Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 17.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2019 wird aufgehoben.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die Zeit ab dem 01.03.2018 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Die Beklagte trägt die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII).

Der am 00.00.1997 geborene Kläger leidet unter anderem unter einer Intelligenzminderung. Dem Kläger sind mit Bescheid des S-F-Kreises vom 05.07.2016 ein Grad der Behinderung (GdB) von 70 sowie die Merkzeichen "G" und "B" zuerkannt. Dem Kläger ist der Pflegegrad 2 zuerkannt. Er lebt in einem gemeinsamen Haushalt mit seiner Mutter und deren Lebenspartner. Der leibliche Vater zahlt für den Kläger seit September 2017 keinen Unterhalt mehr. Mit Beschluss des Amtsgerichts C1 (73 XVII 19/17) vom 16.05.2017 ist die Frau B-D C zur Betreuerin des Klägers bestellt worden.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) meldete den Kläger zum 01.09.2017 für eine Maßnahme im Eingangsverfahren/Berufsbildungsbereich bei einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) an. Zum 01.09.2017 wurde der Kläger im Eingangsverfahren der Reha Betriebe F GmbH in C1 aufgenommen. Mit Bescheid vom 26.07.2017 gewährte die BA dem Kläger ab 01.09.2017 ein Ausbildungsgeld (ABG) in Höhe von monatlich 67 Euro (bis 31.08.2018) bzw. 80 Euro (bis 30.11.2019).

Der Kläger beantragte am 14.03.2018 bei der Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII. Er gab an, nach Abschluss der Förderschule seit September 2017 in den Reha Betrieben F im Ausbildungsbereich tätig zu sein. Einkünfte seien i.H.v. monatlich 67 Euro (Ausbildungsgeld) vorhanden. Vermögen bestehe nicht. Der Kläger legte unter anderem einen Befundbericht der LVR-Klinik C2, Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie II über eine Intelligenztestung vom 10.10.2016 vor. Mit Bescheid vom 17.07.2018 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab, da aufgrund fehlenden Nachweises dauerhafter voller Erwerbsminderung kein Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII bestehe. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 19.07.2018 Widerspruch ein und führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass sich das Vorliegen dauerhafter voller Erwerbsminderung aus dem Umstand ergebe, dass bei dem Kläger aufgrund seiner Intelligenzminderung Werkstattnotwendigkeit festgestellt worden sei. Für die von der Beklagten vorgenommene Differenzierung zwischen dem Arbeitsbereich einer WfbM und deren Eingangs- bzw. Berufsbildungsbereich fehle es an einer Rechtfertigung. Ebenso wie bei Menschen im Arbeitsbereich einer WfbM sei auch bei Personen im Eingangsverfahren bzw. Berufsbildungsbereich eine dauerhafte voller Erwerbsminderung zu unterstellen. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2019 wies der S-F-Kreis den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Feststellung, dass der Kläger dauerhaft voll erwerbsgemindert sei, sei bislang nicht getroffen worden. Bis zur Feststellung einer dauerhaften vollen Erwerbsminderung bestehe kein Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII.

Der Kläger hat am 02.10.2018 Klage vor dem Sozialgericht Köln erhoben. Zur Begründung nimmt er im Wesentlichen Bezug auf sein bisheriges Vorbringen. Vertiefend trägt er vor: Eine im Oktober 2016 durchgeführte Intelligenzdiagnostik habe einen Gesamt-IQ von 47 ergeben, so dass der Kläger im Bereich einer mittelgradigen Intelligenzminderung einzustufen sei. Aufgrund der festgestellten Intelligenzminderung könne nicht davon ausgegangen werden, dass es ihm möglich sein werde, auf dem ersten Arbeitsmarkt eine Tätigkeit zu finden. Nach Einschätzung des Fachausschusses der Reha Betriebe F sei er nicht in der Lage, am ersten Arbeitsmarkt tätig zu werden. Das Fachausschussprotokoll liege der Beklagten vor. Der Kläger nimmt Bezug auf ein im Auftrag des Amtsgerichts C1 durch den Facharzt für Psychiatrie N am 13.04.2017 erstattetes psychiatrisches Gutachten. Danach leide der Kläger unter einer leichtgradigen Intelligenzminderung wegen derer er Hilfe durch einen Betreuer in den Bereichen Gesundheitsfürsorge, Behördenangelegenheiten, Vermögensangelegenheiten und Postangelegenheiten bedürfe. Aufgrund der seit frühester Kindheit bestehenden geistigen Behinderung sei die freie Willensbildung stark eingeschränkt; es besteht Geschäftsunfähigkeit. Die geistige Behinderung bestehe seit frühester Kindheit und es bestünden wenig Chancen zur Besserung. Der Kläger nimmt ebenfalls Bezug auf ein Gutachten des sozialmedizinischen Dienstes (SMD) Knappschaft-Bahn-See vom 02.11.2006 zur Feststellung seiner Pflegebedürftigkeit.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.07.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2019 zu verurteilen...

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