Entscheidungsstichwort (Thema)

Minderung des Arbeitslosengeld II. Verhinderung der Anbahnung einer Arbeitsgelegenheit gegen Mehraufwandsentschädigung. Nichtvorlage eines Lebenslaufs beim Maßnahmeträger. Datenschutzrecht

 

Orientierungssatz

Ein Maßnahmeträger für Arbeitsgelegenheiten gegen Mehraufwandsentschädigung, kann nur mit Zustimmung des Leistungsberechtigten Daten zum Lebenslauf erheben und verwerten. Allein die Weigerung, einen Lebenslauf vorzulegen oder die Zustimmung zur Datenerhebung zu erteilen, kann nicht als Verhinderung der Anbahnung einer Arbeitsgelegenheit nach § 31 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 2 sanktioniert werden.

 

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches des Antragstellers vom 25.04.2012 gegen den Sanktionsbescheid des Antragsgegners vom 20.04.2012 wird angeordnet. Die für die laufenden Monate Juni und Juli 2012 im Änderungsbescheid vom 24.04.2012 festgesetzten Minderungsbeträge in Höhe von monatlich jeweils 101,10 € sind dem Antragsteller vorläufig auszuzahlen.

II. Der Antragsgegner trägt die außergerichtlichen Kosten des Antragtellers.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten sich um die Rechtmäßigkeit der Herabsetzung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).

Der arbeitslose, erwerbsfähige Antragsteller steht im laufenden Leistungsbezug bei Antragsgegner. Zuletzt bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller und den weiteren Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Bewilligungszeitraum 01.02.2012 bis 31.07.2012 mit Bewilligungsbescheid vom 27.01.2012 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 04.04.2012 und 20.04.2012. Mit Schreiben vom 21.02.2012 übersandte der Antragsgegner dem Antragsteller einen Vermittlungsvorschlag für eine Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung gem. § 16d SGB II als Sportassistent beim Kommunalen Eigenbetrieb Engelsdorf in A-Stadt mit einem zeitlichen Umfang von 20 Stunden wöchentlich und einer Mehraufwandsentschädigung von 1,25 € pro Stunde. Darin waren die Anforderungen und Tätigkeitsfelder der vorgeschlagenen Arbeitsgelegenheit beschrieben. Die Tätigkeit sollte vom 01.03.2012 bis 30.11.2012 andauern. Dem Arbeitsangebot war eine schriftliche Rechtsfolgenbelehrung angehängt. U.a. verfügte die Rechtsfolgenbelehrung auch über einen Hinweis, dass ein Pflichtverstoß auch vorliege, wenn die Aufnahme der angebotenen Arbeitsgelegenheit durch negatives Bewerbungsverhalten vereitelt werde. Bezüglich deren genauen Inhaltes wird auf Blatt 16 und 17 der Gerichtsakte Bezug genommen. Mit Schreiben vom 01.03.2012 bevollmächtigte er einen Herrn O. hinsichtlich des Verfahrensganges, eine Arbeitsgelegenheit anzutreten.

Absprachegemäß erschien der Antragsteller am 05.03.2012 zum Vorstellungsgespräch beim Maßnahmeträger. Den mit der Einladung durch den Maßnahmeträger angeforderten Lebenslauf hatte der Antragsteller nicht dabei. Die wiederholt gestellte Frage des Antragstellers, wozu die Vorlage eines Lebenslaufes notwendig sei, wurde vom Gesprächsführer des Maßnahmeträgers nicht beantwortet und das Vorstellungsgespräch abgebrochen. Mit Rückantwortschreiben vom 07.03.2012 teilte der Maßnahmeträger mit, dass der Bewerber nicht beschäftigt werde auf Grund seines frechen Auftretens und seiner mangelnden Bereitschaft, einen Lebenslauf vorzulegen oder aufzusagen.

Nach Anhörung erließ der Antragsgegner am 20.04.2012 einen auf § 31 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 31a Abs. 1 und § 31b SGB II gestützten Sanktionsbescheid mit der Begründung, der Hilfeempfänger habe durch sein negatives Auftreten (Weigerung, einen Lebenslauf vorzulegen) die Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses von vorneherein verhindert. Für den Minderungszeitraum 01.05.2012 bis 31.07.2012 werde eine Minderung um 30 % des maßgebenden Regelbedarfes, höchstens jedoch in Höhe des zustehenden Gesamtbetrages, festgestellt. Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 25.04.2012 Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 24.04.2012 setzte der Antragsgegner die Sanktion für die Monate Mai bis Juli 2012 - gleichzeitig mit einer weiteren Sanktion gegen ein weiteres Bedarfsgemeinschaftsmitglied - um. Hiergegen legte der Antragsteller am 27.04.2012 ebenso Widerspruch ein (Az. des Antragsgegners: W 5799/12).

Am 04.05.2012 stellte der Antragsteller Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Zur Begründung führte er aus, dass sich der Antragsgegner nicht an seinen Bevollmächtigten nach § 13 SGB X gewandt habe, dass die Vermittlung als Sportassistent in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf nicht die Voraussetzungen für die Zusätzlichkeit einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung erfülle und die Regelung in der Eingliederungsvereinbarung zu unbestimmt sei. Er habe den Lebenslauf zum Vorstellungsgespräch vergessen und es sei nicht nachvollziehbar, warum ein solcher nicht nachzureichen sei. Die Vorlage eines Lebenslaufes beim Maßnahmeträger verstoße gegen den Sozialdatenschutz. Die Zuweisung zu einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigu...

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