Entscheidungsstichwort (Thema)
Podologie. Krankenversicherung. Kostenübernahme einer medizinischen Fußpflege bei nicht diabetisch vorgeschädigtem Fuß
Leitsatz (amtlich)
Entgegen den Heilmittelrichtlinien ist eine medizinische Fußpflege bei nicht diabetisch vorgeschädigtem Fuß von den Krankenkassen auch dann zu tragen, wenn die Erforderlichkeit der Maßnahme feststeht, durch eine (unprofessionelle) Selbstgefährdung eine erhebliche Eigengefährdung des Versicherten zu besorgen ist und hierdurch weitere, teurere und die körperliche Integrität belastendere Maßnahmen vermieden werden können (hier: Hauttransplantation).
Tenor
I. Der Bescheid vom 07.09.2006 und 06.11.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2007 werden aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, die Kosten für podologische Fußpflege gem. Rechnungen der Podologischen Praxis S…. T…. im gesetzlichen Umfang zu erstatten bzw. zu übernehmen.
III. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kosten für eine medizinische Fußpflege.
Die 1969 geborene Klägerin bezieht Rente wegen Erwerbsminderung. Sie ist schwerbehindert bei einem Grad der Behinderung (GdB) von 100, mit zuerkannten und im Schwerbehindertenausweis eingetragenen Merkzeichen “G„, “aG„, “H„ und “RF„. Ferner ist sie im Besitz der Pflegestufe I... Ab Mai 1999 bewilligte ihr die Beklagte medizinische Fußpflege.
Am 25.10.2005 und 30.03.2006 verordnete der Facharzt für Innere Medizin, Schwerpunkt Diabetologie, D... sechs bzw. drei podologische Komplexbehandlungen zur Vermeidung von Komplikationen/ Abtragung von Hornhautschwielen. Es liege ein Zustand nach Myelomeningozelen-Operation mit Parese und Sensibilitätsstörung sowie Fußdeformitäten vor. Eine eigenständige Versorgung der Klägerin sei deswegen nicht möglich, zumal wegen der Sensibilitätsstörungen ein vermehrtes Schädigungsrisiko vorliege.
Am 19.06.2006 beantragte die Klägerin darauf die Kostenübernahme für die Fußpflege. Laut Schreiben der Assistenzärztin E…. vom 04.08.2006 bestehe ohne kontinuierliche professionelle Fußpflege die Gefahr des Wiederauftretens von Ulcerationen, die entsprechend aufwendige Nachbehandlungen nach sich zögen, möglicherweise sogar die plastische Deckung oder anderweitige chirurgische Eingriffe. Die beantragte Maßnahme würde den Kostenträger somit weniger belasten. Beigefügt war ferner ein Entlassungsbericht nach stationärer Behandlung von Chefarzt Dr. R…. vom Städtischen Klinikum “S…. G….„ in Leipzig vom 11.03.1999.
Nach Einholung von Stellungnahmen des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) von Frau Dipl.-Med. S…. und Frau Dr. F…. vom 24.08.2006 und 07.09.2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.09.2006 den Antrag ab. Nur bei Vorliegen eines diabetischen Fußsyndroms sei unter bestimmten Voraussetzungen die Verordnung einer podologischen Therapie als Bestandteil der vertraglichen Behandlung in den Heilmittelrichtlinien möglich. Da die neuromyopathische Störung im Bereich der Füße mit pathologischer Hornhautschwielenbildung nicht durch Diabetes mellitus bedingt sei, sei die podologische Therapie als Heilmittel nicht verordnungsfähig. Zudem sei keine ärztliche Behandlung der Füße notwendig.
Hiergegen legte die Klägerin am 05.10.2006 Widerspruch ein.
Laut Befund des behandelnden Internisten D... vom 09.10.2006 besteht eine schlaffe Lähmung beider Beine, ein Sensibilitätsverlust und eine Fußfehlstellung beidseits. Die Fehlbelastung beider Füße habe zur Bildung von Hornhautschwielen mit Rissbildung und Ulcerationen geführt, was bereits einmal eine Hauttransplantation erfordert habe. Erneute Schäden hätten durch regelmäßige, qualifizierte podologische Behandlung bisher vermieden werden können.
Unter Bezugnahme auf ein weiter eingeholtes Gutachten des MDK von Frau Dipl.-Med. R….vom 25.10.2006 wiederholte die Beklagte mit weiterem Bescheid vom 06.11.2006 ihre Ablehnung der Kostenübernahme für eine podologische Therapie.
Die Klägerin hat deswegen am 05.12.2006 Klage zum Sozialgericht Leipzig erhoben. Sie nahm auf die bisher in der Vergangenheit erteilten Genehmigungen Bezug. Ferner legte sie Befunde von Dr. F…. vom “S….G….„-Klinikum in Leipzig vom 22.01. und 10.03.1999 vor, sowie vom Chirurgen Dr. C... vom 06.11.2002.
Durch Widerspruchsbescheid vom 09.03.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Das Gericht hat eingeholt Befundberichte von Dr. C... vom 16.05.2007 und Facharzt D... vom 05.11.2007, sowie die Rechnungen zur medizinischen Fußpflege.
Mit Beweisanordnung vom 29.01.2008 hat es Dr. B... mit der Erstellung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung betraut. Ferner lagen vor ein Entlassungsbericht aus einer Anschlussheilbehandlung im Rahmen einer Rehabilitation aus Bad Lausick vom 30.08.2006, ein Befund des Radiologen Dr. W…. vom 06.08.2007 und des Augenarztes Dr. F…. vom 30.01.2008 sowie ein Lebenslauf der Klägerin.
Sie beantragt,
den Bescheid vom 07.09.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.03.2007 aufzuheben und d...