Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragszahnärztliche Versorgung. Betreiben einer Zweigpraxis durch Kieferorthopäde. Begriff der Versorgungsverbesserung. Zumutbarkeit für Versicherte bzgl Entfernungen. Erreichbarkeit. Beeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung
Orientierungssatz
1. Ausgangspunkt der Beurteilung des Begriffs Versorgungsverbesserung iS von § 24 Abs 3 S 1 Nr 1 Zahnärzte-ZV kann nur die bestehende vertragsärztliche Versorgung vor dem Hintergrund des gesetzlichen Auftrages an die Krankenkassen und Leistungserbringer zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten und gleichmäßigen, dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Versorgung der Versicherten sein. Damit gewinnen grundsätzlich auch bedarfsplanungsrechtliche Gesichtspunkte und Differenzierungen Relevanz für die Frage, ob die Zulassung einer Zweigpraxis zu einer Versorgungsverbesserung führt.
2. Für die Beurteilung, welche Entfernungen für die Versicherten noch zumutbar sind, kann auf die Rechtsprechung zu Ermächtigungen - bei überversorgten Planungsbereichen insbesondere zu einem sog qualitativ-speziellen Bedarf - und Sonderbedarfszulassungen zurückgegriffen werden. Je spezieller das Leistungsangebot ist, desto größere Entfernungen sind den Versicherten zumutbar.
3. Steht ein Kieferorthopäde an den Wochentagen Montag bis Donnerstag den Versicherten in seiner Zweigpraxis nicht zur Verfügung, so liegt eine Versorgungsverbesserung iS des § 24 Abs 3 S 1 Nr 1 Zahnärzte-ZV nicht vor.
4. Es besteht die Gefahr der Beeinträchtigung einer ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Vertragszahnarztsitz, wenn eine erhebliche Entfernung zwischen Hauptpraxis und beabsichtigter Zweigpraxis (hier ca 460 km) besteht.
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Ermächtigung des Klägers für das Betreiben einer Zweigpraxis streitig.
Der Kläger nimmt seit April 1992 als Facharzt für Kieferorthopädie an der vertragszahnärztlichen Versorgung in Nordrhein-Westfalen teil. Seit Juli 2002 betreibt er in C in seinem Elternhaus eine privatzahnärztliche Praxis.
Mit Schreiben vom 31. Januar 2007 stellte er beim dem Zulassungsausschuss Sachsen-Anhalt einen Antrag auf Zulassung zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung in Sachsen-Anhalt, in ... C, M Straße. Hierzu trug er vor, er werde den gesetzlich zulässigen Rahmen von 13 Stunden pro Woche nicht überschreiten. Bei entsprechender Auslastung käme zudem die Beschäftigung eines angestellten Arztes in Betracht.
Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Nordrhein teilte am 15. August 2007 mit, sie gehe davon aus, dass durch den Kläger für ihren Bereich die Versorgung der Patienten in dem erforderlichen Maße sichergestellt sei und insoweit nicht beeinträchtigt werde. Es werde davon ausgegangen, dass der Kläger - wie bisher - von montags bis donnerstags vollzeitig der vertragszahnärztlichen Versorgung in ihrem Bereich nachkomme und die beabsichtigten Sprechzeiten der Zweigpraxis sich auf freitags bzw. das Wochenende erstrecken würden.
Der Zulassungsausschuss - Zahnärzte für den Bezirk Nordrhein teilte am 16. August 2007 mit, dass er sich den Ausführungen der KZV Nordrhein anschließe. Es lägen weder bedarfsplanungsmäßige noch sonstige Hinderungsgründe vor, welche der Ermächtigung entgegenstehen könnten.
Der Zulassungsausschuss Sachsen-Anhalt für die vertragszahnärztliche Versorgung lehnte den Antrag des Klägers mit Beschluss vom 29. August 2007 mit der Begründung ab, es käme durch die Ermächtigung nicht zu einer Verbesserung der Versorgung der Versicherten am Ort der Zweigniederlassung. Eine solche könne nur dann erfolgen, wenn in dem betreffenden Planungsbereich eine bedarfsplanungsrechtliche Unterversorgung vorliege oder aber in dem betreffenden Planungsbereich regional bzw. lokal nicht oder nicht in erforderlichem Umfang angebotene Leistungen im Rahmen der Zweigpraxis erbracht würden, die nicht durch andere Vertragszahnärzte sichergestellt werden könnten. Im Planungsbereich S könne der ausgewiesene rechnerische Versorgungsgrad von circa 23 Prozent zwar zu der Annahme einer kieferorthopädischen Unterversorgung führen, jedoch sei tatsächlich festgestellt worden, dass zu keiner Zeit für diesen oder auch andere Planungsbereiche mit ähnlich niedrigem rechnerischen Versorgungsgrad eine Unterversorgung bestanden habe. Insoweit handele es sich bei der rechnerischen Darstellung um veraltetes Zahlenmaterial, die zu einer nur scheinbaren Unterversorgung führe. Ferner würden auch statistische Erhebungen der KZV Sachsen-Anhalt bestätigen, dass aufgrund der stetig abnehmenden Anzahl von Kindern und Jugendlichen im behandlungsfähigen Alter, Überalterung und einer hohen Abwanderungsquote keine Unterversorgung vorliege und perspektivisch kein zusätzlicher Bedarf an kieferorthopädischen Leistungen gesehen werde. Der KZV Sachsen-Anhalt seien keine Fäll...