Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilferecht: Eingliederungshilfen für Menschen mit Behinderung. Übernahme der Kosten einer Assistenz. Anrechnung von Vermögen auf den Hilfebedarf. Voraussetzung der Annahme einer besonderen Härte bei der Anrechnung des Kapitalwertes einer Kapitallebensversicherung auf den Hilfebedarf
Orientierungssatz
1. Auch bei Bezug von Leistungen zur Eingliederung für Menschen mit einer Behinderung in Form einer Assistenz ist Vermögen des Hilfebedürftigen (hier: Kapitallebensversicherung) auf den Hilfebedarf anzurechnen.
2. Verfügt ein Empfänger von Leistungen zur Eingliederung für Menschen mit einer Behinderung über eine Vollzeitstelle als Beamter, so ist von einer ausreichenden Sicherung im Alter auszugehen, sodass die Anrechnung von Vermögen in Form einer Kapitallebensversicherung auf den Hilfebedarf im Regelfall keine besondere Härte darstellt, auch wenn die Vermögensbildung für die Absicherung im Alter erfolgt.
3. Der Verlust von ca. 14 Prozent der eingezahlten Beträge zu einer Lebensversicherung im Falle der vorzeitigen Vertragskündigung zur Vermögensverwertung im Rahmen des Sozialhilfebezugs begründet noch nicht die Annahme einer besonderen Härte, die ausnahmsweise zu einem Absehen von der Vermögensverwertung führt.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage über die Verwertung einer Lebensversicherung des Klägers.
Der am 00.00.1964 geborene Kläger leidet seit seiner Geburt insbesondere an einer schweren Tetraspastik und hat einen Grad der Behinderung von 100; ihm sind u. a. die Merkzeichen aG - außergewöhnliche Gehbehinderung - und H - Hilflosigkeit - zuerkannt. Er ist rund um die Uhr auf Assistenz angewiesen. Er ist als promovierter beamteter Studienrat bei einem Weiterbildungskolleg in L in Vollzeit beschäftigt. Seine persönliche Assistenz (Eingliederungshilfe nach dem 6. Kapitel und Hilfe zur Pflege nach dem 7. Kapitel des Sozialgesetzbuches, Zwölftes Buch - SGB XII -) wird im sog. Arbeitgebermodell durchgeführt. Ab März 2011 erhielt der Kläger diesbezüglich monatliche Abschlagszahlungen vom Beklagten in Höhe von 9.600,- Euro. Im Rahmen einer Überprüfung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Klägers fiel dem Beklagten auf, dass der Kläger eine Kapitallebensversicherung bei den DEVK- Versicherungen hatte und einen Bausparvertrag bei der LBS Westdeutsche Landesbausparkasse. Nach einer Anhörung im Mai 2013 wurde die Hilfegewährung an den Kläger durch Bescheid vom 14.06.2013 mit Wirkung zum 01.07.2014 eingestellt mit der Begründung, dass er zunächst sein Vermögen zu verwerten habe. Nach den vorgelegten Unterlagen verfüge er u.a. über Vermögen in Höhe von 17.576,30 Euro. Abzüglich des Freibetrages ergebe sich ein übersteigendes Vermögen in Höhe von 14.976,30 Euro. Dieses Vermögen sei vorrangig zur Deckung des Bedarfs einzusetzen.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er trug u.a. vor, dass er trotz vollständiger Erwerbsunfähigkeit eine volle Stelle als Lehrer einnehme. Beide Versicherungen bei der LBS und bei der DEVK dienten der Aufstockung seiner Pensionsbezüge, um seinen gesellschaftlichen Status zu erhalten. Falls er nicht arbeiten würde, müssten sämtliche Kosten vom Beklagten übernommen werden. Er werde für seinen Arbeitseinsatz bestraft.
Mit Widerspruchsbescheid vom 17.07.2013 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Der Beklagte legte u.a. dar, dass nach § 90 Absatz 1 SGB XII grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen sei. Bei der Lebensversicherung handele es sich nicht um ein ausdrücklich zur Altersvorsorge gefördertes Vermögen. Er erziele aktuell Nettoeinkünfte in Höhe von 3.160,- Euro monatlich aus seiner Tätigkeit als Studienrat. Durch den Anspruch auf Beamtenpension sei eine ausreichende Alterssicherung zu erlangen. Auch ein Wertverlust von ca. 30 Prozent der Lebensversicherung sei nach der bisherigen Rechtsprechung keine besondere Härte.
Die am 12.08.2013 eingegangene Klage hat sich zunächst auf Weiterbewilligung der Leistungen gerichtet. Im Laufe des Verfahrens hat der Kläger seine Lebensversicherung gekündigt und den ausgezahlten Betrag in Höhe von 20.717,17 Euro aufgebraucht und der Beklagte hat die Hilfegewährung wieder aufgenommen. Der Kläger hat sodann die Klage auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umgestellt. Der Kläger vertritt nach wie vor die Auffassung, dass es rechtswidrig war, die Verwertung der Lebensversicherung von ihm zu verlangen. Die Lebensversicherung sollte seiner angemessenen Lebensführung im Alter dienen. Er habe konkrete Pläne für die Zeit nach seiner Pensionierung und zwar wünsche er, in eine Seniorenresidenz in E2 umzusiedeln. Um sich eine Unterbringung in dieser Einrichtung leisten zu können, habe er aus seinen Bezügen Vermögenswerte angespart. Er führe bereits Verhandlungen über die Möglichkeit, einen Platz in dieser Ein...