Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Anwendung des Fremdrentenrecht auf Staatenlose. Anspruch auf Vormerkung von Beitragszeiten für außerhalb des Bundesgebietes erbrachte Beitragszeiten eines Staatenlosen
Orientierungssatz
Für einen staatenlosen Ausländer, der sich nicht infolge des 2. Weltkriegs bereits im Jahr 1950 im Bundesgebiet aufgehalten hat, kommt die Vormerkung von Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung für Beschäftigungs- und Beitragszeiten, die außerhalb des Bundesgebietes erbracht wurden, nicht in Betracht. Insoweit findet auch keine Gleichstellung mit Vertriebenen und Spätaussiedlern statt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Vormerkung von Beitragszeiten umstritten.
Der am 00.00.1959 in L (damals UdSSR, heute Moldawien) geborene Kläger leistete in der Zeit vom 26.07.1976-04.07.1990 Militärdienst bei der sowjetischen Armee, in der Zeit vom 30.07. 1990-29.11.1992 war er als Fahrer für einen Kfz-Transporter beim Staatlichen Pädagogischen T-Institut U beschäftigt. Am 21.12.1992 reiste er von U (Moldawien) aus in die Bundesrepublik Deutschland ein und wurde hier als Staatenloser, nicht jedoch als Vertriebener oder Spätaussiedler im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) anerkannt. Aus seinem am 24.07.2017 von der Bundesstadt C ausgestellten Reisepass ergibt sich ferner, dass der Kläger heimatloser Ausländer nach dem Gesetz über die Rechtsstellung heimatloser Ausländer im Bundesgebiet vom 25.04.1951 und zum Aufenthalt im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland berechtigt ist.
Am 10.09.2012 beantragte der Kläger beim beklagten Rentenversicherungsträger die Klärung seines Rentenkontos. Mit Bescheid vom 30.07.2013 stellte die Beklagte die rentenrechtlichen Zeiten des Klägers bis zum 31.12.2006 verbindlich fest, sie entschied unter anderem, dass die Zeit vom 26.07.1976-29.11.1992 nicht als Beitrags- oder Beschäftigungszeit vorgemerkt werden kann, da die Zeit im Ausland zurückgelegt worden sei und persönlichen Voraussetzungen des § 1 Fremdrentengesetz (FRG) nicht vorlägen, der Kläger sei z.B. weder als Vertriebener noch als Spätaussiedler anerkannt.
Der Kläger widersprach und machte geltend, die Zeit vom 26.07.1976-29.11.1992 sei als Beitragszeit vorzumerken, da er anerkannter Staatenloser sei. Nach Artikel 24 des Staatenlosenübereinkommens von 1954 (StlÜbk) erfahre er in Bezug auf die Soziale Sicherheit die gleiche Behandlung wie deutsche Staatsangehörige. Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2015 zurück. Die Fremdrentenzeiten des Klägers könnten in der deutschen Rentenversicherung nicht berücksichtigt werden, weil er die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Insbesondere scheide eine Berücksichtigung der Fremdrentenzeiten nach § 1d FAG als heimatloser Ausländer aus, da der Kläger seinen Wohnsitz im Bundesgebiet nicht bereits am 30.06.1950 hatte, sondern erst seit Dezember 1992.
Mit seiner am 15.09.2015 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.
Er ist weiterhin der Auffassung, seine in der ehemaligen UdSSR und Moldawien zurückgelegten Beitragszeiten sein nach Art. 24 des StlÜbk in der deutschen Rentenversicherung zu berücksichtigen. Demgegenüber müsse er die Voraussetzungen des FRG nicht erfüllen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 30.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2015 zu verpflichten, die Zeit vom 26.07.1976-29.11.1992 als Beitragszeit in der deutschen Rentenversicherung vorzumerken.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an der getroffenen Entscheidung fest. Der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 24 des StlÜbk führe nicht zu der für die Berücksichtigung der außerhalb des Bundesgebiets zurückgelegten Beitragszeiten notwendigen Zugehörigkeit des Klägers zum Personenkreis nach dem FRG.
Im Übrigen wird wegen des weiteren Sach- und Streitstandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen. Diese Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 30.07.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2015 beschwert den Kläger nicht nach § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Diese Bescheide sind rechtmäßig, weil der Kläger gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf hat, die Zeit vom 26.07.1976-29.11.1992 als Beitragszeit in der deutschen Rentenversicherung vorzumerken. Dies folgt aus § 55 Abs. 1 S. 1 und 2 Sechstes Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach Abs. 1 S. 1 der Vorschrift sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Beiträge sind dann nach Bundesrecht gezahlt, wenn sie nach Inkrafttreten des Grundgesetzes (GG) aufgrund der im Bundesgebiet geltenden Vorschriften, insbesondere nach dem SGB VI oder der Reichsversiche...