Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. erhöhte Bedarfe aufgrund der Corona-Pandemie. Mehrbedarf wegen eines unabweisbaren laufenden besonderen Bedarfs bzw abweichende Leistungserbringung als Darlehen. Unabweisbarkeit des Bedarfs. Notbevorratung mit Lebensmitteln und Getränken. höhere Lebensmittelpreise. Schutzmasken und Schutzkleidung
Leitsatz (amtlich)
Zusätzliche Aufwendungen für eine Notbevorratung, wegen höherer Lebensmittelpreise sowie für Schutzmasken und Schutzkleidung während der Corona-Pandemie stellen keinen unabweisbaren Bedarf nach § 21 Abs 6 SGB II oder § 24 Abs 1 SGB II dar.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt höheres Arbeitslosengeld II als Zuschuss oder Darlehen für erhöhte Aufwendungen wegen der Carona-Pandemie (Covid-19-Pandemie).
Der 1955 geborene Antragsteller bezieht zusammen mit seiner Ehefrau seit Jahren Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Mit Schreiben vom 28. Februar 2020 wandte er sich an den Antragsgegner und beantragte unter Hinweis auf die Corona-Pandemie zusätzliche Leistungen für eine Notbevorratung von Lebensmitteln für etwa zehn Tage, für eine Mundschutzmaske und für Desinfektionsmittel. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 2. März 2020 mit der Begründung abgelehnt, es handle sich um keine Leistung des SGB II. Widerspruch ist bisher nicht erhoben worden.
Mit Schreiben vom 15. März 2020 beantragte der Antragsteller einen Vorschuss seines Arbeitslosengeldes II für die gewünschte Notbevorratung. Er habe am letzten Samstag in den Supermärkten einen regelrechten Ansturm erlebt. Vor allem Toilettenpapier, Nudeln oder Mehl seien nach kurzer Zeit nicht mehr zu bekommen gewesen. Mit Bescheid vom 17. März 2020 lehnte der Antragsgegner die Gewährung eines Darlehens für eine Lebensmittelbevorratung mit der Begründung ab, die beantragte Leistung sei durch den Regelbedarf abgedeckt, auch gebe es für ein Darlehen keine gesetzliche Grundlage. Widerspruch ist bisher nicht erhoben worden.
Am 26. März 2020 hat der Antragsteller Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht gestellt. Zur Begründung führt er aus, durch den Corona-Virus sei es zu einer bundes-, ja weltweiten Krise gekommen. Durch „Hamsterkäufe“ seien in den Supermärkten nicht selten billige Produkte an Grundnahrungsmitteln wie Reis, Nudeln, Feuchttücher, Fleisch, Konserven, Seife und Toilettenpapier ausverkauft. Viele seien gezwungen, teurere Produkte zu kaufen. Statt einer 500 g-Packung Nudeln für 0,45 € habe er zuletzt eine Packung für 2,70 € kaufen müssen. Preise wie 2,40 € für eine Salatgurke oder 1,00 € für eine einzelne Orange seien vor kurzem undenkbar gewesen. Hygieneartikel und spezielle Schutzmasken bzw. -kleidung seien auf dem freien Markt zu gewöhnlichen Preisen nicht zu beschaffen. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe rate zu einer Notbevorratung von Lebensmittel und Wasser für mindestens zehn Tage, was mehrere hundert Euro koste. Komme es tatsächlich zu einer „häuslichen Quarantäne“, dürften infizierten Verdachtsfälle ihre Wohnung mindestens 14 Tage lang nicht verlassen und keinen direkten Kontakt zur Außenwelt haben. Infizierten Verdachtsfällen werde seitens der Regierung geraten, ggf. Freunde und Verwandte zu bitten, ihnen Lebensmittel vor die Türe zu stellen. Im besten Fall ernährten sich Betroffene von ihren Notvorräten. Als Aussiedler hätten er und seine Frau keine Verwandten und enge Freunde in der Nähe und könnten sich nur auf sich selbst verlassen.
Der Antragsteller beantragt (sachdienlich gefasst),
den Antragsgegner zu verpflichten, ihm 500,00 € für Desinfektionsmittel/Hygieneartikel und Grundnahrungsmittel als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Ansicht, Leistungen für eine Notbevorratung könnten weder als Zuschuss noch als Darlehen gewährt werden, da der Antragsteller die Kosten aus den für den Regelbedarf gewährten Leistungen aufbringen müsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die im Gerichtsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Begehren des Antragstellers, zusätzliche Leistungen für eine Notbevorratung und wegen eines durch die Corona-Pandemie erhöhten Bedarfs zu erhalten, ist auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch das Gericht ausgerichtet. Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache sowie die Erforderlich...