Entscheidungsstichwort (Thema)
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Neuberechnung einer Rente nach durchgeführtem Versorgungsausgleich
Orientierungssatz
1. Nach durchgeführtem Versorgungsausgleich und übertragenen Anwartschaften wird die Rente der leistungsberechtigten Person von dem Monat an um Zu- und Abschläge an Entgeltpunkten verändert, zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchgeführt ist. Dieser gilt erst dann als durchgeführt, wenn die entsprechende Entscheidung rechtskräftig ist. Dieses Datum ist der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers bei der Anwendung des § 101 Abs. 3 S. 1 SGB 6 zugrunde zu legen.
2. Die Vorschriften der §§ 24 und 48 SGB 10 sind nicht anzuwenden. Maßgeblicher Zeitpunkt, ab dem die durch den Versorgungsausgleich eingetretenen neuen Verhältnisse in Form eines Rentenzuschlags zu berücksichtigen sind, ist allein der Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich (Anschluss BSG Urteil vom 22. 4. 2008, B 5a 72/07 R).
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ab welchem Zeitpunkt dem Kläger eine höhere Altersrente auf Grund eines durchgeführten Versorgungsausgleichs zu gewähren ist.
Dem am 07.03.1942 geborenen Kläger gewährte die Beklagte seit dem 01.04.2007 eine Regelaltersrente i. H. v. 569,55 €/M brutto (Bescheid vom 26.02.2007 - Bl. 48 der Akte der Beklagten ≪= VA≫).
Vom 21.07.1989 - 01.03.2010 war der Kläger mit der Versicherten Dr. E. (im Folgenden: Versicherte) verheiratet. Die Ehe wurde durch das Urteil des Amtsgerichts (= AG) Lüneburg vom 01.03.2010 (Verkündungsdatum) geschieden (Az.: 29 F 109/09). Hinsichtlich der Feststellungen zum Versorgungsausgleich, d. h. hier der von der Versicherten auf das Rentenkonto des Klägers zu übertragenden Anwartschaften, wird vollinhaltlich auf den Tenor dieses Urteils unter der Ziffer II. Bezug genommen (= Bl. 10 der Akte des Sozialgerichts).
Die hiergegen in Bezug auf die Regelungen des Versorgungsausgleichs erhobene Beschwerde der Versicherten wurde mit dem Beschluss des Oberlandesgericht (= OLG) Celle vom 17.05.2010 zurückgewiesen (Az. 17 UF 34/10 - Bl. 103 ff. VA). Nach der Mitteilung des AG Lüneburg vom 04.08.2010 ist die Entscheidung des AG Lüneburg vom 01.03.2010 seit dem 03.08.2010 rechtskräftig (Bl. 107 VA).
Mit dem Bescheid vom 17.08.2010 wurde die Rente des Klägers unter Berücksichtigung der durch den Versorgungsausgleich übertragenen Anwartschaften für die Zeit ab dem 01.09.2010 neu berechnet und ab diesem Zeitpunkt in einer Höhe von 1.375,35 €/M brutto gezahlt (Bl. 109 VA). Mit dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, dass die Rente nicht erst ab der Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung, sondern schon ab dem 01.07.2009, hätte erhöht werden müssen. Nach der Entscheidung des Familiengerichts seien die Anwartschaften bezogen auf das Ende der Ehezeit, d. h. den 30.06.2009, übertragen worden. Der Widerspruch wurde mit dem Widerspruchsbescheid vom 19.05.2011 zurückgewiesen. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Entscheidung über den Versorgungsausgleich gem. § 224 Abs. 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (= FamFG) erst ab dem Eintritt der Rechtskraft wirksam durchgeführt sei (Bl. 142 VA). Da im vorliegenden Fall die Rechtskraft der familiengerichtlichen Entscheidung über den Versorgungsausgleich erst am 03.08.2010 eingetreten sei, könne die Rente gem. § 101 Abs. 3 S. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (= SGB VI) erst ab dem 01.09.2010 erhöht werden.
Hiergegen hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten am 23.06.2011 beim Sozialgericht (= SG) Lüneburg Klage erhoben. Er hat insbesondere geltend gemacht, dass § 224 Abs. 1 FamFG vom Beklagten unzutreffend interpretiert worden sei, weil auf den Inhalt der familiengerichtlichen Entscheidung abzustellen sei. Eine andere Interpretation würde gegen Art. 3 des Grundgesetzes (= GG) verstoßen, weil es ansonsten vom Zufall und der Bearbeitungsdauer der Gerichte abhängen würde, wann eine Rente unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs gezahlt würde.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
1.) den Bescheid des Beklagten vom 17.08.2010 und den Widerspruchsbescheid vom 19.05.2011 aufzuheben,
2.) den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger die Altersrente unter Berücksichtigung der im Urteil des AG Lüneburg vom 01.03.2010 - 29 F 109/09 S - enthaltenen Feststellungen zum Versorgungsausgleich ab dem 01.07.2009 in Höhe von mindestens monatlich 1.375,35 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage anzuweisen.
Der Entscheidung lagen die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten zugrunde. Auf ihren Inhalt wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig, da der Kläger keinen Anspruch darauf hat, dass seine Altersrente schon vor dem 01.09.2010 unter Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs zu zahlen is...