Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Leistungsausschluss von Auszubildenden. Ausnahmeregelung
Leitsatz (amtlich)
1. Schüler einer Schule iS des § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 BAföG, denen es wegen der Erreichbarkeit der Ausbildungsstätte von der elterlichen Wohnung zumutbar wäre, bei den Eltern zu wohnen, haben nach § 2 Abs 1a BAföG keinen Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG.
2. Sie gehören jedoch zum Kreis der potentiellen Leistungsberechtigten nach dem SGB 2, da bei ihnen § 7 Abs 6 Nr 1 SGB 2 eingreift, der den Leistungsausschluss des § 7 Abs 5 SGB 2 verdrängt.
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 14.04.2009 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.03.2009 wird bis zum 30.04.2009 angeordnet; über diesen Zeitraum hinaus jedoch nur bezüglich der Regelleistung. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin im Wege des gerichtlichen Eilrechtsschutzes die Fortsetzung der Zahlung der durch Aufhebungsbescheid eingestellten Leistungen nach dem SGB II.
Die 1989 geborene Antragstellerin lebt nicht bei ihren Eltern in F., sondern wohnte bis zum 30.04.2009 in einer eigenen Wohnung in der R-Straße in A-Stadt. Nach der Kündigung durch ihren Vermieter wurde die Antragstellerin vorübergehend von ihrer ehemaligen Pflegefamilie unter der im Rubrum aufgeführten Anschrift aufgenommen. Die Antragstellerin war im Jahr 2006 vom Jugendamt aus der Familie ihrer leiblichen Eltern genommen worden, da familiäre Probleme bekannt wurden. Bis zum 31.12.2008 wurde die Antragstellerin vom Jugendamt Schwalm-Eder unterstützt. Sie erhielt Hilfe für junge Volljährige nach § 41 SGB VIII (vergleiche Bl. 35a der Verwaltungsakte).
Bis zur 10. Klasse besuchte sie das HT. Gymnasium in A-Stadt. In der Folgezeit besuchte sie zunächst die RS-Schule in M. Seit August 2008 ist die Antragstellerin Schülerin der R-DP-Schule in F. und absolviert dort die Fachoberschule im Bereich Wirtschaft und Verwaltung. Der Schulabschluss wird voraussichtlich im Juli 2010 erreicht. Auf die Schulbescheinigung in der Verwaltungsakte (Bl. 60) wird verwiesen.
Der letztgenannte Ausbildungsgang auf der R-DP-Schule in F. bietet jungen Menschen mit und ohne Berufsausbildung die Möglichkeit, die allgemeine Fachhochschulreife zu erwerben, die zum Studium in einem gestuften Studiengang an einer Universität oder zum Studium an einer Fachhochschule berechtigt. Außerdem befähigt sie zur Ausübung qualifizierter Funktionen in Technik, Wirtschaft und Verwaltung. Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Ausbildungsgangs der Antragstellerin wird auf die in der Gerichtsakte beiliegenden Informationsblätter der R-DP-Schule in F. sowie auf deren Internetauftritt verwiesen.
Mit Bescheid vom 23.12.2008 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.01.2009 bis 30.06.2009 in Höhe von 427,00 € (Bl. 70a der Verwaltungsakte der Verwaltungsakte).
Anfang März 2009 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin fernmündlich mit, dass die Zahlung von Leistungen nach dem SGB II ab März 2009 eingestellt würden.
Die Antragstellerin stellte einen Antrag auf die Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG, über den jedoch noch nicht entschieden worden ist. Wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist, ist den Beteiligten nicht bekannt.
Mit anwaltlichem Schriftsatz hat die Antragstellerin am 12.03.2009 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim hiesigen Sozialgericht Kassel gestellt.
Mit Bescheid vom 12.03.2009 hat die Antragsgegnerin die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II mit Wirkung zum 01.03.2009 aufgehoben. Die Antragsgegnerin begründet ihre Entscheidung mit § 7 Abs. 5 S.1 SGB II. Die Voraussetzungen zur Anwendung der Härtefallregelung nach § 7 Abs. 5 S.2 SGB II lägen ebenfalls nicht vor.
Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14.04.2009 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin Widerspruch gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 12.03.2009 eingelegt (Bl. 88 der Gerichtsakte).
Die Antragstellerin begründet ihren Antrag damit, dass ihr kein Geld zum Leben zur Verfügung stehe. Ihr Vermieter habe ihr gekündigt. Sie erhalte auch keinen Unterhalt von ihren Eltern. Ihr Kindergeld werde von ihren Eltern für die Bezahlung der privaten Krankenversicherung sowie weiterer Versicherungen einbehalten. Die Antragstellerin verweist insoweit auf das Kündigungsschreiben ihres Vermieters vom 15.03.2009 (Bl. 32 der Gerichtsakte) und auf den Schriftsatz ihres Vaters an die Antragsgegnerin vom 09.02.2009 (Bl. 31 der Gerichtsakte).
Die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin zu verurteilen, aufgrund des Bescheides vom 23.12.2008 an sie monatliche Leistungen für März bis Juni 2009 in Höhe von 427,00 € auszuzahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, ...