Entscheidungsstichwort (Thema)
Fiktion der Genehmigung einer beantragten Leistung bei nicht rechtzeitiger Bescheidung des Leistungsantrags durch die Krankenkasse
Orientierungssatz
1. Entscheidet die Krankenkasse über einen vom Versicherten gestellten Leistungsantrag nicht innerhalb von drei bzw. fünf Wochen, ohne die Gründe für die Nichteinhaltung der Frist schriftlich mitzuteilen, so gilt der Antrag nach § 13 Abs. 3a SGB 5 als genehmigt.
2. Die schriftliche Benachrichtigung der Krankenkasse muss sich unter Darlegung von Gründen auf das Unvermögen beziehen, die Frist nach § 13 Abs. 3a S. 1 SGB 5 einzuhalten.
3. § 13 Abs. 3a SGB 5 beschränkt den Anspruch nicht auf eine Kostenerstattung, sondern umfasst auch die entsprechend beantragte Sachleistung. Durch die Fiktion der Genehmigung ist die Leistungsberechtigung des Versicherten wirksam verfügt und die Krankenkasse mit allen Einwendungen ausgeschlossen.
Tenor
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2015 verurteilt, der Klägerin eine mehrzeitige stationäre Liposuktion der Ober- und Unterschenkel sowie der Oberarme als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
Streitgegenständlich ist eine stationäre Liposuktion als Sachleistung im Rahmen einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V.
Die am 08.06.1983 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Sie leidet unter Lip-/Lymphödemen an den Ober- und Unterschenkeln sowie den Oberarmen bei Vorliegen einer Adipositas dolorosa. Mit am 29.10.2014 bei der Beklagten eingegangenen ärztlichen Unterlagen beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für eine Straffung der Arme und Ober- wie Unterschenkel unter stationären Bedingungen. Mit Schreiben vom 30.10.2014 forderte die Beklagte weitere medizinische Unterlagen und Angaben der Klägerin an und kündigte eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) an. An die Unterlagen erinnerte die Beklagte mit Schreiben vom 14.11.2015. Nach Eingang weiterer Berichte und Schreiben der Klägerin leitete die Beklagte am 10.12.2014 eine Prüfung durch den MDK ein und unterrichtete die Klägerin mit Schreiben gleichen Datums über die Einleitung der Prüfung. Sobald die Prüfung abgeschlossen sei, erhalte die Klägerin unaufgefordert Bescheid. Der MDK forderte einen weiteren Bericht an und erstellte dann am 21.01.2015 ein Gutachten. Danach bestehe keine Notwendigkeit zu chirurgisch-korrigierenden Eingriffen. Konservative Maßnahmen wie Gewichtsreduktion und konsequente komplexe physikalische Entstauungstherapie seien sachgerecht. Mit am 30.01.2015 abgesandtem Bescheid lehnte die Beklagte daraufhin die beantragte Maßnahme ab.
Hiergegen legte die Klägerin am 10.02.2015 Widerspruch ein. Zur Begründung verwies sie auf erläuternde Stellungnahmen ihres Behandlers und einer Bestätigung ihres Fitnessstudios über verschiedene wahrgenommene Bewegungsangebote. Im Übrigen seien konservative Maßnahmen bei ihr erfolglos ausgeschöpft.
Nach erneuter Begutachtung durch den MDK hielt die Beklagte mit Schreiben vom 13.04.2015 an ihrer Rechtsauffassung fest. Die Klägerin teilte mit Schreiben vom 19.04.2015 mit, ihren Widerspruch aufrecht zu erhalten.
Am 29.05.2015 hat die Klägerin zunächst eine Feststellungsklage zum Gericht erhoben, gerichtet auf die Feststellung, dass ihr Antrag vom 21.10.2014 auf Gewährung einer Liposuktion der Ober- und Unterschenkel sowie der Oberarme gem § 13 Abs 3a S 6 SGB V als genehmigt gelte. Die Fünf-Wochen-Frist des § 13 Abs 3a S 1, 2. Alt SGB V sei nicht gewahrt, eine Mitteilung über die Fristen und die Gründe von deren Nichteinhaltung nicht erfolgt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.06.015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat am 13.07.2015 ihre Klage in eine Leistungsklage, gerichtet auf Gewährung der mehrzeitigen Liposuktion als Sachleistung, umgestellt. Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf das bisherige Vorbringen, ergänzt um umfängliche Hinweise auf die bisherige, ihre Auffassung stützende Rechtsprechung zu § 13 Abs. 3a SGB V. Es sei insbesondere nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber eine Regelung eingeführt habe, die im Vergleich zur bisherigen Rechtslage, nach der ein Anspruch auf Kostenerstattung gegenüber der Krankenkasse bei zu Unrecht abgelehnten Anträgen bereits bestanden habe, keine Änderung darstelle. Vielmehr habe der Gesetzgeber die rechtliche Stellung der Versicherten verbessern wollen. Eine Prüfung der medizinischen Notwendigkeit finde nicht mehr statt.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.01.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.06.2015 zu verurteilen, ihr eine mehrzeitige stationäre Liposuktion der Ober- und Unterschenkel sowie der Oberarme als Sachleistung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, es handele sich prozessual um eine unzulässige Klageänderung. Se...