Nachgehend

BSG (Urteil vom 30.06.2016; Aktenzeichen B 8 SO 7/15 R)

 

Tenor

Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 21.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2011 verurteilt, dem Kläger vom 06.10.2010 bis zum 25.07.2011 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten von insgesamt 24,33 Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Beklagte zu 4/5.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Anspruch auf Eingliederungshilfe in Form von Leistungen des ambulant betreuten Wohnens in einem Umfang von insgesamt 31,33 Fachleistungsstunden für die Zeit vom 06.10.2010 bis zum 25.07.2011.

Der Kläger wurde am 00.00.1987 geboren und verfügt über einen Schwerbehindertenausweis, der einen Grad der Behinderung - GdB - von 50 ausweist. Eine rechtliche Betreuung ist eingerichtet. Es besteht ein Einwilligungsvorbehalt für alle Vermögensangelegenheiten. Im Oktober 2010 wurde dem Beklagten eine Aufnahmeanzeige für das ambulant betreute Wohnen übermittelt, aus der sich ergibt, dass seit dem 04.10.2010 eine Betreuung erfolgt. Im Januar 2011 wurde eine individuelle Hilfeplanung für die Zeit vom 06.10.2010 bis 05.10.2011 vorgelegt, die einen Bedarf von 1 Stunde und 45 Minuten ausweist. Ferner wurden ein im Betreuungsverfahren eingeholtes Gutachten des Dr. I. vom 20.09.2007 übersandt und Notizen der Institutsambulanz des Evangelischen Krankenhauses X. aus der Zeit bis 2008 sowie ein Gutachten des Gesundheitsamtes des C. Kreises vom 13.07.2009. Schließlich wurde eine fachärztliche Stellungnahme des Facharztes für Psychiatrie Dr. G. vom Dezember 2010 vorgelegt, in der es heißt, der Kläger leide an einer emotional instabilen Persönlichkeitsstörung und einem Zustand nach THC-Abusus. Es wurde eine Stellungnahme bei dem medizinisch-psychosozialen Dienst des Beklagten eingeholt.

Mit Bescheid vom 21.03.2011 wurde der Antrag abgelehnt. In der Begründung wurde ausgeführt, aus dem Hilfeplan würden keine eindeutigen Hilfen hervorgehen, die nicht auch von anderen Leistungsträgern vorrangig zur Verfügung gestellt werden könnten. So bestehe seit dem Jahr 2007 eine rechtliche Betreuung. Sinnvoll seien zudem die Anbindung an das Sozialpsychiatrische Zentrum und eine Kontaktaufnahme zur Drogenberatung. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, die rechtliche Betreuung sei keine Form der Eingliederungshilfe. Die Hilfen des betreuten Wohnens würden durch sie nicht abgedeckt.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.07.2011 zurückgewiesen. In der Begründung führte der Beklagte aus, der Kläger sei zwar wesentlich behindert im Sinne des § 53 Sozialgesetzbuch 12. Teil - SGB XII -. Er sei jedoch vorrangig auf die bereits eingerichtete Betreuung zu verweisen. Zudem könne er sich vorrangig an ein sozialpsychiatrisches Zentrum und/oder eine Drogenberatungsstelle wenden. Ein darüber hinausgehender Bedarf an Leistungen des ambulant betreuten Wohnens sei nicht gegeben.

Der Kläger hat am 15.08.2011 Klage erhoben. Er wiederholt und vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und führt aus, die rechtliche Betreuung könne weder bei der Führung des Haushalts noch bei der Planung und Durchführung der sozialen Lebensführung im Übrigen herangezogen werden. Es bestehe eine Bedarfslücke zwischen dem rechtlichen Betreuer und den sozialen und gesellschaftlichen Anforderungen an eine vernünftige und möglichst selbstbestimmte Lebensführung. Der Kläger legt eine Übersicht über die vom Leistungserbringer erbrachten Fachleistungsstunden vor. Er beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2011 zu verurteilen, ihm vom 06.10.2010 bis zum 25.07.2011 Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Kosten von insgesamt 31,33 Fachleistungsstunden im Rahmen des betreuten Wohnens zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig.

Die Akte des Betreuungsgerichts wurde beigezogen. Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts mit den Beteiligten am 29.06.2012 wurden der Betreuer des Klägers und der Zeuge Y. gehört. Auf das Protokoll der Nichtöffentlichen Sitzung vom 29.06.2012 wird verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die den Kläger betreffende Verwaltungsakte des Beklagten, die beigezogene Akte und auf die Gerichtsakte Bezug genommen. Sie waren Gegenstand der Entscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die Kammer konnte gemäߧ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.

Die Klage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 21.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.07.2011 insoweit beschwert im Sinne des§ 54 Abs. 2 SGG , als es der Beklagte abgelehnt hat, ih...

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