Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn die Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis unter einer Weisungsgebundenheit verrichtet wird und eine Eingliederung in einen fremden Betrieb vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Bei dem Gesellschafter-Geschäftsfürer einer GmbH liegt ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis dann nicht vor, wenn er mit Hilfe seines Anteils am Stammkapital der Gesellschaft die für das Beschäftigungsverhältnis typische Abhängigkeit vermeiden kann.
3. Reicht die Kapitalbeteiligung hierfür nicht aus, kann gleichwohl eine selbständige Tätigkeit vorliegen, wenn der Geschäftsführer hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort seiner Tätigkeit im Wesentlichen weisungsfrei ist und, wirtschaftlich gesehen, seine Tätigkeit nicht für ein fremdes, sondern für sein eigenes Unternehmen ausübt ( BSG Urteil vom 24. 9. 1992, 7 RAr-12/92).
4. Kann er seine Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten und die Unternehmensziele durch seine Tätigkeit bestimmen, so ist nicht von einer abhängigen Beschäftigung, sondern von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die unter dem Az. S 12 KR 164/08 erhobene Klage werden der Bescheid vom 27. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008 und der Bescheid vom 14. Dezember 2009 insgesamt aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers zu 1) als Vertriebsleiter der Klägerin zu 2), die dieser seit 1. März 2006 ausübt, um eine insgesamt sozialversicherungsfreie Tätigkeit handelt.
2. Auf die unter dem Az. S 12 KR 36/08 erhobene Klage werden der Bescheid vom 27. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 21. Januar 2008 und der Bescheid vom 14. Dezember 2009 insgesamt aufgehoben und festgestellt, dass es sich bei der Tätigkeit des Klägers zu 1) als Vertriebsleiter der Klägerin zu 2), die dieser seit 1. März 2006 ausübt, um eine insgesamt sozialversicherungsfreie Tätigkeit handelt.
3. Die Beklagte hat im Rechtsstreit S 12 KR 164/08 dem Kläger zu 1) die Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
4. Im Rechtsstreit S 12 KR 36/08 hat die Beklagte einschließlich der Kosten der Klägerin zu 2) insgesamt die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger zu 1) und die Klägerin zu 2) wenden sich mit ihren am 7. Februar 2008 erhobenen Klagen gegen ihnen jeweils und gesondert unter dem 27. Juni 2007 erteilte sogenannte Statusfeststellungsbescheide der Beklagten nach § 7a Sozialgesetzbuch Gemeinsame Vorschriften (SGB IV), jeweils in der Fassung entsprechender, wiederum gesondert erteilter Widerspruchsbescheide vom 21. Januar 2008, mit denen die Beklagte ihnen gegenüber das Vorliegen von Versicherungspflicht des Klägers zu 1) als Vertriebsleiter der Klägerin zu 2) dem Grunde nach festgestellt hat, jeweils ergänzt durch ihnen im Verlauf der Klageverfahren erteilte weitere Bescheide vom 14. Dezember 2009, mit denen die Beklagte dann auch konkret Versicherungspflicht des Klägers zu 1) auf der Grundlage seiner vorgenannten Tätigkeit für die Klägerin zu 2) in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), der Sozialen Pflegeversicherung, der Gesetzlichen Rentenversicherung und zur Bundesagentur für Arbeit in der Arbeitslosenversicherung festgestellt hat.
Den Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status des 1952 geborenen Klägers zu 1) hatte dieser zusammen mit der Klägerin zu 2) mit Eingang bei der Beklagten am 13. März 2006 gestellt und dabei gleichzeitig darauf hingewiesen, dass Allein-Geschäftsführerin der Klägerin zu 2) seine Ehefrau sei. Diese war und ist sodann gleichzeitig auch alleinige Gesellschafterin der Klägerin zu 2), wobei das Stammkapital der Klägerin zu 2) nach einem insoweit gleichzeitig vorgelegten Vertrag insgesamt 358.000,-- € beträgt und die beiden Stammeinlagen á 179.000,-- € in voller Höhe eingezahlt sind. Ursprünglich hatte die Ehefrau des Klägers zu 1) bei alledem nur einen Geschäftsanteil in der vorgenannten Höhe von 179.000,-- € gehalten, den Zweiten dann aber zu einem Kaufpreis von 350.000,-- € von dem zweiten Gesellschafter, der in Griechenland ansässig war, im Oktober 2005 erworben, so dass sie insoweit zur Alleingesellschafterin geworden war. Vom Kläger zu 2) war sodann noch geltend gemacht worden, privat kranken- und pflegeversichert zu sein, wobei er die Tätigkeit als Vertriebsleiter seit 1. März 2006 ohne eigenen Kapitaleinsatz ausübe, die Kalkulation und Preisgestaltung der Klägerin zu 2) sowie deren Werbung jedoch eigenmächtig durch ihn erfolge; ...