, weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorzulegen.

2. Auch der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) kann in einem Gutachten nach persönlicher Untersuchung eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung "auf Dauer" feststellen.

3. Eine "auf Dauer" festgestellte Arbeitsunfähigkeit wird durch eine später befristet festgestellte Arbeitsunfähigkeit aufgehoben.

 

Orientierungssatz

1. Leitsatz 1 - Anschluss an LSG Stuttgart vom 21.1.2014 - L 11 KR 4174/12 und LSG Celle-Bremen vom 11.1.2011 - L 4 KR 446/09.

2. Leitsatz 2 - Anschluss an LSG Stuttgart vom 25.5.2016 - L 5 KR 1063/15.

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der beklagten Krankenkasse die Gewährung von Krankengeld über den 13.03.2014 bis zu Erschöpfung der Anspruchshöchstdauer.

Der 1950 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er war bis zum 31.12.2013 bei der B. GmbH als Betonbauhelfer sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Er ist seit dem 30.12.2013 wegen eines Impingementsyndroms der rechten Schulter arbeitsunfähig erkrankt. Bei einem Gespräch am 30.12.2013 wies der Sachbearbeiter der Beklagten den Kläger telefonisch auf die Dringlichkeit der nahtlosen Ausstellung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen hin. Er erhielt von der Beklagten seit dem 01.01.2014 Krankengeld.

Mit Bescheid vom 15.01.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie könne die Arbeitsunfähigkeit längstens bis zum 31.01.2014 anerkennen. Nach den vorliegenden Unterlagen gebe es keine Anhaltspunkte für eine weitere Arbeitsunfähigkeit.

Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Er sei noch immer arbeitsunfähig erkrankt. Auch das Arbeitsamt verweigere eine Vermittlung, da er wegen seiner Erkrankung dem Arbeitsmarkt nicht zu Verfügung stehe.

Auf Veranlassung der Beklagten erstattete Dr. F. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) am 26.02.2014 nach persönlicher Untersuchung ein sozialmedizinisches Gutachten. Danach sei die Arbeitsunfähigkeit zum Zeitpunkt der Begutachtung für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit plausibel. Unter konsequenter Fortführung der eingeleiteten Physio- und Schmerztherapie könne bis zum Ende der 11. KW eine Besserung eintreten. Dann solle eine Wiedervorlage mit aktuellem orthopädischen Befundbericht erfolgen. Aus medizinischer Sicht bestehe auf Zeit weiter Arbeitsunfähigkeit.

Mit Bescheid vom 06.03.2014 bewilligte die Beklagte Krankengeld für die Zeit bis zum 14.03.2014. Der MDK habe mitgeteilt, dass eine weitere Arbeitsunfähigkeit bis zu diesem Datum sozialmedizinisch nachvollziehbar sei.

Auch hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Er sei auch über den 14.03.2014 hinaus arbeitsunfähig erkrankt.

Im daraufhin vom MDK erstellten Gutachten vom 13.05.2014 (nach persönlicher Untersuchung) kam Dr. K. zu dem Ergebnis, es bestehe aus medizinischer Sicht auf Dauer Arbeitsunfähigkeit. Es sei von einer dauerhaften Schädigung auszugehen. Das Leistungsbild stimme nicht mit der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Betonbauer überein.

Mit Bescheid vom 15.05.2014 hob die Beklagte den Bescheid vom 06.03.2014 auf und zahlte weiterhin Krankengeld. Am 13.06.2014 bescheinigte der Hausarzt Dr. B. weitere Arbeitsunfähigkeit. Das Feld “ggf voraussichtlich bis„ war dabei nicht ausgefüllt, im Feld “nächster Praxisbesuch„ war das Datum des 27.06.2014 eingetragen. Der Kläger legte daraufhin lückenlos vom 13.06.2014 bis zum 13.10.2014 jeweils befristete Auszahlscheine für Krankengeld, bescheinigt durch Dr. B. vor. Der Auszahlschein vom 29.09.2014 attestierte dabei Arbeitsunfähigkeit “ggfs. voraussichtlich bis zum 13.10.2014„. Der nächste Auszahlschein, datierend vom 14.10.2014, bestätigte Arbeitsunfähigkeit bis zum 28.10.2014. In der Folge attestierte Dr. B. Arbeitsunfähigkeit auf Auszahlscheinen durchgehend bis zum 27.03.2015.

Mit Bescheid vom 23.10.2014 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sein Anspruch auf Krankengeld und seine Mitgliedschaft endeten am 13.10.2014, weil er Auszahlscheine nicht lückenlos vorgelegt habe. Sein Arzt habe erst wieder am 14.10.2014 Arbeitsunfähigkeit festgestellt.

Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Die bestehenden Beschwerden verhinderten, dass er seine Tätigkeit als Betonbauer ausüben könne. Er sei deshalb seit dem 30.12.2013 bis heute durchgehend arbeitsunfähig für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Es sei nicht erforderlich, als Voraussetzung für den Anspruch auf Krankengeld, eine lückenlose Bescheinigung von Krankengeldauszahlungsscheinen zu fordern. Dies insbesondere dann nicht, wenn - wie bei ihm - eine Erkrankung dazu führe, dass für die bislang ausgeübte Tätigkeit Arbeitsunfähigkeit bis auf Weiteres vorliege...

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