Entscheidungsstichwort (Thema)
Schwerbehindertenrecht. Schwerbehinderteneigenschaft. Gesamtwürdigung vieler verschiedener dauernder Funktionsbeeinträchtigungen
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft bei vielen verschiedenen dauernden Funktionsbeeinträchtigungen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin des vorliegenden Rechtsstreites begehrt einen höheren Grad der Behinderung (GdB) als 40, mithin die Zuerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft.
Bei der 1945 geborenen nicht erwerbstätigen Klägerin hatte das Versorgungsamt Verden mit zuletzt bindend gewordenem Bescheid vom 06. November 1996 einen GdB von 40 ab dem 01. August 1996 festgestellt (Bl. 53/54 VA).
Grundlage hierfür war die Anerkennung folgender Funktionsbeeinträchtigungen:
1. Bewegungsstörung und Belastungsminderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreizungen,
2. komplikationsloser Verlust der Gebärmutter,
3. mittelstarke Hörminderung links bei normalem Hörvermögen rechts,
4. Belastungsminderung der Fingergelenke.
Am 07. Oktober 2002 stellte die Klägerin einen Neufeststellungsantrag (Bl. 56 VA), mit dem sie den Eintritt zusätzlicher Gesundheitsstörungen geltend machte. Hierbei handelte es sich um eine Migräne sowie eine Allergie. Ferner gab die Klägerin an, die Arthrose, der Tinnitus und die Beschwerden mit dem Rücken hätten sich wesentlich verschlimmert. Nach Einholung verschiedener medizinischer Unterlagen, insbesondere einem Befundbericht des HNO-Arztes Dr. F. vom 21. Oktober 2002 (Blatt 58 VA), einem Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. med. G. vom 17. Oktober 2002 (Bl. 60 VA) nebst weiteren medizinischen Unterlagen und unter Beteiligung des ärztlichen Beraters des Versorgungsamts H. - Herrn Dr. I. - vom 05. Dezember 2002 (Bl. 66 VA) lehnte das Versorgungsamt H. den Antrag mit Bescheid vom 08. Januar 2003 (Bl. 68 VA) ab. In der gutachterlichen Stellungnahme vom 05. Dezember 2002 heißt es neben den bereits bekannten Funktionsbeeinträchtigungen (s. o. 1.-4.), bedinge die Migräne, die Allergie und der Tinnitus keinen eigenständigen GdB.
Hiergegen erhob die Klägerin mit Schreiben vom 16. Januar 2003 am 20. Januar 2003 bei dem Versorgungsamt H. Widerspruch. Hierauf holte das Versorgungsamt weitere medizinische Unterlagen ein. Dabei handelte es sich insbesondere um einen Befundbericht der Fachärztin für Orthopädie Dr. med. J. vom 09. April 2003 (Bl. 75 VA), einen Operationsbericht des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses K. vom 19. Juni 2003 (Bl. 82 VA), einen Befundbericht der Hautärztin Dr. L. vom 15. November 2003 (Bl. 94 VA), einen Arztbrief des Schmerztherapeuten Dr. med. M. vom 24. März 2003 (Bl. 97 VA), einen Entlassungsbericht des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses K. - Abteilung für Handchirurgie, Plastische und Mikrochirurgie, Zentrum für Schwerbrandverletzte - vom 03. Juli 2003 (Bl. 98 VA), einen weiteren Entlassungsbericht dieses Krankenhauses vom 28. Oktober 2003 (Bl. 100 VA) sowie einen Befundbericht des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. med. G. vom 19. April 2004 (Bl. 108 VA), ferner einen Befundbericht der Radiologischen Gemeinschaftspraxis am N. vom 04. November 2004 (Bl. 124 VA). Schließlich holte das Versorgungsamt H. bei seinem Medizinischen Dienst - Herrn Dr. O. - ein versorgungsärztliches Gutachten vom 17. November 2004 (Bl. 127 bis 131 VA) ein. Der Gutachter schätzte die Funktionsbeeinträchtigungen nach ambulanter Untersuchung der Klägerin wie folgt ein:
1. Bewegungsstörung und Belastungsminderung der Wirbelsäule mit Nervenwurzelreiz - wie bisher - (Einzel-GdB 30),
2. Belastungsminderung der Fingergelenke (Einzel-GdB 20).
Den komplikationslosen Verlust der Gebärmutter, die mittelstarke Hörminderung links bei normalem Hörvermögen rechts sowie die Migräne bewertete der Gutachter mit einem Einzel-GdB von 10. Die Gesundheitsstörungen im Zusammenhang mit der Hauterkrankung sowie die Arthrose der Großzehengelenke bedingten danach keinen Einzel-GdB. Er führt ferner aus, es liege keine Verschlimmerung vor. Die Bewertung mit einem Einzel-GdB von 30 hinsichtlich der Bewegungsstörung und Belastungsminderung der Wirbelsäule sei gerade vertretbar. Es handele sich hier um einen Wirbelsäulenschaden in zwei Wirbelsäulenabschnitten mit geringen bis mittelgradigen funktionellen Auswirkungen. Im Zusammenhang mit der Belastungsminderung der Fingergelenke sei zwar eine Verschlimmerung eingetreten, der Gesamt-GdB betrage allerdings weiterhin 40.
Dementsprechend wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 02. Dezember 2004 (Bl. 136 VA) zurück.
Hiergegen erhob die Klägerin am 13. Dezember 2004 bei dem Sozialgericht Lüneburg Klage. Sie macht geltend, die bisherige Bewertung werde ihrem Gesundheitszustand nicht gerecht, denn sie sei durch ihre vielen Gesundheitsstörungen weitaus stärker beeinträchtigt, als dies der Beklagte bislang anerkannt habe. Der Gesundheitszustand habe ...