Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. Frist für Zahlung der Widerspruchsgebühr nach § 45 Abs 1 Zahnärzte-ZV. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Ausschlussfrist. Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht. Vorschusspflicht des Rechtssuchenden. kein Verstoß gegen Verfassungsrecht
Leitsatz (amtlich)
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in die Frist des § 45 Abs 1 Zahnärzte-ZV für die Zahlung der Widerspruchsgebühr ist ausgeschlossen, da es sich um eine Ausschlussfrist im Sinne von § 27 Abs 5 SGB X handelt.
Orientierungssatz
1. Die Vorschrift des § 45 Abs 1 Zahnärzte-ZV ist mit höherrangigem Recht vereinbar (vgl BSG vom 9.6.1999 - B 6 KA 76/97 R = SozR 3-5520 § 44 Nr 1).
2. Vorschriften, die eine Vorschusspflicht des Rechtssuchenden vorsehen, sind mit Art 19 Abs 4 GG und Art 103 Abs 1 GG grundsätzlich auch dann vereinbar, wenn sie für den Fall der Nichteinzahlung anordnen, dass der entsprechende Rechtsbehelf als zurückgenommen gilt (vgl ua BVerfG vom 12.1.1960 - 1 BvL 17/59 = BVerfGE 10, 264, 268 und BVerfG 14.12.1988 - 1 BvR 1578/88, RdNr 7).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selber tragen.
3. Der Streitwert des Verfahrens wird endgültig auf 60.000 € festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Entziehung einer Zulassung zur kassenzahnärztlichen Versorgung im Streit.
Der am … geborene Kläger ist Zahnarzt und besaß eine Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung, die jeweils zur Hälfte auf die beiden Sitze in … (Regierungsbezirk K.) und in … (Regierungsbezirk …) aufgeteilt war.
Mit Beschluss vom 28.02.2014 entzog der Zulassungsausschuss für Zahnärzte (ZA) dem Kläger die hälftige Zulassung zur vertragszahnärztlichen Versorgung für den Praxissitz …, wobei die sofortige Vollziehung angeordnet wurde. Diese Entscheidung wurde auf eine Verurteilung wegen Betruges in sechs Fällen … vom 20.07.2012, eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tatmehrheit mit Beleidigung in drei tateinheitlichen Fällen … vom 21.06.2012 und auf eine Verurteilung wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs und wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit … vom 08.06.2012 gestützt.
In der Rechtsbehelfsbelehrung des Beschlusses wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass ein Widerspruch als zurückgenommen gilt, wenn eine Gebühr in Höhe von 200,-- € für das Widerspruchsverfahren nicht bis spätestens zwei Wochen nach Ablauf der Widerspruchsfrist an die Geschäftsstelle des beklagten Berufungsausschusses entrichtet wird, dessen Kontoverbindung in der Rechtsbehelfsbelehrung angegeben wurde. Der Beschluss wurde am 28.02.2014 ausgefertigt, der bevollmächtigten Rechtsanwältin des Klägers vorab per Fax zur Kenntnis zugesandt und danach am 03.03.2014 förmlich gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Mit Schreiben vom 21.03.2014, eingegangen beim Berufungsausschuss für Zahnärzte (BA) am 24.03.2014, legte die Bevollmächtigte Widerspruch ein, wozu sie eine aktuelle Vollmacht vorlegte und Akteneinsicht beantragte.
Die zu Ziff. 6 beigeladene Kassenzahnärztliche Vereinigung B. übersandte mit Schreiben vom 09.04.2014 eine Kopie der Verwaltungsakte an die Klägerbevollmächtigte.
Bis zum 30.04.2014 ging beim beklagten BA weder ein weiteres Schreiben der Rechtsanwältin noch des Klägers ein. Auch wurde die Gebühr in Höhe von 200,-- € für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens bis zu diesem Datum nicht eingezahlt.
Mit Schreiben vom 30.04.2014 an die Klägerbevollmächtigte vertrat der Beklagte die Auffassung, dass wegen Nichtzahlung der Gebühr gemäß § 45 Abs. 1 der Zahnärzte-Zulassungsverordnung (Zahnärzte-ZV) die Widerspruchsfrist am 03.04.2014 abgelaufen, die Gebühr in Höhe von 200,-- € am 17.04.2014 letztmalig fällig und bis zum Tag des Schreibens kein Eingang der Widerspruchsgebühr festgestellt werden könne, weswegen der Widerspruch als zurückgenommen gelte.
Die Klägerbevollmächtigte meldete sich erst wieder mit Schreiben vom 12.05.2014, eingegangen bei dem Beklagten am 14.05.2014, mit welchem sie die Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Widerspruchsgebühr beantragte. Es sei aufgrund eines bedauerlichen Irrtums und Versehens der hierfür allein zuständigen Kanzleimitarbeiterin S. versäumt worden, die Frist zu notieren. Zwar habe sie den Kläger mit Schreiben vom 04.03.2014 zur Zahlung der Gebühr aufgefordert, doch wäre es erforderlich gewesen, den Kläger angesichts der derzeit schwierigen und belastenden Umstände nochmals auf die mit der Fristversäumnis verbundenen Gefahren der Rücknahmefiktion hinzuweisen. Dies sei aufgrund des Versehens der Kanzleimitarbeiterin nicht erfolgt. Das Versehen sei trotz der sonst korrekten und sehr zuverlässigen Arbeitsweise und Tätigkeit der Mitarbeiterin passiert, nachdem diese nach einer einwöchigen Erkrankung ihre Arbeit am Montag, 03.03.2014, wieder aufgenommen habe. Nach ständiger höchstrichterlicher Re...