Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Abrechnung. Krankenhausbehandlungskosten. Wiederaufnahme. Patient. Fallzusammenführung. Verantwortungsbereich des Krankenhauses
Orientierungssatz
1. Beruht die Wiederaufnahme eines Patienten innerhalb der oberen Grenzverweildauer von neun Behandlungstagen nicht auf einer Komplikation, die in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fällt, sind die Voraussetzungen für eine Fallzusammenführung iS von § 2 Abs 3 der Fallpauschalenvereinbarung 2009 vom 17.9.2008 (juris: KFPVbg 2009) nicht gegeben.
2. In den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen nicht unvermeidbare Nebenwirkungen, unvernünftiges Verhalten des Patienten nach der Krankenhausentlassung oder ein fehlerhaftes Behandlungsverhalten des nach der ersten Krankenhausentlassung ambulant weiterbehandelnden Arztes.
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen. Auf die Widerklage hin wird die Klägerin verurteilt, 300,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Beklagte zu zahlen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Widerklage trägt die Klägerin.
Die Sprungrevision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Vergütung von Krankenhausbehandlungsleistungen, insbesondere über die Frage, ob die Beklagte eine stationäre Behandlung als neue Diagnosis Related Groups (DRG) nach dem Fallpauschalenkatalog 2009 abrechnen durfte oder eine Fallzusammenführung aus einer zuvor erfolgten Behandlung hätte vornehmen müssen.
Die Beklagte ist Trägerin des Kreiskrankenhauses ..., dass in den Krankhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen ist. Der bei der Klägerin versicherte ... (im Folgenden: der Versicherte) wurde im Zeitraum vom ... bis zum ... (im Folgenden: Behandlungsabschnitt I) und vom ... bis zum ... (im Folgenden: Behandlungsabschnitt II) in der Klinik für Visceral-, Thorax- und Gefäßchirurgie behandelt.
Im Behandlungsabschnitt I wurde der Versicherte auf Einweisung der Ärzte für Allgemeinmedizin ... und ... wegen einer klinisch nachgewiesenen Leistenhernie links stationär in das Krankenhaus der Beklagten aufgenommen. Im Entlassungsbericht vom ... führten die behandelnden Ärzte ... und ... aus, dass im Verlauf der stationären Aufnahme am ... eine endoskopische Hernienoperation (TEP) mit Netz-Implantation links komplikationslos durchgeführt worden sei. Postoperativ sei die Behandlung komplikationslos verlaufen. Zum Entlassungszeitpunkt wurde eine körperliche Schonung für 1 Woche aufgegeben. Der Wundverschluss sollte bis zur Entfernung am achten postoperativen Tag nicht gewechselt werden.
Unter dem ... kam es zu einer notfallmäßigen Vorstellung des Versicherten bei der Beklagten. Privatdozent Dr. ... berichtete über den stationären Aufenthalt des Versicherten im Behandlungsabschnitt II im Entlassungsbrief vom ... und gab an, dass der Versicherte sich bis zum ... in stationärer Behandlung wegen eines ausgedehnten Hämatoms bis weit in das Skrotalfach reichend nach endoskopischer Herniotomie befunden habe. Unter konservativen Maßnahmen mit lokaler physikalischer Therapie und i.v. Antibiose, bei liegendem Netz, sei die Schwellung deutlich rückläufig. Das Hämatom im Skrotalfach sei nahezu komplett resorbiert. In der Leiste sei noch eine wulstige pralle Resistenz vorhanden, die jedoch tendenziell auch gut rückläufig sei.
Mit Schreiben vom ... stellte die Beklagte der Klägerin den stationären Aufenthalt im Behandlungsabschnitt I in Rechnung und wies folgende Entgelte aus:
DRG-Ziffer G 24 Z Eingriffe bei Bauchwandhernien, Nabelhernien und anderen Hernien, Alter ) 0 Jahre oder beidseitige Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien, Alter ) 0 Jahre und ( 56 Jahre oder Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien, Alter ) 55 Jahre 2.182,19 EUR Vorstationäre Chirurgie 0,00 EUR Zuschlag Qualitätssicherung 1,29 EUR Zuschlag für Gemeinsamen Bundesausschuss vollstationär 0,85 EUR Zuschlag für Verbesserung der Arbeitsbedingung 18,60 EUR Telematikzuschlag, vollstationär (§ 291a Abs. 7a i.V. mit 0,90 EUR Abs. 7 Satz 4 SGB V) Zuschlag für Erlösausgleiche nach § 5 Abs. 4 KHEntgG 112,01 EUR Pflegezuschlag nach § 4 Abs. 10 KHEntgG 16,08 EUR Zu- und Abschläge nach GMG und sonstige Zu- und -37,20 EUR Abschläge DRG Sys 1,03 EUR Eingriffe bei Bauchwandhernien, Nabelhernien und anderen -738,86 EUR Hernien, Alter ) 0 Jahre oder beidseitige Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien, Alter ) 0 Jahre und ) 56 Jahre oder Eingriffe bei Leisten- und Schenkelhernien, Alter ) 55 Jahre Zuschlag nach § 7 Nr. 4 KHEntgG 17,07 EUR
Gesamtsumme 1.528,96 EUR
Mit Schreiben vom ... stellte die Beklagte den Behandlungsabschnitt II in Rechnung und führte folgende Positionen auf:
DRG-Ziffer X 62 Z Vergiftungen / Toxische Wirkungen von Drogen, 1.544,76 Medikamenten und anderen Substanzen oder Folgen einer medizinischen Behandlung Zuschlag Qualitätssicherung 1,29 EUR Zuschlag für Gemeinsamen Bundesausschuss...