Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Leistungen bei Krankheit. Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände. Kosten einer Krankenhausbehandlung. Einsetzen bei Kenntnis des Leistungsträgers vom Leistungsfall. Nichterforderlichkeit einer vorherigen Genehmigung
Leitsatz (amtlich)
Die Kostenübernahme gem § 4 AsylbLG ist nicht von einer vorherigen Genehmigung des Leistungsträgers abhängig.
Orientierungssatz
1. Mit chronischen Erkrankungen können akute, konkret behandlungsbedürftige Krankheitszustände einhergehen, deren Behandlung unter die Regelung des § 4 Abs 1 S 1 AsylbLG fällt.
2. Ein akuter Behandlungsbedarf besteht dann, wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.
Tenor
1. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 21.08.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2014 verurteilt, die Klägerin aus der Rechnung der F.-St.-Klinik B. vom 08.07.2013 betreffend die Krankenhausbehandlung vom 28.05.2013 bis 29.05.2013 freizustellen.
2. Der Beklagte erstattet der Klägerin ihre außergerichtlichen Kosten.
Tatbestand
Streitig ist die Übernahme von Kosten, die für eine stationäre Krankenhausbehandlung der Klägerin in der Zeit vom 28.05.2013 bis zum 29.05.2013 entstanden sind.
Die am … 1975 in Serbien geborene Klägerin ist gemeinsam mit ihrer Familie im Oktober 2012 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Sie bezieht Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz von dem Beklagten.
Am 16.05.2013 hat die Klägerin im Rahmen eines Gesprächs mit der für sie zuständigen Sozialarbeiterin einen Antrag auf Kostenübernahme für eine operative Entfernung von Hämorridalknoten gestellt. Die Operation war für den 28.05.2013 in der F.-St.-Klinik B. geplant.
Der Beklagte beauftragte noch am selben Tag das Gesundheitsamt mit der Prüfung, ob die Kosten für die Entfernung von Hämorridalknoten im Rahmen des § 4 Abs. 1 AsylbLG übernommen werden können und räumte hierfür eine Frist bis zum 21.05.2013 ein.
Am 23.05.2013 teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass ihre behandelnden Ärzte die geplante Operation für unaufschiebbar hielten. Der Klägerin wurde mitgeteilt, dass der Sachverhalt noch nicht abschließend habe geprüft werden können und deswegen eine Kostenzusage nicht erteilt werden könne. Die Ärztin im Gesundheitsamt wolle zunächst Rücksprache mit dem Hausarzt der Klägerin halten, sie sei jedoch der Ansicht, dass die Operation bis zu einer Genehmigung aufgeschoben werden könne. Sie müsse sich zur Untersuchung beim Gesundheitsamt vorstellen. Der Termin sei für Anfang Juni 2013 geplant, weswegen eine Operation im Mai nicht stattfinden könne.
Am 28.05.2013 erfolgte die stationäre Aufnahme der Klägerin in der F.-St.-Klinik B. mit operativer Entfernung der Hämorridalknoten 3. Grades. Die Aufnahmeanzeige ging bei dem Beklagten am 29.05.2013 ein. Die Aufnahme erfolgte als “Normalfall„. Die Entlassungsanzeige ging am 04.06.2013 ein.
Am 17.06.2013 wurde die Klägerin im Gesundheitsamt amtsärztlich durch Frau Dr. ... untersucht. In ihrem Bericht vom 23.07.2013 führte sie aus, leider lasse sich im Nachhinein die Notwendigkeit der OP nicht mehr feststellen. Es handelte sich um eine chronische Erkrankung, die bei der Klägerin schon seit 7 Jahren bestanden hatte. Grundsätzlich sei eine Operation bei Hämorriden 2. Grades eine leitliniengerechte und adäquate Therapie. Es seien keine Informationen bekannt, ob im Vorfeld weniger invasive Maßnahmen, wie z.B. eine Gummibandligatur erfolgt seien. Auch wisse man nicht, ob eine Basistherapie, die in einer Ernährungsberatung, Empfehlung zur Gewichtsreduktion und Empfehlung zu sportlicher Betätigung besteht, erfolgt sei.
Am 31.07.2013 ging bei dem Beklagten die an die Klägerin adressierte Rechnung der F.-St.-Klinik B. vom 08.07.2013 in Höhe von 1326,37 € für die stationäre Behandlung in der Zeit vom 28.05.2013 bis zum 29.05.2013 ein. Am 16.09.2013 ging beim Beklagten die an die Klägerin adressierte Mahnung der F.-St.-Klinik vom 06.09.2013 ein.
Mit Schreiben vom 30.10.2013 wurde der Beklagte von der nunmehr anwaltlich vertretenen Klägerin dazu aufgefordert, die Rechnung der F.-St.-Klinik zu übernehmen. Die Weigerung des Beklagten sei nicht verständlich, nachdem der Hausarzt der Klägerin die Notwendigkeit der stationären Behandlung bestätigt hat.
Am 03.12.2013 teilte der Beklagte der Klägerin daraufhin schriftlich mit, dass die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme nach der Vorschrift des § 4 AsylbLG nicht vorliegen würden, nachdem die Operation vorab nicht genehmigt worden sei.
Daraufhin übersandte die Klägerin der Beklagten am 02.03.2014 die schriftliche Stellungnahme des behandelnden Arztes in der F.-St.-Klinik, Dr. ..., vom 12.02.2014. Dr. ... führte hierin aus, bei dem Krankheitsbild der Klägerin habe es sich nicht um einen lebensbedrohlichen Notfall gehandelt. Es hätten jedoch rezidivierende Analschmerzen und Blutabgänge bestanden. Aufgrund dieses Befundes und insbesondere der Schmerzen sei eine langwierige Abklärung der Kostenübernahme aus ethisch...